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Was mein Leben reicher macht

Kürzlich in einem Hochhaus am Stadtrand von Berlin. Ich habe einen Besuch abzustatten, in der 8. Etage. Dabei fahre ich nicht gerne Fahrstuhl. Meistens spreche ich mit den Mitfahrenden, um meine Ängste zu zerstreuen. So auch diesmal. Im Fahrstuhl steht breitbeinig ein junger Mann in Kraftprotzkluft, Baseballcap, mit nicht gerade einladendem Gesichtsausdruck. Mein »Hallo!« erwidert er müde, und ich, mutig: »Ich find das blöd, dass hier kein Spiegel in den engen Kästen ist. Wenn der Fahrstuhl mal stecken bleibt, kann man sich wenigstens selber sehn!« Der junge Mann, nach einer kurzen Pause: »Für die meisten Menschen wär dit aber nich jut!« Ich muss lachen, und er lächelt mir zu.

Thea Bommer, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Dorf am Jakobsweg. 1100 Meter hoch, 30 Einwohner. »Meine« Herberge hat 25 Betten, ich bin die hospitalera, die Herbergsmutter. Die Pilger bekommen ein Bett, Abendessen und Frühstück. Aber Arbeit und Strapazen sind vergessen, wenn im Gästebuch steht: »Renate, Du bist der Hammer!«

Renate Babrikowski, Quickborn

 

Schussstiefel: Mein Wort-Schatz

Jetzt hat die Bundesligasaison wieder begonnen. Und da hoffen alle Fans, dass ihre Stars wieder die Schussstiefel anhaben werden. Obwohl heute von Stiefeln eigentlich ja keine Rede mehr sein kann, und jeder Star vom Hersteller schon seine Wunschschuhe bekommt, die an Weichheit und Fuß-Anpassung und Ball-Direkt-Feeling kaum zu überbieten sind.

Norbert Häfele, Hohenems, Österreich

 

Und jetzt?

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Ohridsee, Mazedonien. Eine ganze Weile schon spazierten wir durch die Stadt. Meine Freundin suchte einen Briefkasten für ihre Postkarten, während ich mit knurrendem Magen Ausschau nach einem Restaurant hielt. Da entdeckten wir dieses Plakat. Sollten wir nun die Postkarten oder vielleicht einen Bestellzettel in die Öffnung werfen? Wir entschieden uns dafür weiterzusuchen. Und waren in jeder Hinsicht erfolgreich.

Marlies Ebertshäuser, München

 

Die Gedanken waren frei

Update eines inkompatibel gewordenen Volkslieds 

Die Gedanken waren frei,
Man weiß jetzt, was wir denken.
Wir sind nur zu bereit,
Sie glatt zu verschenken.
Sie rasen in Massen
Durch gläserne Trassen,
Gefiltert und sortiert –
Und Obama spioniert!

Die Gedanken waren frei,
Man kann sie berechnen
Und speichert weit und breit,
Was wir so besprechen.
Wir liefern an Facebook
Alltäglichen Humbug,
Intimes und noch mehr –
Und dann wundern wir uns sehr!

Die Gedanken waren frei,
Es droht ein Debakel:
Die Gedankenpolizei
War Orwells Orakel.
Und meine Gedanken
Erkennen die Schranken
Und bleiben dabei:
Wir waren einmal frei!

Oliver Rötting, Frankfurt am Main

 

Was mein Leben reicher macht

Meine vierjährige Tochter, ohne die ich wohl nie herausgefunden hätte, wie sensationell gut ein frisch gemachtes Zitronen-Eis an einem heißen Sommertag schmeckt. Nach einer gemeinsamen Radltour machte sie mich zum Glück darauf aufmerksam.

Dan Bauerfeind, München

 

Was mein Leben reicher macht

Ein wunderschönes Konzerterlebnis: Ein himmlischer Dirigent, hochbegabte Sängerinnen und Sänger, hinreißende Kompositionen, herrliche Akustik. Vollkommen harmonische Klänge, obwohl jeder Solist ein anderes Lied schmettert. Und ich in der ersten Reihe – beim Vogelkonzert in meinem Garten, morgens um halb fünf.

Ulrike Heisig, Lichtenstein-Göllesberg, Baden-Württemberg

 

Lauser: Mein Wort-Schatz

Denke ich an Lauser, huscht mir stets ein Lächeln über das Gesicht. So nannte Herr Günther uns Schüler, wenn wir die richtige Antwort wieder mal verfehlt hatten. Er war ein Deutschlehrer alten Schlages, der uns mit Strenge, aber auch mit Humor die deutsche Grammatik nahebrachte. Fast vierzig Jahre ist das schon her. Den Lauser habe ich nie vergessen.

Patrick Trumann, Bensheim

 

Zeitsprung: Die Kraft der Natur

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Im Herbst 2012 haben Fachleute die Weide auf meiner Wiese beschnitten. Danach tat mir der Baum leid: Ich wollte nicht glauben, dass er schon bald wieder seine beeindruckende Krone tragen würde. Aber jetzt, neun Monate später, freue ich mich sehr darüber, dass die Weide gesund ist und ein prächtiges Laubwerk gebildet hat. So dicht wird es nie wieder sein, wenn die Äste nachgewachsen sind. Dafür wird der Baum zu alter Größe finden.

Wolfgang Stein, Magdeburg

 

Die Kritzelei der Woche

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Letzte Woche kam mein Sohn, sieben Jahre alt, vom Schullandheim nach Hause. Er war ziemlich im Eimer, Samstagmorgen spielten wir ein bisschen – nichts als Ärger. Dann, na gut, ein wenig Zeichnen. Auch nix, nur Gequengel. Irgendwann riss mir der Geduldsfaden, ich ging Brötchen holen. Als ich nach Hause kam, war diese Zeichnung entstanden. Tolle Typen im Schullandheim! Kein Wunder, dass der Kleine fertig war!

Stefanie Höll, München