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Proust-Fragebogen für Blogger (40)

 

(c) Maria Therese Laub

Sine Cecilie Laub und Kristoffer Dahy Ernst konnten sich wohl nur vorübergehend von ihrem großartigen Blog Fuck you very much trennen. Ende 2010 hinterließen sie einen eindrücklichen letzten Eintrag mit den Worten „We’ll never come back“, doch seit Anfang letzten Jahres sind sie wieder da und mit ihnen ihre charmante Fotoauswahl an Schönem, Lustigem, Modischem und Nacktem. Das Besondere an dem „visuellen Tagebuch“ der beiden dänischen Freunde sind die Bildunterschriften – nämlich ihre ebenso persönlichen wie originellen Assoziationen, ohne die die Bilder nur halb so schön wären.

Was ist für Sie das vollkommene Blog? Drei Worte: Authentizität, Originalität, Einfachheit: Etwas, was einen wieder kommen lässt.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Mit uns, gegenseitig.

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Katzenvideos anschauen, die Arbeit anderer Leute entdecken (Fotografie, Musik, Filme usw.), Pornos gucken, die weltweiten Nachrichten lesen, lange Lesemomente genießen, nach Reisezielen suchen.

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Kurzgeschichten schreiben, zu David Bowie tanzen, in den Nahen Osten reisen, in Wäldern wandern, über Politik und Gender diskutieren, ein Nickerchen in einem „Sonnenregenguss“, Falafel essen, amerikanische Literatur lesen, Fahrrad fahren and küssen.

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? Wenn es zu naheliegend wäre, aufrichtig zu sein.

Ihr Lieblingsheld im Netz? Julian Assange, Arianna Huffington, greenkitchenstories.com.

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Der späte Christopher Hitchens, Judith Butler, Aung San Suu Kyi, Lars Von Trier, Karen Blixen, Win Butler, Albert Camus, unsere Schwestern.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Es raubt einem die Zeit. Böse, anonyme Menschen.

Was stört Sie an Bloggern am meisten? Unkritische „Modeblogger“, die Modejournalismus entwerten, indem sie über Konsum und Shoppen schreiben

Was stört Sie an sich selbst am meisten? S: Ich bin manchmal sehr abgelenkt. K: Ich kann nicht gut mit Stresssituationen umgehen.

Ihr glücklichster Moment als Blogger? Wir bekommen viele Emails von unseren Lesern aus der ganzen Welt. Und entschuldigt bitte, machmal haben wir nicht die Zeit, alle zu beantworten. Aber wir lesen sie alle und sind immer sehr dankbar, von unseren Lesern zu hören. Ein anderer glücklicher Moment war, als zwei Leute aus Deutschland entschieden haben, unsere Facebook-Seite ins Leben zu rufen. Wir waren sehr geschmeichelt und sind sehr dankbar.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Dass das Blog immer noch läuft

Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Wir hätten gerne eine Stimme wie Francoise Hardy, Tanzmoves wie Michael Jackson, ein Schreibtalent wie John Steinbeck und ein Gehirn wie Foucault.

Ihre größte Extravaganz? Essen zum Mitnehmen

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Einen Drang, zu fliehen

Ihr Motto? Arbeite hart und sei nett zu deinen Mitmenschen. Play it safe and be cool. Variation ist die Norm. Biologie liebt Variation, die Gesellschaft hasst sie.

 

Blogger, die unseren Fragebogen auch ausgefüllt haben 

 

Das Book Look Book

(c) bookwithabeard.com

Ein Buch über Menschen, die Bücher angucken, ist ein Book Look Book – von Jörg Koopmann, erschienen im reizenden Münchner Kleinstverlag Book with a beard

 

Die neue PurpleBOUTIQUE

(c) Purple Institute

Wer nach diversen Fashionweeks immer noch nicht genug von Mode hat, der kann sich mal in der Purple-Boutique umsehen, Olivier Zahms neuen Onlineshop. Er ist Chef des französischen Modemagazins Purple, in dem es ziemlich wild zugeht (freizügige Shootings und sehr ausgelassene Partys, hier dokumentiert). Aber Zahm ist auch einer der erfolgreichsten Köpfe der Modewelt. So überrascht es nicht, dass nach Magazin, Fernsehen, Buchverlag und Blog jetzt ein Onlinestore folgt – für Mode, Accessoires, Bücher und Magazine.

