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Das heitere Zitat

„Ausschlafen und ein vernünftiges Frühstück – zwei der Dinge, die du vergessen kannst, wenn du Polit-Aktivist werden willst“

 

Marc Fischer in seinem jetzt postum erschienenen Reportageband »Die Sache mit dem Ich« (KiWi)

 

Sterne in Paris

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Hier gibt es immer noch das beste Essen der Welt. Der neue Michelinführer Paris ist da

 

 

Gespräche mit Yello

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Ende der siebziger Jahre fing etwas Großes an: In Zürich trafen sich Boris Blank und Carlos Perón, um an dem Sound zu tüfteln, den man mit Blech und Motoren erzeugen kann. Sie suchten einen Sänger, der zu ihnen passt, fanden Dieter Meier, und das Projekt yello formierte sich, um die Popmusik zu reformieren. Mitte der achtziger Jahre verließ Carlos Perón die Band – Boris Blank und Dieter Meier machten weiter. Als Pioniere der elektronischen Musik prägten sie den Sound der Achtziger. Letzten Herbst veröffentlichte der Echtzeit Verlag ein Buch über das Duo, für das sich der Autor Daniel Ryser von den beiden die lange und anekdotenreiche Geschichte der Band erzählen ließ. Wer die Dinos des Elektro und den Autor ihres Buches kennenlernen will: morgen, am 22. Februar, treten sie im Golden Pudel Club in Hamburg mit Rocko Schamoni auf

(c) Anton Corbijn

 

Ausstellung „Die schönsten deutschen Bücher 2010!“

(c) Do you read me?!

Die Idee zu einer Neuauflage des Buchladens hatte Mark Kiessling schon länger. 2008 gründete er dann zusammen mit Jessica Reitz do you read me?! in der Auguststraße in Berlin-Mitte – eine Print-Oase, in der außergewöhnlich gestaltete Magazine und kleinere Publikationen Zuflucht finden. Eine Fundgrube für bis dato unbekannte Titel und Autoren, die ihre Lebendigkeit und ihren Charme aus der Mischung unzähliger nationaler und internationaler Titel bezieht. Im Herbst letzten Jahres eröffneten sie in der Potsdamer Straße in Berlin- Tiergarten den dazugehörigen Reading Room – eine Neuinterpretation des klassischen Lesesaals, ausgestattet mit Möbeln von Artek, und eine Bereicherung des dort wachsenden kulturellen Angebots. Heute startet dort die erste Veranstaltungsreihe und Ausstellung diesen Jahres in Zusammenarbeit mit der Stiftung Buchkunst. Die Stiftung kürt jährlich die schönsten deutschen Bücher vom Fotoband bis zum Schulbuch nach den Kriterien: Konzeption, grafische Gestaltung, Typografie, Qualität der Bilder/Illustrationen, Ausstattung, Papier, Druck und buchbinderische Verarbeitung. An vier Abenden wird erkundet, wie aus Ideen, Konzepten und der Zusammenarbeit von Autoren, Gestaltern und Verlegern ein wirklich schönes Buch wird. Heute zur Ausstellungseröffnung von „Die schönsten deutschen Bücher 2010“ werden Uta Schneider (Stiftung Buchkunst) und Prof. Heike Grebin (Jury-Mitglied) in die Reihe einführen. In den folgenden Veranstaltungen werden einige der ausgezeichneten Bücher von ihren Autoren und Gestaltern vorgestellt sowie Fragen rund ums Büchermachen diskutiert.

ZEITmagazin: Das Programm geht der Entstehungsgeschichte eines schönen Buches auf den Grund. Was genau kann man sich darunter vorstellen?

Mark Kiessling: Wir werden jeden Abend der Veranstaltungsreihe den Prozess des Büchermachens aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Es geht um die Idee zu einem Buch, den Weg der Entstehung und um die Entscheidungen, die von den verschiedenen Beteiligten getroffen werden. Wie arbeiten sie zusammen? Wer nimmt wie auf wen Einfluss? Am 1. März wird es mit Oswald Egger, Nina Knapitsch und Jan Wenzel verstärkt um Autorenschaft gehen – darum, ob bei den heutigen beschleunigten und simultanen Arbeitsprozessen nicht der Begriff des Autors, als einzelne Person, durch den einer kollektiven Autorenschaft ersetzt werden müsste. Die Veranstaltung Autor = Gestalter (8. März) widmet sich den Arbeiten von Jenna Gesse und Juli Gudehus, die ihre Werke von der Idee bis zum fertigen Buch komplett in Eigenregie umgesetzt haben. Hier wird interessant werden, mit wem die beiden ihre Kompromisse schließen mussten und womit man allgemein am meisten hadert, wenn von der Idee bis zur Umsetzung alles aus der eigenen Hand kommt.

ZEITmagazin: Wie sind die Paare oder Kombinationen der Gäste für die verschiedenen Abende zusammengekommen?

Mark Kiessling: Alle die eingeladen sind haben bei dem Wettbewerb eine Auszeichnung erhalten oder eine Rolle gespielt, zum Beispiel als Jury-Mitglied. Aus thematischen Zusammenhängen oder Übereinstimmungen haben sich dann die Themen und Gäste der Abende ergeben – so werden zum Beispiel Gaston Isoz und Helmut Völter, beide solide Typografen und Buchgestalter, am 23. Februar über die Zusammenhänge von Idee, Konzept und Form diskutieren.

