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Muße: Mein Wort-Schatz

Während meiner Tätigkeit als Lateinlehrerin kommt immer wieder der Moment, in dem das Wort otium, Muße, eingeführt wird, das schon immer mein lateinisches Lieblingswort war. Aber plötzlich fragen die Schüler: »›Muße‹, was ist das?« Das Wort ist ihnen ebenso unbekannt, wie es mir im gleichen Alter das Wort »Stress« war. Ich versuche nun, nicht nur die Sache, sondern auch das Wort zu bewahren: Muße!

Hildegard Danner, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Acht Uhr, Schulbeginn, ich komme in die Klasse. Draußen regnet es in Strömen. Jeanette, eine Erstklässlerin, kommt zu mir gelaufen und sagt: »Guck mal, Sophie, Gott duscht gerade!«

Sophie Donath, Hagen-Hohenlimburg

 

Nachtfahrt

(Nach Johann Wolfgang von Goethe, »Erlkönig«)

Wer reist so spät durch Dunkel und Tau?
Ein Ehemann ist es mit seiner Frau.
Er fährt sie sicher, er fährt sie sacht
Durch eine laue Sommernacht.

Mein Schatz, was birgst du so bang dein Gesicht?
Dein Fahrstil, Liebling, gefällt mir nicht!
Das raubt mir den Schlaf, versagt mir den Schlummer.
Mein Schatz, mache dir keinen Kummer!

Mein Liebster, mein Liebster, siehst du es nicht?
Vor uns direkt, das grelle Licht?
Sei ruhig, mein Schatz, ich bitte dich sehr,
Es sind nur die Lichter vom Gegenverkehr.

Mein Gatte, mein Gatte, du fährst ganz verboten!
Es täuschen dich, Liebste, die Leuchten, die roten
Der anderen Fahrzeuge nur voraus.
Mein Gatte, mein Gatte, ich halt das nicht aus.

Mein Gatte, mein Gatte, hör zu, was ich fühl:
Am Rücken zugleich wird mir heiß und kühl.
Halt sofort ein, sonst ist’s mit uns beiden
Endgültig vorbei – ich lasse mich scheiden.

Oder ich straf dich auf ewig mit Liebesentzug.
Genug, meine Liebste, genug, genug!
So will ich dir folgen, wie immer ich’s tu.
Ich überlass dir das Fahrzeug. Fahre du!

Nun fährt sie, selbstbewusst als Frau.
Es stört sie kein Licht mehr, kein Dunkel, kein Tau.
Den Gatten graust es, denn mit stehendem Gas
Jagt sie dahin nun auf nächtlicher Straß’.

Er erwacht spät am Mittag, sein Kopf ist schwer.
Angst und Schreck sind gewichen – und sein Whisky ist leer.

Helmut Gudehus, Coburg

 

Zeitsprung

1970

2011

Eine lange Zeit ist vergangen. Aber wir haben es geschafft: Nach 41 Jahren haben wir Schülerinnen der Klasse 10a der Essener Elsa-Brändström-Schule aus den Jahren 1965 bis 1970 uns wiedergesehen. Das heißt, natürlich nicht alle, denn es ist gar nicht so einfach, Ehemalige zu finden. Und wir hatten uns tatsächlich 41 Jahre lang nicht gesehen. Als wir dann alte Fotos anschauten, entdecken wir ein Bild aus dem Jahr 1970. Es zeigt Rita, Marina, Helga und Elke bei unserer Abschlussklassenfahrt nach Tauberbischofsheim. Natürlich hätten wir die vier nicht mehr an demselben Ort aufnehmen können. Aber die Freude über das Miteinander konnten wir wiederaufleben lassen. Nach 41 Jahren also sitzen Rita, Marina, Helga und Elke wieder nebeneinander. Das Foto zeigt unser aller Freude, uns wiederzusehen, über alte Zeiten zu sprechen, Erinnerungen aufleben zu lassen und viel zu lachen – so wie in alten Zeiten. Vielleicht finden wir auf diesem Weg ja weitere »Mädchen « aus der »Elsa« – Abschlussjahrgang 1970!

Gabriele Zeisberg-Viroli, Waldkirch

 

Was mein Leben reicher macht

Bei all der Trauer über die Trennung von meiner Schwester, die vor mehr als einem Jahr den Kontakt zu mir abgebrochen hat, die kleinen glücklichen Momente mit meinem Sohn zu spüren, wenn wir morgens vor dem Verlassen des Hauses noch für ein paar Minuten Federball im Wohnzimmer spielen.

Aroti Briand, Berlin

 

Kritzelei der Woche


Wie (ent)spannend das Leben in einer alternativen Gemeinschaft sein kann, zeigt uns diese Kritzelei. Unser erster Vorsitzender hat sie während unseres allmonatlichen Plenums angefertigt. Völlig ungerührt von mehr oder minder heftigen Debatten um Gemeinschaftsleben und -arbeiten, zeichnete Günther dieses harmonische Bild und überließ es nachher mir zur weiteren sinnvollen Verwendung. Weshalb ich es, mit herzlichen Grüßen an unseren Präsidenten, gern an Sie weiterleite.

Friederike Körfer, Gießen

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einem bösen Hexenschuss brachte mich meine Frau mit dem Rezept zum Apotheker. Seit Jahren nehmen wir mit ihm und seiner Frau an Tanzkursen teil. Wegen meiner Schmerzen sagte ich aber gleich für die nächsten Tanzstunden ab, zumal wir gerade die Tangofigur »Valentino« übten, bei der die Dame, sich weit zurücklehnend, vom Herrn gehalten werden muss. Da kam der Herr Apotheker im weißen Kittel hinter der Theke hervor, nahm meine Frau in den Arm und tanzte, einen Tango summend, mit ihr vor allen Mitarbeiterinnen und Kunden den »Valentino«. Dabei erklärte er mir, dass ich mich bei dieser Figur nicht vorbeugen, sondern den Rücken schnurgerade halten müsse. Also nahm ich dann doch an den Tanzstunden teil. Ohne Probleme – dank der lustigen Gratismedizin unseres Apothekers.

Thorsten Dettloff, Ichenhausen, Schwaben

 

Geschmackssache


Die Stuttgarter haben einen ganz besonderen Sinn für Schönheit. Das haben sie nicht nur bei der Abstimmung für das neue Bahnhofsprojekt bewiesen. Sie zeigen es auch bei mancher Plakatierung im Straßenbild, wie bei der, die wir hier aufgenommen haben.

Sabine Schwarz und Uwe Kühnle, Stuttgart

 

Wiedergefunden: Die Seilbahntickets


Eigentlich hatte ich diese Fahrkarten sehr gehütet – als mein schönstes Souvenir an die Sommer meiner Kindheit. Denn die Fahrten mit der Drahtseilbahn im Ostseebad Rauschen bei Königsberg waren für uns Kinder etwas Kostbares: Für gewöhnlich mussten wir die Serpentinen zum und vom Strand zu Fuß gehen. Deshalb hatte ich die restlichen Fahrkarten meines Blöckchens in meinem Kinderrucksack mitgenommen, als wir meine Heimatstadt Königsberg für immer verließen. Die Fahrkarten waren ein Beleg für unsere Hoffnung auf Rückkehr. Dann aber blieben sie nach einem Umzug jahrelang verschwunden. Und umso größer war die Freude, als ich sie jetzt wiedergefunden habe – auch wenn sie wohl nicht mehr gültig sind.

Rosemarie Wrede-Grischkat, Mühltal bei Darmstadt