Lesezeichen
 

Griechenland

Hellas von Sinnen
Der Euro auf der Kriechspur
Fakellaki-Land

Dr. Hanns Martin Trautner, Mainz

 

Leben Lassen

Leben lassen, der neue Roman von Eva Rossmann, ließ mich abtauchen in eine Welt, die ich nur aus meiner Studentenzeit kenne: das tun, wonach einem gerade ist, sich spontan verabreden, kochen und essen, wann man gerade das Bedürfnis danach hat (auch mitten in der Nacht), schlafen, wenn man müde ist (auch am Tag). Der Unterschied: Rossmanns Protagonistin Mira Valensky steht mitten im Leben, macht Karriere, verdient gut, ist sogar verheiratet.

Aber sie hat keine Kinder. So gern ich berufstätige dreifache Mutter bin, so gern tauche ich hin und wieder in diese unbeschwerte Wiener Atmosphäre ab, in der es letztlich aber um Tod oder eben „Lebenlassen“ geht. Da bin ich dann wieder glücklich mit meinem Leben, in dem es andere bemerkenswerte Aufregungen gibt. Und ich bin froh, wenn sich diese in Grenzen halten.

Elisabeth Obexer Seeber, Sand in Taufers, Südtirol.
(Leben lassen ist in der Folio Verlagsgesellschaft erschienen.)

 

Per Lesereise durch die Galaxis

Reisen bildet, sagt man. Doch manche Reisen bleiben einem versagt. Als Ersatz gibt es Reiseberichte. Per Anhalter durch die Galaxis kann man nicht reisen, aber man kann den Roman von Douglas Adams lesen. Gegen Ende der Geschichte stranden Unternehmensberater auf einem Planeten und führen sogleich das Laub von den Bäumen als gesetzliches Zahlungsmittel ein. Doch das hat ein kleines Inflationsproblem zur Folge: Eine Packung Erdnüsse kostet plötzlich drei Laubwälder. Da lernt man was über die gegenwärtige Finanzkrise auf unserem Planeten.

Mario Trunzer, Betzigau

Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams ist bei Heyne erschienen

 

Taizé: ein reiches, armes Dorf

Es ist eigentlich ein armes Dorf. Arm an Größe, arm an Luxus, überhaupt arm an materiellen Dingen. Aber nur, wenn man es von außen betrachtet. In Wirklichkeit ist es ein reiches Dorf: reich an Gemeinschaft, reich an Glauben, reich an Freude, reich an Klang, reich an Farbe und vor allem: reich an Stille. Das Dorf heißt Taizé. Erstaunlich, wie wenig ein Mensch an Materiellem benötigt. Auch um diese Erkenntnis hat Taizé mich bereichert.

Caroline Niemietz, Bonn

 

Wo zum Teufel ist Gandhi?

Als Mahatma Gandhi starb, soll Albert Einstein gesagt haben: „Zukünftige Generationen werden kaum glauben können, dass ein Mensch wie er jemals auf Erden gewandelt ist.“ Kürzlich habe ich den Film Gandhi wieder gesehen, der 1982 in Neu-Delhi uraufgeführt wurde, einen Tag bevor ich geboren wurde. Ben Kingsley alias Gandhi sitzt am Sterbebett seiner Frau, Tränen laufen seine Wangen hinunter. Er war schließlich auch nur ein Mensch, denke ich und neige dazu, mit Gandhi mitzuweinen oder vielmehr um ihn zu weinen. Wo zum Teufel ist Gandhi? Gewaltlosigkeit und so? Nein, Gandhi war nicht abstrakt und ist auch heute keine Utopie. Ich kann es jetzt glauben.

Laura Klüber, Wien

 

Das regt mich auf: Wie Behörden mit behinderten Kindern umgehen

Die deutsche Bürokratie und ihr Umgang mit behinderten Kindern regen mich auf! Seit gut sechs Monaten wandert die Akte unseres vierjährigen behinderten Sohnes nun schon von Behörde zu Behörde, von Schreibtisch zu Schreibtisch. Sie wird aufgemacht und wieder zugemacht und weitergereicht. Ob sïe überhaupt gelesen wird?