ZEITmagazin: Was ist das Besondere an dem Lyrik- Buch „Die ganze Zeit“ von Oswald Egger und Nina Knapitsch, die damit im Jahr 2010 den ersten Preis der Stiftung Buchkunst errungen hat?

Mark Kiessling: Die Gestaltung des Buches bezieht sich voll und ganz darauf, wie Oswald Egger in seinem lyrischen Text das fortlaufende Nachdenken über das Denken beschreibt. Der eigenwillige Satz unterstreicht seine sprachlichen Experimente nicht nur, sondern macht sie teilweise erst möglich. „Die ganze Zeit“ ist also nicht nur mit Bedacht gesetzt, sonder wirklich Zeile für Zeile typografisch erarbeitet. Ein wunderbares Beispiel für die bereits oben erwähnte kollektive Autorenschaft.

ZEITmagazin: Wann empfinden Sie persönlich ein Buch als schön?

Mark Kiessling: Da ich selbst Gestalter, also ein eher visueller Mensch bin, beurteile ich ein Buch zugegebener Maßen als erstes nach dem Äußeren. Aber ich habe auf diese Art sicherlich schon vieles in die Hand genommen, was mich rein thematisch sonst nicht erreicht hätte. Umgekehrt, habe ich mit schlecht gemachten Titeln so meine Probleme, denn eigentlich gibt es keinen guten Grund für schlechte Gestaltung. Kurz: Inhalt und Form müssen miteinander können, dann ist es mir egal ob es sich um einen Groschenroman oder hohe Buchkunst handelt.

ZEITmagazin: Immer wenn ich auf den Straßen Berlins einen „do you read me?!“- Beutel sehe, stimme ich automatisch das gleichnamige Lied von Ghinzu an. Andere haben sofort den Song von Rory Gallagher im Ohr – Absicht?

Mark Kiessling: Da könnte ich jetzt noch weniger mitsingen, als an Weihnachten die dritte Strophe von Stille Nacht… Nein, die Namenswahl ist ganz und gar nicht musikalischen Ursprungs.

Die Fragen stelle Marisa Schulz

 

 

 

Das heitere Zitat

„Und nichts ist leichter als das“

 

Der letzte Satz aus dem Buch „Meine Flucht aus den Bleikammern von Venedig“ von Giacomo Casanova, neu erschienen bei C. H. Beck textura

 

Das Book Look Book

(c) bookwithabeard.com

Ein Buch über Menschen, die Bücher angucken, ist ein Book Look Book – von Jörg Koopmann, erschienen im reizenden Münchner Kleinstverlag Book with a beard

 

Der Künstler Guy Laramee

(c) Guy Laramee

(c) Guy Laramee

ZEITmagazin: Wie kommt man auf die Idee, Landschaften aus Büchern zu schneiden?

Guy Laramee: Während meines Masters in Anthropologie habe ich gleichzeitig in einer Metallwerkstatt gearbeitet. Auf einmal kam mir die Idee, ein Buch in einen Sandstrahler zu legen und BOOM – da war die Idee!

ZEITmagazin: Woher bekommen Sie die Bücher, die Sie für Ihre Werke benutzen?

Guy Laramee: Von Antiquariaten. Neuerdings bieten Leute mir ihre alten Bücher an. Bitte lasst das! Mein Lagerraum quillt über!

ZEITmagazin: Welche Art von Büchern nehmen Sie für Ihre Arbeit? Müssen sie bestimmte Kriterien erfüllen?

Guy Laramee: Unterschiedlich… Ich kaufe welche, ich finde Dinge, die mich beeinflussen und inspirieren. Früher habe ich nur Enzyklopädien und Wörterbücher benutzt – ich mochte Jorge Luis Borges , der nicht nur Schriftsteller, sondern auch Bibliothekar war, und die Landschaften Gerhard Richters, beide haben mich sehr beeinflusst. Jetzt bin ich offener. Für mein Werk „The Great Wall“ habe ich chinesische und japanische Bücher  benutzt.

ZEITmagazin: Viele Menschen erachten Bücher als etwas Heiliges und Unantastbares. Sie offenbar nicht.

Guy Laramee: Aus anthropologischer Sicht ist das, was ich mache, eine Opferung. Während des Rituals wird das Opfer heilig, gerade weil es geopfert wird. Manche Menschen würden das Opfer gern vor seinem Schicksal retten. Aber in diesem Denken zeigt sich, dass ihnen der Gedanke an die Vergänglichkeit aller Dinge nicht bewusst ist. Damit meine ich, dass Dinge und Menschen nicht für immer leben, und wir uns um sie kümmern müssen. In meiner Arbeit möchte ich zeigen, dass nichts endgültig ist, nicht unsere Gewissheiten über Welt, in der wir leben.

ZEITmagazin: Hatten Sie ein schlechtes Gewissen, als Sie Ihr erstes Buch zerschnitten haben? Wie fühlt es sich an, ein Buch zu zerstören?

Guy Laramee: Manchmal fühle ich mich schlecht. Es gibt heilige Texte, und ich habe es bis heute nicht übers Herz gebracht, diese Bücher kaputt zu machen. Die Bibel zum Beispiel. Ich würde niemals einen Koran zerschneiden, weil ich weiß, dass ich damit Menschen verletzten würde. Aber staubige Enzyklopädien sind okay. Die landen früher oder später sowieso auf dem Müll.

Die Fragen stellte Marisa Schulz