 

Stil in Berlin x Voo Store

(c) Mary Scherpe

(c) Mary Scherpe

(c) Mary Scherpe

Mary Scherpe studierte eigentlich Kunstgeschichte und Japanologie in Berlin, gründete aber 2006 den Streetstyle Blog „Stil in Berlin“ und ist seitdem als Fotografin bekannt. Als einer der ersten versuchte sie die Stimmung und den Stil der Großstadt, in ihrem Fall vor allem den Berlins, in ihren Bildern festzuhalten. Seit Januar 2009 ist auch der Kanadier Dario Natale für „Stil in Berlin“ unterwegs. Mary Scherpe fotografiert auch Kollektionen verschiedener Designer und hält regelmäßig einen Workshop über Modeblogs auf der Premium, der Berliner Modemesse. Für die Fashion Week kreierten Dario und Mary einen kleinen Shop-in-Shop im Kreuzberger Concept-Store Voo, der noch bis zum 28. Januar läuft.

 

ZEITmagazin: Welche Idee steckt hinter „Stil in Berlin x Voo Store“?

Mary Scherpe: Dario und ich haben 20 unserer Lieblingssachen aus Film, Musik und Mode ausgesucht und im Concept-Store Voo in Kreuzberg zu einem kleinen Shop-in-Shop „kuratiert“. Davon sind nur wenige Sachen aus dem Laden selbst, wie zum Beispiel die Diamond Lamp, die ich mir einmal selbst im Voo Store gekauft habe. Den Rest haben wir bestellt. Trotzdem gibt es von jedem unserer Lieblingsteile nur zwei bis drei Stück. Außerdem hängen im Laden Bilder, die wir für unseren Blog „Stil in Berlin“ gemacht haben. Es sind Fotos aus der „At Home“-Serie, für die wir Leute zuhause besucht und in ihren Wohnungen porträtiert haben, zum Beispiel den Theaterregisseur René Pollesch.

ZEITmagazin: Wie seid Ihr bei der Auswahl vorgegangen?

Mary Scherpe: Ich habe mich in meiner Wohnung umgeschaut und mir überlegt, welche Sachen ich gern um mich herum habe und welche mir etwas gebracht haben. Das sind zum Beispiel meine zwei Lieblingskochbücher, genauso wie „The civil contract of photography“ von Ariella Azoulay, die sich mit der Verantwortung des Fotografen gegenüber den eigenen Bildern auseinandersetzt. Dabei ist auch Thomas Bernhards Roman „Auslöschung“, der auch von Fotografie handelt. Und mein Lieblingslippenstift von Uslu Airlines. Dario hat unter anderem ein Hemd von Julian Zigerli, The Fran Lebowitz Reader und die sechsstündigen „Szenen einer Ehe“ auf DVD von Ingmar Bergmann ausgesucht. Wenn man sich die Sachen anschaut, kann man, glaube ich, etwas über uns erfahren. Wir haben nicht unbedingt an die Käufer gedacht, sondern eine sehr persönliche Auswahl getroffen.

ZEITmagazin: Warum habt ihr euch für den Voo Store entschieden?

Mary Scherpe: Ich kenne Herbert Hoffmann, den Einkäufer des Ladens, schon sehr lange. Dario und ich haben hin und her überlegt, ob wir etwas zur Berliner Fashion Week machen wollen. Ich fand es schon länger sehr spannend und reizvoll einen Shop-in-Shop zu machen. Dann haben wir ganz kurzfristig mit Herbert und den beiden Besitzern Kaan und Yasin Müjdeci alles besprochen und am Dienstag vor der Fashion Week mit einem netten Event mit türkischem Tee und Keksen eröffnet. Der Voo Store hat sich einfach angeboten. Das Sortiment im Laden setzt sich auch aus ganz unterschiedlichen Bereichen zusammen. Die haben sowohl Spülmittel als auch Highend Lederjacken. Da passte das sehr gut.

