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Eine Kirche wird zur Synagoge

 

Eine ehemalige katholische Kirche wird in Speyer zu einer Synagoge umgebaut. Damit erhält die Stadt wieder ein jüdisches Gotteshaus, sieben Jahrzehnte nach der Zerstörung der früheren Synagoge durch die Nationalsozialisten. Wie die rheinland-pfälzische Staatskanzlei am Dienstag mitteilte, stehen die Verhandlungen zwischen Land und Stadt kurz vor dem Abschluss. «Mit dem Bau kann bald begonnen werden», sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) laut Mitteilung.
Die neue Synagoge mit Gemeindezentrum soll rund 2,5 Millionen Euro kosten. Die ehemalige katholische Kirche wird bereits seit Jahren nicht mehr genutzt. Die Jüdische Kultusgemeinde bringt 750 000 Euro für den Synagogenbau auf, die restliche Summe teilen sich je zur Hälfte das Land und die Stadt Speyer. Speyer sei wie Mainz und Worms ein außerordentlich bedeutsamer Ort in Deutschland für die Geschichte des Judentums, sagte Kulturministerin Doris Ahnen (SPD). «Dieser Bedeutung soll durch ein repräsentatives Gemeindezentrum, das auch als Synagoge dienen wird, Rechnung getragen werden.»

Erstaunlich. Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde am Karfreitag für „die treulosen Juden“ (pro perfidis Judaeis) gebetet, daß sie zu Christus finden mögen. Und hat der Papst nicht eben noch die Juden verärgert, weil er die Karfreitagsfürbitte wieder einführen will, wenn auch ohne den „perfiden“ Zusatz? Und doch: Zugleich ist es möglich, den Juden eine aufgegebene Kirche zu überlassen, in der sie ihr anderes Gebet zum gleichen Gott beten werden, wahrscheinlich unbeeindruckt von den Fürbitten der katholischen Brüder und Schwestern.

Aber was für ein Symbol, eine solche Umwidmung! In Speyer, diesem einstigen Zentrum deutscher Judenheit.

Eine Kirche in eine Moschee umzuwidmen – dieser Gedanke fällt heute schwerer, nicht zuletzt wegen der zunehmenden Christenverfolgung in islamischen Ländern. Aber: Auch das wird früher oder später passieren, da bin ich ganz sicher, auch wenn es kein globales quid pro quo geben wird, bei dem Kirchen in verlassenen Moscheen Saudi-Arabiens entstehen.  Doch dies ist ein schwieriger Gedanke. Warum?

Wäre es denkbar, eine Synagoge als Kirche umzunutzen? Schwer, und zwar nicht nur in Deutschland. Das hat etwas mit dem Anspruch des Christentums zu tun, das Judentum gleichsam aufzuheben  –  „wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis“.

Ähnlich stellt sich der Islam zu Christentum und Judentum als endgültige Offenbarung. Und darum wäre eine Umwidmung einer Kirche zu einer Moschee (nach dem Ayasofya-Modell) so heikel.

Ängste gibt es auch vice versa: Man denke an die türkische Paranoia beim Papstbesuch im vorletzten Jahr – es wurde ventiliert, er würde in der Moschee beten und sie damit zu einer Kirche machen.

Das alles macht die Wandlung von Speyer so wundersam.