Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

In einem Sinfonieorchester spielen zu dürfen und jedes Mal dieses Gefühl des völligen Einklangs zu erleben, zwischen unserem Dirigenten, den Streichern, den Bläsern und den Zuschauern. Letztes Wochenende mit Paganinis Violinkonzert. Ich liebe diese eine Stelle im ersten Satz, Moll, Pizzicato in den Streichern. Die ist wunderbar!

Elisa Weinkötz, Mannheim

 

Mühewaltung: Mein Wort-Schatz

Es passierte an einem ganz normalen Arbeitstag: Kein mit Vorwürfen belastetes schreiben diesmal auf meinem Schreibtisch, sondern, getippt auf einer alten Schreibmaschine, die das schwarz-rote Farbband noch erahnen ließ, ein Vorschuss auf mein erwartetes Handeln: »Vielen Dank für Ihre Mühewaltung«. Was für ein Begriff! Der alten Maschine gleich so wunderbar aus einer Zeit gefallen, in deren Sprache doch eher Controlling-Skill-Levels neu geclustert werden, was immer das auch heißen mag. »Mühewaltung« dagegen ist leicht zu begreifen und inspiriert zum sorgfältigen Tun. Daher ist der Satz in seiner Gesamtheit auch in meinen dienstlichen Briefen immer wieder zu lesen und sei der künftigen Verwendung durch alle ZEIT-Leser empfohlen.

Arnd Vogel, Gera

 

Zeitsprung: Beste Freunde

s74-zeitsprung-1977

s74-zeitsprung-2012

Bert und Dieter kennen sich seit Kindertagen. Sie sind Freunde. In der Dominikus-Gruppe haben sie ihre Begabungen und Talente entfaltet, jeder auf seine Art. Und sie haben gemeinsame Vorlieben, etwa die karierten Hemden auf dem Foto aus den siebziger Jahren. (Jetzt wird sonntags Weiß getragen!) Zweimal hat das Leben sie getrennt, doch immer wieder konnten sie an das alte Freundschaftsband neu knüpfen. Seit einiger Zeit leben sie im Hof Schürmann, in einer Wohnstätte für Menschen mit Behinderung – und alle sind gesegnet von ihrem Dasein. Bert ist ein eifriger Zeitungsleser, seine Tageszeitung ist ihm so wichtig wie der Kaffee zum Frühstück. Abends und am Wochenende liest er dann weiter – mit der Schere. Er wird sich freuen, wenn er sich und seinen Freund abgebildet findet.

Monika Jung-Kösters, Coesfeld

 

Was mein Leben reicher macht

Der Busfahrer, der in meiner Heimatstadt Esslingen vor der Abfahrt durch den Bus ruft: »So Leute, bevor ihr alle aussteigt, wünsch ich euch einen schönen Abend und ein geiles Wochenende!« So macht Busfahren Laune!

Marlene Ziegler, Berlin

 

Aus meinem Garten

s74-garten

Immer wieder freue ich mich, wenn sich die Weinbergschnecken bei uns zum Liebesspiel einfinden.

Friedrich Rehmann, Stelle, Niedersachsen

 

Bilder aus Hamburg

s74-hamburg

Mein Großvater diente im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe. 1943 wurde er nach Hamburg verlegt, wo es zwischen dem 25. Juli und dem 3. August heftige Angriffe gab; an die 40 000 Menschen kamen dabei um. Die sogenannte Operation Gomorrha, mit der die Briten und Amerikaner die zweitgrößte deutsche Stadt auslöschen wollten, stellte das bis Dato schwerste Bombardement in der Geschichte des Luftkrieges dar. Die Abteilung meines Großvaters war in der Innenstadt stationiert, und zwar an einer Flak (Flugabwehrkanone) auf dem Dach des Pressehauses am Speersort. (in dem Gebäude hatte damals das Hamburger Tageblatt seinen Sitz, nach dem Krieg waren die Redaktionen von Spiegel, stern und ZEIT dort untergebracht, letztere ist bis heute im Pressehaus geblieben, Anm. d. Red.). Während eines der letzten Angriffe in der Nacht vom 2. auf den 3. August fing das Dach Feuer. Die Flammen griffen auch auf das Munitionslager sowie ein Fotolabor im Inneren des Hauses über, bevor die Geschützmannschaft sie mit Sand löschen und sich – wie durch ein Wunder – in Sicherheit bringen konnte.

Gregor Mönnig, Düsseldorf

 

Die Kritzelei der Woche

s74-kritzelei

Diese Kritzelei wurde während der letzten Schultage vor den Sommerferien verübt. Täterin: Jette Haufe, 10. Klasse. Tatort: Humboldt Gymnasium, Eberswalde. Tatzeitraum: über mehrere Schulstunden. Tatmotiv: Lustlosigkeit nach bestandenen Prüfungen und Zensurenstopp.

Jette Haufe, Joachimsthal, Brandenburg

 

Was mein Leben reicher macht

Auf einer Wanderung in der Mittagshitze führt mein Weg durch ein menschenleeres Dorf. Der alte Dorfplatz. Eine Kirchturmglocke schlägt. Klingende stille.

Josef Schederecker, Schnaitsee, Bayern

 

Mein Wort-Schatz

Neulich bei Italiener meines Vertrauens: Eine alte Dame betritt mit kleinen Schritten, abgestützt auf einen Rollator, sichtlich erschöpft das Restaurant. Sie steuert den ersten erreichbaren Tisch an und lässt sich, noch mit Mantel und Kopftuch bekleidet, auf den Stuhl sacken. Der Kellner bringt ihr sofort die Speisekarte und fragt, ob er schon vorweg etwas bringen könne. »Erst einmal eine Kraftbrühe«, sagt die alte Dame. Wie sehr doch dieses Wort in einer solchen Situation Sinn hat! Die völlig entkräftete Seniorin erhofft sich Kräftigung durch die Suppe. Ob der Name Kraftbrühe tatsächlich etwas mit Kräftigung zu tun hat? Oder bezeichnet dieses Wort einfach eine kräftige Brühe? Wie auch immer: Die alte Dame löffelte sichtlich zufrieden die ihr servierte Brühe. Dadurch kam sie wieder zu Kräften, was man ihren sich immer mehr entspannenden Gesichtszügen deutlich anmerken konnte.

Helmut Schroeter, Baelen, Belgien