Marcel Proust machte den Fragebogen, wie man ihn sich Ende des 19. Jahrhunderts in den Pariser Salons zum geistreichen Zeitvertreib herumreichte, zum so genannten “Proust-Fragebogen” – seine Antworten gehören quasi zum Kanon der Weltliteratur. Was zu Prousts Zeiten die Salons waren, sind heute die Blogs. Deshalb haben wir unsere Lieblingsblogger gebeten, den Prousts Fragebogen für uns auszufüllen – wobei wir die Fragen natürlich dem digitalen Zeitalter angepasst haben.
In unserer zweiten Folge widmet sich Frederik Frede dem Fragebogen. Er ist der Macher des Blogs „Freunde von Freunden“: ein Interviewmagazin, das kreative Menschen vorstellt. Was die Gespräche mit Fotografen, Modedesignern oder Galeristen so lesenswert macht, ist ihre Offenherzigkeit und Ehrlichkeit. Vielleicht hat das damit zu tun, dass die Interviewpartner an ihrer Wirkungsstätte plaudern, in ihren Studios und Ateliers. Illustriert werden diese Besuche mit großformatigen Fotos. Im vergangenen Jahr hat „Freunde von Freunden“ in der Kategorie „Webmagazin des Jahres“ den Lead Award in Silber gewonnen.
Was ist für Sie der vollkommene Blog? Einen vollkommenen Blog gibt es meiner Meinung nach nicht. Ein vollkommener Blog würde im Umkehrschluss ja bedeuten, dass sich das Internet nicht mehr weiterentwickelt, und das wäre gleichbedeutend mit einer Katastrophe.
Mit welchem Blogger identifizieren Sie sich am meisten? Ich identifiziere mich eigentlich nicht mit Bloggern im Speziellen, sondern eher mit den Inhalten, Themen und Ideen eines Blogs.
Was ist online Ihre Lieblingsbeschäftigung? Ideen per Skype direkt auszutauschen und zu realisieren, wie schnell man online Dinge umsetzen kann.
Was ist offline Ihre Lieblingsbeschäftigung? Reisen, die Welt erkunden und das Leben genießen.
Bei welcher Gelegenheit schreiben Sie die Unwahrheit? Beim Ausfüllen von Stundenzetteln (Nachweise über erbrachte Arbeitsleistungen, Red.) ist es manchmal doch recht schwer, einen ganzen Monat zu rekonstruieren – womit wir auch direkt bei der Sinnhaftigkeit dieser Praxis wären.
Ihr Lieblingsheld im Netz? Oliver Reichenstein von „Information Architects“, weil er beweist, wie man Benutzerfreundlichkeit und gute Gestaltung miteinander verbindet.
Ihr Lieblingsheld in der Wirklichkeit? Der Zeitschriftenerfinder Tyler Brûlé, weil er mithilfe seines internationalen Netzwerks auch ohne Internet allen Verlagen zeigt, wie man mit Qualität Erfolg haben kann.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie im Netz begegnen? Ehrlichkeit und Authentizität.
Welche Eigenschaften schätzen Sie an Menschen, denen Sie in der Wirklichkeit begegnen? Das entspricht den Eigenschaften, die ich auch im Netz schätze.
Was mögen Sie im Netz am wenigsten? Alles, was zu lange lädt oder sinnlos versteckt ist, und ganz besonders den Satz „Dieses Video ist in ihrem Land nicht verfügbar“.
Was stört Sie an Bloggern am meisten? Der Unterschied zwischen realer Person und digital aufgebautem Image.
Was stört Sie an sich selbst am meisten? Das würde hier den Rahmen sprengen.
Ihr glücklichster Moment als Blogger? Wenn wir spontane E-mails von Leuten aus weit entfernten Ländern bekommen, die unsere Seite gerade erst entdeckt und den ganzen Sonntag damit verbracht haben.
Was halten Sie für Ihre größte Errungenschaft als Blogger? Das Veröffentlichen von Inhalten ohne Verlags, Kunden- , Werbe- oder PR-Abhängigkeit.
Über welches Talent würden Sie gern verfügen? Fliegen, Atmen unter Wasser und Reiten.
Als welcher Blogger möchten Sie gern wiedergeboren werden? Nur als Blogger wiedergeboren zu werden, wäre mir ein bisschen zu einseitig.
Ihre größte Extravaganz? Keinen Kühlschrank, kein Auto und kein TV zu besitzen.
Ihre gegenwärtige Geistesverfassung? Entspannt.
Ihr Motto? Live a Little