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Schmeckerwöhlerchen: Mein Wort-Schatz

Als junger Zeitungsvolontär hatte ich einen Kollegen, der von einer Veranstaltung berichtete, bei der auch Häppchen gereicht wurden. Er beschrieb diese Kleinigkeiten als Schmeckerwöhlerchen. Sie seien das Beste bei diesem sonst öden Termin gewesen. Seitdem begleiten mich die Schmeckewöhlerchen durchs Leben. Nie wieder habe ich eine passendere Bezeichnung für kleine appetitliche Gaumenfreuden gelesen. Allein bei dem Wort läuft mir schon das Wasser im Munde zusammen.

Thomas Klinghammer, Bunde, Ostfriesland

 

Lyrikers Einsicht

(nach Heinrich Heine, »Lyrisches Intermezzo«)

Ich steh an der Weide Gatter
Und dichte phänomenal.
»Wenn ich ein Rindvieh wäre!«,
Seufz ich, ganz emotional.

Wenn ich ein Büffel wäre,
So wär ich bei dir als Rind
Und käute fröhlich wieder,
Wo deine Tulpen sind.

Wenn ich ein Kälbchen wäre,
So wär ich noch ein Kind
Und besser zu ertragen
Als so ein Riesenrind.

Wenn ich ’ne Landkuh wäre,
So hätte ich einen Zweck,
Denn Rinder geben Milch
Und dichten nicht so schlecht.

Antonia Wurm, Bobingen, Bayern

 

Was mein Leben reicher macht

Ein voller ICE auf der Fahrt nach Berlin. Ich höre Wortfetzen: »Sie haben keinen gültigen Fahrschein. – Wir müssen Sie der Polizei übergeben.« Ich blicke mich um. Schaffner reden auf einen jungen Nordafrikaner ein, der offensichtlich kein Geld bei sich hat. Das Geschehen geht mir nahe. Bevor ich reagieren kann, höre ich eine Frauenstimme: »Ich bezahle für den jungen Herrn.« Die Fahrkarte kostet 130 Euro. Als sich die Helferin zurück auf ihren Platz setzt, kann ich nicht anders: Ich danke ihr und gebe ihr wenigstens den Rest Bargeld aus meinem Portemonnaie. Sie ist überrascht und zu Tränen gerührt, als viele andere Reisende es mir gleichtun. Durch ihre Courage hat diese Frau uns ein großes Geschenk gemacht: Sie hat uns gezeigt, wie einfach das Gute ist.

Bettina Rentsch, Heidelberg

 

Was mein Leben reicher macht

Ich fahre wie so oft von Hanau nach Berlin, um übers Wochenende meine beiden Enkelkinder zu betreuen. Doch diesmal sollte die Zugreise eine ganz besondere werden, und ich nehme vorweg, dass ich als glücklichster Mensch in Berlin aussteigen werde. Ungefähr auf halber Strecke werde ich Zeugin, wie Bahnpolizei und Zugbegleiter einen jungen Mann umzingeln. Offenbar hat er keinen Fahrschein. Er kann sich zwar ausweisen, aber er schaut verschämt und hilflos auf den Boden. Der Ton der Beamten wird immer schärfer, und dann meint ein Zugbegleiter, dass der Mann an der nächsten Station von der Polizei abgeführt werden solle. Ich zögere einen Moment, denke an die vielen Flüchtlinge, die abgeschoben werden, und gehe wie von einer unsichtbaren Hand geführt zu der Gruppe. Ich sage, dass ich das Ticket bezahlen möchte. Alle schauen mich ungläubig an. Zugbegleiter und Polizei besprechen die neue Situation – und akzeptieren. Da ein Zugbegleiter meint, den jungen Mann bereits ab Würzburg gesehen zu haben, und da er nach Berlin möchte, »darf« ich 131,50 Euro bezahlen. Der junge Mann bedankt sich bei mir und setzt seine Fahrt fort, er findet einen Platz auf dem Boden im Türbereich. Bald kommt eine junge Frau auf mich zu und lobt mein Handeln. Schon kommt eine zweite Frau und preist meine Tat als Zivilcourage. Mit Tränen in den Augen geben mir beide je einen 10-Euro-Schein. Eine dritte Frau spricht mich an und betont, dass sie aus meiner Tat gelernt habe, nicht schweigend zuzusehen, wie man mit Fremden umgeht. Ich sei gar ein Engel, behauptet ein Mann, der hinter mir sitzt und den ich vorher gar nicht bemerkt habe, er reicht mir einen 20-Euro-Schein. Eine sehr junge Frau fragt verschämt, ob ich fünf Euro annehmen würde, mehr könne sie nicht aufbringen. Am Ende habe ich die Hälfte des Ticketpreises beisammen. Als ich in Berlin aussteige, habe ich das Gefühl, die ganze Welt umarmen zu wollen.

