Die Ausstellung The Scripted Life von Candice Breitz im Kunsthaus Bregenz ist eine der bislang intelligentesten Bespielungen der Bregenzer Kunsthaus-Kathedrale. Und es gab bei Gott schon viele gute vorher! Amen.
Franz-Paul Hammling, Bregenz
(Die Ausstellung läuft noch bis zum 11. April)
Seit Jahren habe ich nach Theo gesucht. Das letzte Mal hatte ich ihn 1999 gesehen. Und ich wusste: Er ist da – irgendwo in den unendlichen Weiten des Dachbodens. Verkramt in einem Umzugskarton. Oder etwa doch nicht? Theo ist nicht irgendein Relikt meiner Kindheit, er ist der Inbegriff meiner Kindheit. Er ist der erste Teddy, den ich selber mit meiner Oma genäht habe. Meine Oma hatte Theo sogar einen Seemannsanzug gestrickt und ich habe diese pelzige, na ja, etwas schiefe Etwas dann Theo Lingen getauft.
Jahrelang saß Theo in meinem Bett und siedelte später dann auf’s Sofa über. Wie das so ist, wenn man älter wird. Aufgrund diverser Umzüge, Studium und Aufenthalte im Ausland wanderte Theo 1999, ich glaube es war im Oktober, in einen Umzugskarton. Nur in welchen? Mittlerweile sehe ich ja ein, dass es durchaus sinnvoll ist, diese zu beschriften. Irgendwann wollte ich Theo irgendwie wiederhaben. Meinen Theo! Aber ich konnte ihn nicht finden.
Am letzten Wochenende war ich dann zum Sonntagskaffee bei meinen Eltern zu Besuch. Und mir fiel ein, dass auf dem Dachboden noch einige Umzugskartons von mir standen. Und siehe da, das Glück ist oftmals ganz nah: Gleich im ersten Karton schaute mich ein etwas verstaubtes pelziges Etwas mit verwunderten Knopfaugen an: Theo!
Sonja Schröder, Lingen
Wurde das Scheitern der Leipziger Olympia-Bewerbung zum Anlass genommen, den modernen Fünfkampf neu zu initiieren? Um aus der Not eine Tugend zu machen und Leipzigs Bedeutung als Sportstadt zu unterstreichen, beschloss man offenbar kurzerhand, nun aus Nahverkehrs-Kunden Sportler zu machen. Der moderne Fünfkampf „Leipziger Art“ war geboren.
Inzwischen treten täglich hunderte Sportbegeisterte in den neuen Disziplinen gegeneinander an:
• Ticket-Automat finden
• Fahrplan finden
• Bahnsteig finden
• wahlweise Hürden- oder Langstreckenlauf zur Bahn und
• Finger wund drücken (weil der Türöffner soeben vom Fahrer …äh Trainer süffisant deaktiviert wurde)
Bei den Verkehrsbetrieben hofft man nun auf künftige Berücksichtigung ihrer Disziplin. Bis dahin will man die Kunden …äh Sportler noch härter trainieren lassen.
Freiheit pur: Aus dem Van heraus gemeinsam in den neuseeländischen Sonnenuntergang zu blicken, wo nichts die Ruhe stört außer der Wind, der den Van auf dem Gipfel der Banks Peninsula zum Schwanken bringt und mich langsam in den Schlaf wiegt.
Eine Entdeckung im Internet: der Deutschlandradio-Wissen-Podcast Hörsaal. Nun kann ich beim Abwaschen Adorno hören und mich über das rollende „r“ akademischer Rhetorik der fünfziger Jahre freuen. Die Fenster putzen sich viel leichter, wenn dabei Herbert Marcuse Über Gleichgültigkeit gegen die Kultur philosophiert. Sockensortieren war schon immer eine Qual, doch wenn Ralf Dahrendorf in einem Vortrag von 1959 über Arbeiter im Ruhrgebiet und ihre Zufriedenheit im Bergwerk spricht, wird es zum Vergnügen. Ohne Ähs und andere Füllwörter haben diese Wissenschaftler gestochen scharf und frei gesprochen – besser, als heute manch einer schreiben kann.
Im April 1990, vor genau 20 Jahren, fuhren mein Schulfreund Peter Brandt und ich nach Berlin und Rügen. Kurz vor unserem Abitur wollten wir Zeitzeugen der Deutschen Einheit sein. So entstand auch das Foto, das Peter von mir gemacht hat: Mit dem Pickel schlage ich Stücke aus der Berliner Mauer.
Heute, 20 Jahre später, möchte ich Dir, lieber Peter, diesen Gruß schicken. Weißt Du noch, wie wir ununterbrochen The Great Commandment hörten – damals noch auf Musikkassette im VW-Golf? Und zum ersten und letzten Mal einen Trabi fahren durften? Und Briefe aus der DDR nach Schinkel schickten (die ich alleine wegen der Briefmarken heute gern wiedersehen würde …)? Schade, dass ich nicht mehr weiß, wo ich Dich heute erreichen kann. Deshalb dieser Gruß in unserer ZEIT. Gesegnete Ostern!
Seit meine Freundin sich von mir getrennt hat, lebe ich wie in einer Altherren-WG: Johnny Cash singt für mich, Clint Eastwood erzählt die großen Geschichten, Philip Roth und Cormac McCarthy erklären mir die Welt. Der Glücksfall der letzten Woche: Johnny Cashs postmortales Meisterwerk Ain’t No Grave. Es ist so wunderschön, dass man dem großen alten Mann fast Glauben schenken möchte. Dann fällt mir Philip Roths Verwirrspiel Operation Shylock in den Schoß. Leben und Tod in all seinen Schattierungen – keine schlechte Woche in meiner Altherren-WG.
Dirk Benker, Nürnberg
(Ain’t No Grave ist bei American Recordings erschienen, Operation Shylock im Hanser Verlag)