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Was mein Leben reicher macht

In der S-Bahn das Gespräch zweier Jugendlicher zu verfolgen, die sich über die Hochschulen in ihrer türkischen Heimat und in Deutschland unterhalten. Beide tragen ein T-Shirt mit der Aufschrift: »Abi 2011 – wir haben es geschafft.«

Alexander Castle, München

 

Wiedergefunden: Ein Gruss von Max Frisch

Im Sommer 1975 unternahmen wir mit unseren drei Söhnen, die damals zwischen 8 und 10 Jahren alt waren, eine Italienreise mit Auto und Zelt. Bei einem Besuch der etruskischen Monterozzi-Nekropole in Tarquinia trafen wir Max Frisch. Er war in Begleitung einer rothaarigen Amerikanerin (die wir in Montauk wiedertreffen sollten), freute sich, als wir ihn erkannten, unterhielt sich mit uns und schrieb einen Gruß in unser Reisetagebuch. Auf dem Parkplatz verabschiedeten wir uns. Er fuhr einen R5 mit römischem Kennzeichen. In diesem Max-Frisch-Jahr 2011 erinnerte ich mich wieder an die Begegnung. Ich suchte im Keller nach dem alten Reisetagebuch und wurde tatsächlich fündig.

Christa Lieb, Ludwigsburg

 

Zeitsprung

1926

2011

Im Herbst 1926 kauften meine Eltern in Königsberg ihr erstes Automobil, einen Hanomag 2/10 PS, einen Zweisitzer, genannt »Kommissbrot«, und natürlich wurde ich, damals zwei Jahre alt, am Steuer fotografiert. Meine Mutter erhielt ihren Führerschein im Jahr darauf und benutzte den Wagen manchmal für Einkäufe in der Stadt. Als ihr einmal auf dem  verkehrsreichsten Platz von Königsberg der Motor abstarb, versuchte sie, ihn mit einer Handkurbel wieder zum Laufen zu bringen, was ihr in der Aufregung nicht gelang. »Sehn Se, Frolleinchen«, sagte da einer Zuschauer, »Se sollten besser nur een Kinderwajen fahren «, und nahm ihr die Kurbel aus der Hand. Ich selbst machte den Führerschein 1963, und mein erster Wagen war ein VW Käfer. Vorsichtshalber warnte mich der Fahrlehrer davor, auf der Autobahn schneller als 100 Stundenkilometer zu fahren, »da es Sie dann aus der Kurve tragen könnte«. Inzwischen bin ich wohl bei meinem letzten Wagen angelangt, einem VW Polo Automatik, schadstoffarm, Jahrgang 1998. Den möchte ich fahren, solange der TÜV und meine Fahrtüchtigkeit es erlauben.

Tione Raht, München

 

Was mein Leben reicher macht

Heute Morgen, in der Dorfbäckerei, fragt mich ein Mann, offenbar wegen meiner »naturkostigen« Kleidung: »Kennen Sie Rudolf Steiner?« Ich bejahe. Da wird aus dem schnauzbärtigen Vertretertyp in Sekundenschnelle ein Bub mit strahlenden Augen: »Ich war Waldorfschüler! « Und er hebt an, aus dem Prolog im Himmel zu deklamieren: »Die Sonne tönt nach alter Weise in Brudersphären Wettgesang …« Als ich mit einstimme, schüttelt die Verkäuferin belustigt den Kopf. Und mein Tag ist dank der gemeinsamen Liebe zur Literatur gerettet!

Elisabeth Wagensommer, Salem-Weildorf

 

Mitbringsel: Mein Wort-Schatz

Gerade ist es mir wieder eingefallen, als ich eine französische Freundin, die ich demnächst besuchen will, fragte, ob sie einen Wunsch habe. Meinen Wort-Schatz gibt es nicht in Frankreich, nicht in England, nicht in Spanien. Dort muss man sich begnügen mit blassen Umschreibungen wie »kleines Geschenk«, »Andenken«. Die Italiener haben wenigstens einen pensierino, ein kleines Drandenken. Aber nur wir haben das Mitbringsel. So gern ich das Wort habe, so gespalten stehe ich der Sache gegenüber. Wie schön war es, als Kind von Gästen etwas mitgebracht zu bekommen! Ich erinnere mich an unseren Sonntagnachmittagsbesuch, eine befreundete Lehrerin, die mir meine ersten Bücher mitbrachte, darunter mein langjähriges Lieblingsbuch Andschana von Käthe von Roeder-Gnadeberg. Andererseits: die mühsame Suche in kitschigen Souvenirläden! (»Was könnten wir denn für die Oma kaufen?« – »Für Anneliese haben wir auch noch nichts!«) Und eben kommt mir noch ein Gedanke. Soll ich den einer in Hamburg erscheinenden Zeitung mitteilen? Nur Mut: Könnte es sein, dass mir das Mitbringsel auch deshalb so gut gefällt, weil es in seiner Klangfarbe viel eher nach Bayern passt als nach Norddeutschland?