Ich glaube es nicht. Denn dann hätten die zuständigen Sachbearbeiter längst erkannt, wie dringend unser Sohn einen Kindergartenwechsel sowie einen Integrationshelfer benötigt, der ihn nach einer anerkannten Therapiemethode fördert. Drei lange Monate lag die Akte bei der ersten Behörde, die dann befand, dass sie gar nicht zuständig sei. Danach ging die Akte auf Wanderschaft. Man lässt sich Zeit, wertvolle Zeit. Wir haken nach und hören uns Plattitüden von Bürokraten an, für die die Behinderungen unseres Kindes Fremdwörter sind.

Es beunruhigt uns sehr, dass diese Menschen vom Schreibtisch aus über das Schicksal unseres Sohnes entscheiden. Für sie ist er ein Aktenzeichen, das dem Staat bedrohlich teuer zu werden scheint. Diese Botschaft schockiert mich und macht mich traurig. Wir als Eltern geben nicht auf. Doch was ist mit all den behinderten Kindern, die auf der Strecke bleiben, weil ihre Eltern nicht so beharrlich sind und die Anträge in den Amtsstuben einfach ausgesessen werden?

Katja Tappesser, Soest

 

Briefe über Deutschland (4)

Lieber Rich,

Deutschland profitiert davon, dass sein Tellerrand niedriger ist als der Kanadas: Mit neun Nachbarländern muss man einfach mehr auf die Meinungen und Gepflogenheiten anderer achten als mit einem. Und ein Ausflug in die USA bedeutet hier oft einstündige Grenzprozeduren mit strengen Fragen. Seit Neuerem braucht man sogar einen
Pass. Das lässt den Tellerrand weiter wachsen. Dabei hat Kanada allen Grund, stolz zu sein: Als klassisches Einwanderungsland mit einer weithin gelungenen Integrationspolitik kommt es dem Ideal eines kosmopolitischen Landes wohl weltweit am nächsten. Es holt die Welt zu sich und genießt dafür weltweit einen guten Ruf. Davon kann
Deutschland noch lernen. Aber Weltoffenheit und Neugier marschieren nicht automatisch im Gleichschritt. Die recht homogene Sprach- und Kulturlandschaft Nordamerikas und die geografische Einsamkeit machen es der Nabelschau zu leicht.

Wenn Deutschland es aber schaffen kann, bestehende Neugier mit Offenheit zu vereinen, und auch noch die von Dir angesprochene neue Lockerheit verinnerlicht, dann wird es hier auch mehr als das Bier-Wurst-Hitler-Ingenieursland sein: Dann wird es richtig respektiert.

Darauf freut sich
Dein Julian

Im wöchentlichen Wechsel schreiben sich hier Julian Lee, 30, Umweltberater aus Montreal, und sein Stiefvater Friedrich Engelke, 68, Physiker aus Villingen

 

Kritzelei: deutsch-türkische Verständigung

Hier sehen Sie eine Gemeinschaftsarbeit von Hilal Yavuz, meiner Auszubildenden im ersten Lehrjahr, und mir. Die Aufgabenverteilung war einfach: Ich habe Schreibtischunterlage und den Eingangsstempel zur Verfügung gestellt, Frau Yavuz wiederum hat sich während ihrer Telefongespräche um die deutsch-türkische Sprachverständigung bemüht.

Rechtsanwalt Ingo W. Lill, Hamburg

 

Wiedergefunden: Urlaubserinnerung

Es war der erste Urlaub, den ich mit meiner Frau gemacht habe, 1955, vor mehr als einem halben Jahrhundert. Wir fuhren nach Garmisch-Partenkirchen, ich war gerade 24 Jahre alt. Kürzlich habe ich die Hotelrechnung wiedergefunden, und sie erinnert mich an eine schöne Zeit mit meiner Frau, die inzwischen leider verstorben ist. „Pension“ hieß damals, was heute „Vollpension“ ist, und der D-Mark-Preis auf der Rechnung galt für zwei Personen! Das zeigt einmal mehr, was aus unserem Geld geworden ist.

Heiner Burkhardt, Rieschweiler