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Was mein Leben reicher macht

Ich verbringe einige Monate als Stipendiatin in der Cité Internationale des Arts Paris. ein großes Glück für eine Malerin! Und besonders schön ist es, immerzu mit »Madame« angesprochen zu werden (auch wenn man gar nicht so elegant gekleidet ist wie die Pariserinnen).

Dora Wespi, Paris/Luzern

 

Wiedergefunden: Der Schulfreund

»Oma, hattest du einen Freund, als du so alt warst wie wir?«, fragen meine pubertierenden Nichten meine Mutter beim Sonntagskaffee. meine Mutter ist 81 Jahre alt und im Kriegswinter 1945 von Schlesien ins Münsterland geflüchtet. »Mein liebster Freund war ein Schulkamerad namens Friederich Menke aus unserem Nachbardorf in Schlesien«, antwortet meine Mutter und holt aus ihrer Erinnerungsschublade ein winziges, vergilbtes Foto mit einem noch winzigeren Kerlchen mit roter Zipfelmütze.

Gedankenverloren erzählt sie von diesem Freund, den sie am Abend vor der Flucht das letzte mal gesehen hat. Traurig vermutet sie, dass der Junge wohl damals ums Leben gekommen sei. Einige Wochen später meldete sich meine mutter völlig aufgelöst bei mir: »Du kannst dir nicht vorstellen, wer mich gerade angerufen hat: Friederich Menke aus Schlesien.«

Ich war tatsächlich sprachlos. Wie konnte der Jugendfreund nach 66 Jahren auf einmal anrufen? Doch die Lösung ist ganz einfach. mein Bruder, der das Gespräch verfolgte, hatte den Namen im Internet ausfindig gemacht. Der Mann wohnt nur 100 Kilometer entfernt, und ein erstes Treffen, welches uns alle tief berührte, fand kurz nach dem Telefonat statt.

Barbara Specht, Münster

 

Spülstein: Mein Wort-Schatz

In den Ferien bei meinen Großeltern lag ich nach dem mittagessen, eingemummt in eine Decke, auf der Chaiselongue in der Küche. Das Wasser wurde auf dem Herd heiß gemacht – es roch leicht nach Gas. Der Kanarienvogel zwitscherte im Käfig, und Oma stand am Spülstein und machte den Abwasch. Wo gibt es heute noch diese Gerüche, Geräusche und Gemütlichkeit?

Michael Kunze, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Nach langjährigem Kinderwunsch und überstandenem brustkrebs meine vier monate alte Tochter in den Armen zu halten. Ich genieße jeden Tag mit diesem kleinen menschlein.

Meike Ottersbach, Greifswald

 

Schmuck für die Welt: Shoetrees

Hufeisen bringen uns Glück, zumindest wollen wir das glauben. Könnte das nicht auch für unser eigenes Schuhpaar gelten, das den Boden unter den Füßen verliert? Mancherorts dienen ganze Shoetrees der Pflanzung von Glück und dessen opulenter Ernte. Doch auch die negativ besetzten Theorien um das Schuhewerfen wuchern: Mit Schuhen an der Leine stecken Drogendealer zum Beispiel in Buenos Aires ihre Reviere ab: Als weithin sichtbaren Hinweis darauf, welche Waren hier käuflich sind.

Sonja Röder, Bonn
Über das Phänomen der baumelnden Schuhe wunderte sich im Juli zuerst unser Leser Klaus Störch. Wolfgang Lechner freute sich über die Entdeckung und die auf der letzten Seite der ZEIT entstehenden Dialoge zwischen den Lesern. Im Oktober erhielten wir dann eine sehr ausführliche Recherche unserer Leserin Sonja Röder, die wir in drei Teilen veröffentlichen. Den ersten Teil finden Sie hier, den zweiten hier, den dritten lasen Sie gerade.

 

Was mein Leben reicher macht

Ich bin seit drei Jahren HIV-positiv, was zu der ein oder anderen Ablehnung führte. Es gibt nichts Schöneres als das Gefühl, dass es nun jemand auf der Welt gibt, der mich nimmt, wie ich bin – auch wenn er ein paar hundert Kilometer entfernt ist…

Marcel Dams, Köln

 

Was mein Leben reicher macht

Ich stehe am Fähranleger und warte auf das Anlegen der Fähre. Die Zeit tropft. Dann endlich erreicht mein Freund das Eiland und nimmt mich in die Arme. Ein Wochenende liegt vor uns: Die Zeit beginnt zu fließen.

Birte Martin, Hallig Langeneß, Schleswig-Holstein

 

Zeitsprung

Zufällig entdeckte ich die Parallele zwischen den beiden Aufnahmen: Das Bild links zeigt meine Mutter im Jahr 1968 beim Spaziergang mit dem ältesten ihrer fünf Kinder, meiner Schwester Andrea. 2012 haben wir das rechte Foto gemacht, sie ist darauf mit dem jüngsten ihrer jetzt neun Enkel, meinem Sohn Justus, zu sehen. Dazwischen liegen 44 Jahre Lebenserfahrung. Wie froh bin ich, dass ich sie stets um Rat fragen darf – auch in allen Kinderbelangen – und liebevolle Antworten von ihr erhalte, die ganz das Wesentliche erfassen und ohne zeitgeistiges Fördervokabular auskommen. Danke, Mama!

Julia Schockemöhle-Ritter, Essen

 

Auf frischen Wurf ertappt

Schuhe geschnürt an der Leine, geknüpft an Kabeln, Leitungen, Seilen, Bäumen, das gibt es überall auf der Welt. Das Phänomen hat sogar einen eigenen Namen: Shoefiti, ein Wort, das sich aus den Begriffen Shoe und Graffiti zusammensetzt. In Deutschland steht Shoefiti unter Strafe: Wer sich des Spaßes schuldig macht, dem blüht eine Verwarnung, Kostenpunkt: 35 Euro. Genauso viel kostet das unbefugte Parken auf einem Behindertenparkplatz . Fragt sich, welches Verbrechen das größere ist. Und kann man da nicht jemand anderem was in die Schuhe schieben?

Sonja Röder, Bonn
Über das Phänomen der baumelnden Schuhe wunderte sich im Juli zuerst unser Leser Klaus Störch. Wolfgang Lechner freute sich über die Entdeckung und die auf der letzten Seite der ZEIT entstehenden Dialoge zwischen den Lesern. Im Oktober erhielten wir dann eine sehr ausführliche Recherche unserer Leserin Sonja Röder, die wir in drei Teilen veröffentlichen. Den ersten Teil finden Sie hier, den dritten, der erst morgen erscheint, hier, den zweiten lasen Sie gerade.

 

Die Kritzelei der Woche

In meiner Jugend habe ich oft vor mich hingekritzelt – vor allem in der Schule. Bei den Lehrern hat mich das nicht besonders beliebt gemacht… Das Motiv waren meistens nackte Frauen, die ich mir, aufgrund fehlender Erfolge beim anderen Geschlecht, aus der Fantasie gesogen habe. Die Damen sahen deshalb nicht immer sehr realistisch aus. Eine von ihnen habe ich jetzt nach langer Zeit ausgegraben.

Renzo Campialti, Innsbruck, Österreich