Tagein, tagaus steht er an derselben Ecke und bietet, freundlich und unaufdringlich, seine Straßenzeitung feil. Manchmal erklärt er Touristen den Weg – auf Englisch. Gelegentlich stecke ich ihm ein paar Euro zu, und wir halten einen kleinen Schwatz. Jetzt haben wir uns zum Mittagessen getroffen. Er erzählt aus seinem Leben, als plötzlich sein Handy klingelt. Nach kurzem Hinhören sagt er: »Nein, ich kann jetzt nicht. Ein Kunde hat mich zum Essen eingeladen.«
Im vergangenen Herbst trug unser Birnbaum eisern eine letzte Frucht bis tief hinein in den November. Das sah so wunderschön aus, dass wir sie am Ende auf einem Foto festgehalten haben. Nun ist heute der Himmel mal wieder novembergrau, aber der Birnbaum ist über und über geschmückt mit weißen Blüten – vielleicht wird aus einer davon wieder solch eine malerische Frucht wie im vergangenen Jahr?
Mein vor fast 25 Jahren verstorbener Vater war ein großer Verehrer der Autorin Marie Luise Kaschnitz. Ihr Büchlein Beschreibung eines Dorfes hatte es ihm besonders angetan. Vor einigen Wochen erstand ich in Prien am Chiemsee – für je 25 Cent – vier antiquarische Bücher, darunter auch die Beschreibung eines Dorfes. Ich las erst die drei anderen Bücher, heute machte ich mich an das von Kaschnitz. Und gut, dass ich das im Bett tat, denn sonst hätte es mich vom Stuhl gehauen: Es war das Buch meines Vaters, 1966 von seiner Hand signiert und kommentiert. Nachdem er 1989 bei einem Bergunfall ums Leben gekommen war, hatte ich all seine Bücher in München verkauft und verschenkt. Nun war ausgerechnet sein Lieblingsstück wieder bei mir gelandet. Ehrlich gestanden – ich glaub an keinen Zufall!
Mein Vater hatte aus dem Frankreichfeldzug einen gelähmten rechten Arm mitgebracht. Vor drei Jahren ist er gestorben und hat mir – unter anderem – einen Schlüsselanhänger vererbt, der einen Euro für den Einkaufswagen festhält. Immer wenn ich vom Auto zu den Einkaufswagen gehe, versuche ich, den Euro – es ist noch der französische, den mein Vater benutzte – mit der linken Hand zu befreien. Manchmal gelingt es mir! Ein paar Sekunden lang denke ich an ihn und daran, wie er fast sein ganzes Leben mit dieser einen Hand gemeistert hat.
Nach 50 Jahren habe ich meinen Schulfreund Engelbert über das Internet wiedergefunden. Wir vereinbarten spontan ein Treffen und verbrachten einen wundervollen Tag.
Das Wort zerschmilzt mir im Munde wie das damit Gemeinte auf der Wunde: Balsam. Da kommen doch alle Salben, Cremes, Wundauflagen oder gar Skinceuticals nicht mit. Wohlklang und assoziierter Wohlgeruch verkünden mir: Alles wird gut! Nicht umsonst gibt es daher keine Salbe für die Seele, wohl aber Balsam für dieselbe!
Auf der Autobahn höre ich plötzlich ein Rumpeln. Ich lasse mein Fahrzeug auf dem Pannenstreifen ausrollen, der Blick unters Auto bringt die Erklärung: Der Auspuff hängt halb auf der Fahrbahn. An der Notrufsäule bitte ich um Hilfe. »Pannenhilfeversichert? « Leider nicht! Im selben Moment hält – tatü, tata! – ein Polizeiauto hinter mir. Zwei Polizisten springen heraus. Der eine legt sich unter mein Auto, der andere holt einen Werkzeugkoffer aus dem Polizeiwagen. Schon ist mein Auspuff losgeschraubt und im Kofferraum verstaut! Meinen Dank wehren sie lachend ab: »Schön, wenn Sie uns in guter Erinnerung behalten!«
Maximilian war sechs Tage alt und begann frühmorgens zu quengeln. Statt ihn einfach zu stillen, hat meine Geliebte ihn mir im Bett herübergereicht. Dann hat er in meinem Arm und auf meiner Brust noch rund zwei Stunden geschlafen – und mich zum stolzesten Vater Wiens gemacht.