Was im 19. Jahrhundert Salons waren, sind heute Blogs. In diesem Sinne lassen wir die Tradition des legendären Fragebogens von Marcel Proust für unsere Lieblingsblogger wieder aufleben. Jill Adams, 44, ist eine Fotografin, die immer und überall ihre Kamera dabei hat, um gegebenen-falls jemanden spontan für ihren Street-Style Blog zu verhaften. Fotos macht sie von Passanten, Freunden, Models, Events, Essen, der Natur, was auch immer ihr gerade gefällt. Dazu erzählt sie jedes Mal eine kleine Geschichte.
Was ist für Sie das vollkommene Blog? Das vollkommenen Blog gibt es nicht. Wie jedes andere natürliche Geschehen ist bloggen ein Prozess.
Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Mit zweien: Sabine von Psynopsis und Stephanie von Style Odyssey. Beide sind inzwischen auch im Alltag Freunde geworden.
Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Durch die Posts meiner Blogger-Freunde zu hüpfen. Ich liebe die Gemeinschaft, das Kommentieren und Chatten. Ich liebe die Zufallsfunde, auf die ich online immer wieder stoße: Kleinigkeiten wie zum Beispiel, dass wir diese Woche plötzlich alle in die Farbe Gelb verliebt.
Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Im warmen, türkisfarbenen Wasser schwimmen.
Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? In letzter Zeit habe ich über mein Alter gelogen, aber nur in der Blogsphäre. Diese halte ich nämlich leider für altenfeindlich. Vielleicht lüge ich sogar in diesem Fragebogen!
Ihr Lieblingsheld im Netz? Der PhotoDiarist aus New York. Ich habe sie nie getroffen und ich kenne ihren Namen nicht – wir haben uns noch nicht mal gemailt. Sie bleibt völlig anonym in ihrer Arbeit. Die Erklärung meines Mannes ist, dass sie berühmt sei. Ihre Schwarz-Weiß Aufnahmen sind super: Dokumentationen, ab und an Street-Style oder auch Fashion, aber meistens sind es einfach Schnappschüsse, wie zum Beispiel eine Aufnahme von einer Band am Strassenrand.
Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Präsident Obama, mein Mann und meine Mutter. Die Reihenfolge hat übrigens nichts zu bedeuten. Immer und Ewig: Mein Vater Art Carin.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? Bescheidenheit, kombiniert mit einer Großzügigkeit des Geistes.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen? Bescheidenheit, kombiniert mit einer Großzügigkeit des Geistes. Man erkennt diesen Spirit in den Augen und im Lachen.
Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Die vielen PR-Typen, die auf uns niederprasseln wie die Aasgeier, uns zumailen mit Riesen- Anhängen und dabei versuchen, ihre Kunden umsonst über uns zu promoten.
Was stört Sie an Bloggern am meisten? Wenn man auf meinem Blog Kommentare hinterlässt, nur um sich selbst zu promoten.
Was stört Sie an sich selbst am meisten? Schlechtes Zeitmanagement ist mein Problem: Ich kann Tage im Netz vertun, sogar im Urlaub.
Ihr glücklichster Moment als Blogger? Am Boden sitzend, in Gängen oder natürlich in der ersten Reihe während einer Modenschau, umgeben von der Musik, dem Moment und der Bewegung am Laufsteg. Manchmal passt alles einfach zusammen. Dann bleibt die Zeit stehen und ich denke genau das hier ist Mode.
Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Als ich gerade mal ein paar Monate bloggte, traf ich eine Schwedin und fragte sie, ob ich sie fotografieren dürfe. Durch mein Objektiv verwandelte sich dieser streberhafte Teenie in etwas Übermenschliches: einen Star. Ihr Name war Frida Gustavvson und kurze Zeit später wurde sie zum neuen Gesicht der Modeszene. Generell aber sehe ich echte Freundschaften, die während meiner Arbeit als Fotografin, oder auch durch die Blog-Community entstanden sind, als meine größte Errungenschaft.
Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Ich würde gern mit durchsichtigen und abnehmbaren Flügeln fliegen können.
Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden? Haha, gute Frage! Als Tavi oder als meine Freundin Roz (Clothes, Camera and Coffee.) Beides sind noch Teenager und ich würde mir so viele Lebensjahre kaufen.
Ihre größte Extravaganz? Kurz nachdem mein Mann und ich geheiratet hatten, hatte er Geburtstag und war schlecht drauf. Ich leerte mein Konto, lud ihn zum Essen ein und schenkte ihm einen blauen Kashmere-Pulli, eine Cartier Tank-Uhr und Karten zu Tosca im Royal Opera House am gleichen Abend. Wie saßen ganz allein in der Royal Box. Der Ausdruck auf seinem Gesicht war mir jeden Cent wert.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Angenehm überrascht.
Ihr Motto? Wenn du den Kopf behältst, wenn alle anderen um dich herum ihn verlieren, dann verstehst du die Situation einfach nicht.
Bislang haben unseren Proust-Bloggerfragebogen Siems Luckwaldt, Katja Hentschel, Katya Moorman, Julia Stelzner, Katharina Charpian, Thomas Knüwer, Marlene Sørensen und James Castle, Mary Scherpe, Juliane Duft und Anna Katharina Bender, Richard Gutjahr, Anna dello Russo, Peter Glaser, Frederik Frede und Jessica Weiß ausgefüllt
Das ist ja schf6n, dass das ZEITmagazinInterview online ist, hatte ich grtseen im Zug gelesen. Merkwfcrdig, wie bieder der Demand so rfcberkommt, passt gut zum deutschen Herbst, find ich. Egal welcher.Ich mag die Stelle im Text, wo Gregor Schneider den Schrank vom Demand zuspachtelt:“Ich hatte jedenfalls nach meinem Abschied aus Dfcsseldorf noch einige Papierobjekte in einem Wandschrank gelagert. Da lagen sie nun, und keiner traute sich ran. Ich lebte mittlerweile in Paris. Gregor wusste das und hat als eine seiner letzten Arbeiten an der Akademie den Wandschrank verputzt, fertig, aus. So viel zu kfcnstlerischer Auseinandersetzung.“Und doll find‘ ich, dass ZEIT ONLINE jetzt Helvetica ffcr die dcberschriften benutzt. Das ist zwar nicht mehr so ganz der neueste Schrei, immerhin haben wir das ja schon vor Jahren gemacht (:-)))) ), aber ich seh‘ sie immer noch gerne.Und so kann man schf6n vergleichen, wie schf6n ‚Nationalgalerie‘ in Helvetica ausgesehen he4tte…
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