Gisela Dietrich, Planegg

 

Sehr geehrter Herr Wulff,

kürzlich hat Barack Obama den Dalai Lama empfangen und mit ihm über die Situation in Tibet und China im Hinblick auf Demokratie und Menschenrechte gesprochen. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass es jetzt, nach den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen Ende Juni, an Ihnen wäre, ebenfalls ein Zeichen zu setzten? Sie könnten eine offizielle Einladung an Ai Weiwei aussprechen, die Freilassung Liu Xiaobos öffentlich fordern oder den derzeit in Deutschland weilenden chinesischen Dissidenten Liao Yiwu empfangen. Sie als Bundespräsident haben diese Möglichkeit!

Franziska von Haaren, Heidelberg.

 

Was mein Leben reicher macht

Zu beobachten, wie eine mit Lernmaterial vollbepackte Studentin in der Universitätsbibliothek am Zeitungsständer
stehen bleibt, die Bücher und Ordner ablegt und sich drei Minuten Zeit nimmt, um stehend die letzte Seite der ZEIT zu lesen. Eine Oase der Entschleunigung in der stressigen Klausurenphase am Ende des Semesters. Auschecken aus der wissenschaftlichen Welt, eintauchen in das wirkliche Leben!

Teresa Maria Tropf, Düsseldorf

 

65 Jahre die ZEIT

Zahlreiche Fragen erwarteten Rainer Esser an der DEKRA Hochschule in Berlin. Die Medien-Studenten waren sehr gut vorbereitet und befragten den Geschäftsführer des ZEIT Verlags zu den unterschiedlichsten Themen: Wie kam es, dass Sie Geschäftsführer geworden sind? Wie ist Ihr Verhältnis zu den Chefredakteuren der ZEIT und der ZEIT Magazine? Und wie ist das Arbeitsklima im Pressehaus? Angeregt durch die aktuellen Ereignisse im Kachelmann-Prozess sorgte auch die gesellschaftliche Bedeutung der Medien, die Rolle des Internets und sozialer Netzwerke für Gesprächsstoff.

Rainer Esser diskutiert an der DEKRA Hochschule Berlin © Melinda Rachfahl

„Herr Dr. Esser war ein sehr sympathischer und humorvoller Interviewpartner. Das Gespräch war sehr kurzweilig und aufschlussreich für mich als angehenden Journalisten“, berichtet der Student Sebastian Roth im Anschluss.

V. l. : Rainer Esser, Max Zander, Marten Ronneburg © Melinda Rachfahl

Für Alice-Laurine Kliesch war besonders der Blick hinter die Kulissen spannend: „Dr. Esser war sehr aufgeschlossen, freundlich und ein guter Gesprächspartner. Jede Frage war für ihn eine nützliche, damit keine doofe Frage. Es freut mich, dass bei einer so einflussreichen Zeitung die Arbeit Spaß machen kann und dort eine gute Atmosphäre besteht.“

Einen Zusammenschnitt der Diskussion finden Sie hier.

Rainer Esser mit den beiden Interviewpartnern © Melinda Rachfahl

 

Zeitsprung

1940

2010

Viel hat sich beim Blick von der Bastei auf die Elbe in der Sächsischen Schweiz gar nicht verändert. Aber wer das aktuelle Bild genau betrachtet, entdeckt rechts am Felsen eine helle, glatte Fläche: Dort ereignete sich im November 2000 ein Felssturz; mehr als 300 Kubikmeter Gestein stürzten vom Wartturm-Felsen 60 Meter in die Tiefe. Knapp zehn Jahre danach
habe ich die Aussicht ins Elbtal mit dem beliebten Kletterfelsen aufgenommen. Als Vergleichsaufnahme diente das Schwarz- Weiß-Foto von 1940 aus dem alten Familienalbum.
Klaus Beuermann, Brilon

 

Was mein Leben reicher macht

Ich hatte Sommerurlaub und entschloss mich daher, trotz Sommerregens und ohne bestimmtes Vorhaben, nach Trier zu fahren. Dort angekommen entsschloss ich, mir im ersten Konfektionsgeschäft eine zusätzliche Jacke zu kaufen, um nicht weiter frieren zu müssen. Da ich auf die Schnelle nichts Passendes fand, entschloss ich mich für die günstigere Variante. Gut gerüstet bezog ich Platz auf der Terrasse der gegenüberliegenden Eisdiele. Die stabilen Sonnenschirme und Möbel schützten die Gäste vor Regen. Hier wollte ich mich von innen wärmen, mit einem Kaffee und einem heißen Apfelstrudel mit Vanillesoße. Ich studierte die Karte von oben nach unten und fand keinen Strudel auf der Karte. Trotzdem bestellte ich ihn bei der netten Bedienung, einer Italienerin im fortgeschrittenen Alter. Sie machte mich freundlich und in gebrochenem Deutsch darauf aufmerksam, dass jetzt die Sommerkarte aktuell sei, Strudel sei ein Angebot der Winterkarte – auch wenn man bei den momentanen Temperaturen durchaus annehmen könnte, dass Winter sei. Gut, ich bestellte Käsekuchen und Kaffee. Beim Bezahlen verabschiedete sie mich mit den Worten. „Wenn du dich noch an Apfelstrudel auf der Karte erinnerst, warst du lange nicht mehr da. Komme wieder, bevor die Winterkarte kommt.“, so als seien wir gute Bekannte und ich ein Stammgast. Diese herzlichen Worte haben mich berührt und den ganzen Tag gewärmt.

Beate Niewel, Saarburg