Rina Nentwig, Erlensee, Hessen

 

…verschwunden

s68-blume

Wie immer begann ich vorige Woche mit dem Lesen der ZEIT auf der letzten Seite und fand dort das bemerkenswerte Gedicht der Leserin Marijke Bonim-Hauger Der Mohn ist aufgegangen mit dem schönen Mohnfoto dazu. Dazu würde ich gerne ein Mohnfoto beitragen, das ich vor fünf Jahren in unserem Garten aufgenommen habe; vielleicht haben einige Leser Freude daran. Leider war diese schöne Pflanze aus unserem Garten verschwunden, als wir letztes Jahr aus dem Urlaub kamen.

Gregor van de Sand, Bocholt

 

Oberrüben: Mein Wort-Schatz

Wie jedes Jahr um diese Zeit freue ich mich beim Gang über den Wochenmarkt über das frische, in heimischen Gefilden gewachsene Gemüse. Allerdings suche ich nach Oberrüben, etwas später im Jahr nach Welschkraut und Rotkraut und im Herbst nach Kohlrüben – leider vergeblich. Ich finde stets nur die Bezeichnungen »Kohlrabi«, »Wirsing«, »Rotkohl« und »Steckrüben« auf den Preisschildern. Meine schon vor langer Zeit verstorbene Mutter, eine Riesengebirglerin, wäre sicherlich enttäuscht, wenn ihr die altvertrauten Begriffe nicht mehr begegneten. Und entrüstet würde sie rufen (wie immer, wenn sie etwas »allerhand« oder »unerhört« fand): »Da hört doch der Gurkenhandel auf!«

Karl-Ludwig Zeitz, Celle

 

Was mein Leben reicher macht

Dass unsere 16 Monate alte Tochter nach dem Nordseeurlaub ihren Wortschatz um »Möwe« und »Muschel« erweitert hat. Und um das Wort »mäh«. Wir waren nämlich auf einem Schäferhof.

René Lindenberg, Erfurt

 

Rüschterli: Mein Wort-Schatz

Mein Beitrag zu Ihrer Messersammlung ist das alemannische Rüschterli. Der Ausdruck stammt aus der Schweiz und ist auch bei uns in der Grenzregion bekannt. Er leitet sich von dem Verb rüsten ab, das bei unseren Nachbarn (selbst in Kochbüchern!) alle Arten der Vorbereitung umfasst, die man seinem Gemüse vor dem Garen angedeihen lassen kann.

Heike Röckel, Lörrach

 

Groschenmesserchen: Mein Wort-Schatz

Kann es sein, dass die in meiner Heimat, der Gegend um Wetzlar, verwendete Bezeichnung fürs kleine Küchenmesser noch nicht in der Wortschatz-Spalte auftauchte? Ich denke dabei an das Groschenmesserchen, das seinen Namen der Tatsache verdankt, dass es einmal – lange ist’s her – einen Groschen kostete.

Robert Abbel, Dreieich