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Was mein Leben reicher macht

Nach langer Zeit auf die Rettungswache zurückzukehren, wo ich während des Studiums viele Jahre gearbeitet habe. Alte Weggefährten, die einfach nur sagen: »Mensch Junge, lange nicht gesehen. Kaffee? Zigarette?« Wer ich heute bin oder was ich habe – hier spielt das alles keine Rolle.

Sascha Bechmann, Düsseldorf

 

Was mein Leben reicher macht

Am Steuer vor dem Zebrastreifen. Zwei Kindergärtnerinnen – jede mit Kindern an der Hand – überqueren die Straße. Eine schier endlose Zweierreihe kleiner Wichtel. Plötzlich stockt der Zug: Die Kinder haben ein Spiel entdeckt. Sie hüpfen jeweils zu zweit von Streifen zu Streifen. ich denke an meine Kindergartenzeit, als Straßen noch nicht lebensgefährlich waren.

Florian Schirmer, Buchholz in der Nordheide

 

Das ist mein Ding

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Meine Mutter schnitzte mir – vor etwa 40 Jahren – dieses Bild. Es hat einen Ehrenplatz in meiner Wohnung. Nun waren heute meine Nachbarskinder zum Frühstück zu Besuch bei mir: David, knapp 8 Jahre, sah sich das Bild an und meinte: »Die eine schaut in ihr Handy, und die andere spielt Nintendo.« Witzig, für mich haben die Mädchen bisher Bücher gelesen.

Beate M.T. Nagel, Oy-Mittelberg, Allgäu

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Frau hat sich den Arm gebrochen; beim Essen rutscht etwas von der Gabel und landet auf dem Boden. Unser spätpubertierender Sohn bemerkt süffisant: »Solange du so isst, gehe ich mit dir nicht ins Restaurant!« Er zitiert eine Redewendung aus der Zeit, als wir versuchten, ihm Manieren beizubringen. Wir lachen uns schief.

Reinhard Winter, Tübingen

 

Ein Gedicht!

Löcher klauen
Eine Fortsetzung von Christian Morgensterns »Der Lattenzaun«

Zwar war nun jener Lattenzaun
da – ohne jeden Zwischenraum,

doch waren nun noch Löcher drin.
»Ein Loch ist was mit nichts darin«,

denkt sich ein Landschaftsarchitekt,
als er die löcher dort entdeckt.

Spontan bricht es aus ihm heraus:
»Da mache ich ’nen Golfplatz draus.«

Er nimmt die Löcher – unerlaubt,
und macht sich damit aus dem Staub,

er setzt sie in die Erde, sät,
damit ein Golfplatz bald entsteht.

Und siehe da: nicht lang ist’s hin,
dass ihm die Greenfee bringt Gewinn.

Jedoch war da dies Handicap:
im Zaun waren die Löcher weg,

Man suchte, fand sie in dem Grün,
und machte aus den Schuldigen.

Der Landschaftsplaner musste fliehen,
nach Arab’ od’r Usbekien.

Gregor Murmann, Xanten

 

Was mein Leben reicher macht

Ich, 62 Jahre, war viele Monate krank. Von meinem alten Arbeitgeber aufgegeben, habe ich nun eine neue Aufgabe gefunden. Seit Oktober darf ich wieder arbeiten. Der neue Chef ist 74 Jahre jung.

M. E., Altomünster

 

Straßenbild: Nächstenliebe

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Die Neuseeländer sind einfach lockerer: Vor einer kleinen Kirche in Kaikoura weist ein Schild auf das Thema des nächsten Gottesdienstes hin. Das Augenzwinkern im Titel macht Laune, dabei zu sein.

Peter Lienhard, Uster/Schweiz

 

Bruddeln: Mein Wort-Schatz

Beim Besuch in der alten Heimat begegnete mir das Verb Bruddeln und jetzt wieder in dem Buch Ulrich Kienzle und die Siebzehn Schwaben. In 40 Jahren, seit ich aus Württemberg wegzog – zunächst nach Baden, dann nach Bayern – habe ich das Wort nicht mehr gehört, das in meiner Kindheit zum täglichen Sprachgebrauch gehörte.

Was heißt bruddeln? Es ist ein leises oder halblautes, brummelndes Vor-sich-hin-Schimpfen. Mit Nörgeln ist es jedoch nicht gleichzusetzen. Man kann an einer Entscheidung herumnörgeln, aber allenfalls darüber, aber mehr noch über Gott und die Welt bruddeln.

Christof Leitz, Erlangen

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Mutter ist gestorben. Im Garten möchte ich zur Ruhe kommen. Mein fünf-jähriger Enkel kommt mir nach, stellt sich auf den Gartentisch, schaut mich an und meint: »Opa, jetzt bist du traurig, weil du keine Mama mehr hast – aber du hast ja noch mich.« Liebevoll umschließt er mich mit seinen kleinen Armen.

Reiner Zeeb, Reutlingen