ZEITmagazin: Was macht für Sie einen guten Concept-Store aus?

Mary Scherpe: Das steht und fällt mit der Auswahl des Ladens, also ob der Einkäufer einen guten Job macht. Es gibt mittlerweile sehr viele Concept-Stores in Berlin, und man sieht immer wieder die gleichen Dinge. Da muss man als Einkäufer wahnsinnig hinterher sein, und das ist Herbert. Er findet Sachen, die nicht überall beworben werden oder „fancy“ sind, aber eben wahnsinnig gut. Zum Beispiel eine Lippenfettcreme der schwedischen Armee. In Skandinavien ist sie etwas ganz Alltägliches und kann in jeder Apotheke gekauft werden. Im Voo Store sieht es nach einem komplett durchdesigntem Teil aus, ist aber sehr simpel, einfach gut. Diese Mischung aus alltäglichen Produkten, die man nicht so leicht findet, und luxuriösen Dingen finde ich toll. Und außerdem kostet in dem Laden nicht jedes Teil 300 Euro.

Die Fragen stellte Inga Krieger

 

Proust-Fragebogen für Blogger (38)

(c) Janina Schwager

Janina Schwager hat eine Organisation gegründet, die das von zuhause Weglaufen unterstützt. Getarnt ist diese Organisation als ein Mode- und Fotografieblog. Oder ist es andersrum? Ist es ein Blog, der als Organisation getarnt ist, die eigentlich …? Na, egal. Es gibt jedenfalls was zu sehen: manchmal Hüte, manchmal pinke Haare, manchmal abgewetzte Kunstleder-Sofas, immer schicke Models. Janina sagt: „Ich will Möglichkeiten zeigen, sich frei auszudrücken.“ Von zuhause weglaufen sei eine solche Möglichkeit. Auf ihrem Blog kann man sich anschauen, wie man dabei gut aussieht.

Was ist für Sie das vollkommene Blog? Mich faszinieren persönliche, freimütige, aufrichtige Blogs. Das sind die Blogs, an denen ich hängen bleibe und in denen ich mich verlieren kann. Blogs, die nicht das geringste Interesse an Vollkommenheit hegen.

Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Ich identifiziere mich nicht mit anderen Menschen.

Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Das Fahnden nach Neuem, auf jedem Gebiet. Am meisten freue ich mich über Künstler-Neuentdeckungen.

Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Bilder, Filme, Menschen, Tiere, Konversationen (kommt drauf an), feiern, Musik, Magazine, Bücher, schlafen.

Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? In Entschuldigungs-Mails an Professoren. Sonst eigentlich nie.

Ihr Lieblingsheld im Netz? Neslihan. Philosophie & Wahnwitz unterlegt mit passenden Gifs. Wirkt nicht verstörend, sondern immer beruhigend. Wie oben erwähnt, freut es mich, wenn Menschen ihren Gedankenkot so frei und unbeschwert im Internet niederlassen. Davon sollte sich jeder Blogger mal ’ne Scheibe abschneiden.

Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Die Wörter Held und Wirklichkeit heben sich in meiner Welt gegenseitig auf.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? Offenheit, Neugier, Swagger.

Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen? Direktheit, Tatendrang, Unbeschwertheit.

Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Instagram Bilder, Penetrante Werbung und die Meldung „Dieses Video enthält Content von WMG. Es ist in deinem Land nicht verfügbar.“

Was stört Sie an Bloggern am meisten? Besonders das gestörte Konsumverhalten einiger Fashion-Blogger macht mir Angst.

Was stört Sie an sich selbst am meisten? Ich bin ziemlich ungeduldig und die Zerstreutheit kann auch ab und zu mal anstrengend werden. Ich mache allerdings Fortschritte.

Ihr glücklichster Moment als Blogger? Zu sehen, dass ich mich in Wojtek’s Lesezeichenleiste befinde.

Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Wenn mir Menschen sagen, dass sie sich von meinem Blog inspiriert fühlen, ist das jedes Mal eine Errungenschaft. Außerdem habe ich ziemlich coole Leser. Das macht mich auch ein bisschen stolz.

Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Ich würde gern besser mit Worten umgehen können. Ich habe eine unerklärliche Schwäche für Fremdwörter und gut formulierte Texte, sehe mich aber manchmal nicht in der Lage, einen vernünftigen Satz zu bilden.

Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden? Wiedergeburt, puh, schwieriges Thema. Wenn schon, dann wahrscheinlich lieber als Qualle.

Ihre größte Extravaganz? Nach ’nem durchfeierten Wochenende besser aussehen als davor.

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Zuversichtlich.

Ihr Motto? Ich kann mich unmöglich auf ein absolutes Motto festlegen. Das entspricht nicht meiner Wesensart.

Blogger, die unseren Fragebogen auch ausgefüllt haben 

 

Irving Penn Ethnos

(c) The Irving Penn Foundation

(c) The Irving Penn Foundation

(c) Condé Nast Publications

Bekannt wurde Irving Penn als Mode- und Porträtfotograf, doch zog es ihn jahrzehntelang nach Afrika, Lateinamerika und Malaysien, wo er indigene Volksstämme fotografierte. Diese Arbeiten werden ab morgen, den 2. Dezember, erstmals unter dem Titel ETHNOS in der Bernheimer Fine Old Masters Galerie in München ausgestellt. Sehenswert!

 

 

Achtung Mode: Neo Nadja

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

(c) Ralph Mecke

Eckhart Nickel schreibt im Editorial der aktuellen „Achtung“ folgendes:
„Es ist ein Paradox der Pop- und auch der Modekultur, dass unsere Generation viele ihrer lichtesten Momente nachts und in den dunkelsten Kellern und Fabriketagen der Städte erfahren hat. Als die FAZ neulich ihre klassische Musikkritikerin Julia Spinola um fünf Uhr früh ins Berghain in Berlin schickte, um vom Mysterium zu berichten, das dort geschieht, war das ein kultureller Moment, der zu erhellenden Einsichten führte: Berghain ist das Bayreuth unserer Zeit, „das Brüten in einer Art Klanguterus, Regressionsnähe und synästhetisches Versinken als mehr oder weniger uneingestandene Ziele einer doch irgendwie auf sinnliche Überwältigung ausgerichteten Ästhetik. Auch die mythenumrankte Exklusivität des Ortes und seine kultivierte Hermetik verbinden das Berghain mit dem Festspielhaus: hier die unberechenbare Tür, dort die unerfindlichen Kriterien der Kartenvergabe, beide Male verbunden mit der lustbesetzten Qual des Wartens. Und in beiden Fällen sucht man den Exzess an exterritorialen Orten“. Wir haben die Walküre unter den Model-Ikonen der Techno-Neunziger, Nadja Auermann, inzwischen dreifache Mutter, noch einmal mit Fotograf Ralph Mecke durch jene exterritorialen Orte, die Tempel unserer Generation von Tresor bis Cookies, geschickt. Weil sie Neo Nadja und ihre große Zeit prägten wie nichts sonst neben ihnen. In den Bildern kommt aber auch zum Vorschein, dass sich die Tiefendimension der Schönheit erst dann zeigt, wenn die normale Halbwertzeit eines Models längst abgelaufen ist“.

 

Where is Japan

(c) Andri Pol

(c) Andri Pol

(c) Andri Pol

Wer seinen Japanhorizont erweitern möchte, sollte sich die Ausstellung von Andri Pol „Where is Japan“ anschauen. Der Schweizer Fotograf zeigt uns Bilder, die man so nicht kennt und vor allem nicht erwartet. Sumo-Ringer in der Telefonzelle? Sicher, wieso nicht. Solch skurrile Momente und andere erwarten einen in der vhs-photogalerie in Stuttgart bis zum 29.01.2012