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Kongress im Keller

 

Eine kleine Anekdote aus dem Zentrum des verhinderten Anti-Islam-Kongresses. von Christoph Herwartz

Auf dem Bahnsteig unter dem Kölner Flughafen versammelten sich heute 100 bis 150 höchst unterschiedliche Menschen. Darunter eine Rentnerin aus Leverkusen, die sich in ihrer Stadt unsicher fühlt, ein kahl rasierter Mann mit dem Wort „Nationalist“ auf dem Pullover und die Spitzen der rechts-populistischen Parteien „Pro Köln“, „Vlaams Belang“ und „FPÖ“. Eigentlich hatte diese Gruppe geplant, auf dem Heumarkt in der Kölner Innenstadt eine große Kundgebung zum „Anti-Islamisierungs-Kongress“ abzuhalten. Doch dieser Plan scheiterte in allen Ansätzen. Schon am Freitag waren alle Veranstaltungen wegen Widerstands der Bevölkerung ins Wasser gefallen, nun kamen die wichtigsten Funktionäre wegen einer Blockade der Gleise nicht einmal mehr vom Flughafen weg. Dort wollten die „Pro Köln“-Mitglieder ihre Kollegen aus verschiedenen Ländern abholen, die dort teilweise mit Bussen, teilweise per Flugzeug angekommen waren.

Der Anführer der „Pro Köln“-Partei Markus Beisicht stellte sich dann gegen 11.45 Uhr im Flughafen-Bahnhof vor seine Gäste und verkündete eine Kaffeepause. Anschließend wollte er statt der geplanten Kundgebung auf dem Heumarkt eine Pressekonferenz an Ort und Stelle abhalten. Allerdings waren kaum Journalisten und keine Kamerateams vor Ort. Mit „Wir-sind-das-Volk“-Rufen feierten sich die Rechten selbst. Die Kaffeepause zog sich also hin, und keiner wusste, worauf er eigentlich wartete. Eine Frau äußerte die Hoffnung, von dieser Keller-Veranstaltung würde ein noch größeres Signal ausgehen, als es bei einer Veranstaltung auf dem Heumarkt möglich gewesen wäre. Das „Pro NRW“- und Ex-CDU-Mitglied Jörg Uckermann bezeichnete die linken Demonstranten als „Schramma-SA“ (weil Kölns CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma die Unterstützung linker Demonstranten nicht zurückgewiesen hatte).

Mangels Alternative ließen die Rechten ihren Frust verbal an Polizisten und Journalisten aus. Letztere trafen mit der Zeit vereinzelt ein, drei Kamerateams (RTL, WDR und der Lokalsender center.tv) waren da, als der „Pro Köln“-Chef dann das Wort ergriff und die üblichen Parolen in die kleine Menge brüllte (ein Mikrofon hatte er nicht). Weil keiner wusste, ob oder wann wieder Züge fahren würden, löste sich die Veranstaltung dann auf. Die Belgische Delegation reiste noch am Samstag mit Bussen wieder ab.

Was hat also stattgefunden in Köln? Neben großen Demonstrationen für Toleranz in der Innenstadt haben sich im Flughafen eine Handvoll Rechtsradikale versammelt und sich selbst gefeiert. Man sollte die Gefahr, die von rechtsextremen Anzugträgern ausgeht, nicht unterschätzen. Mit ihrer Argumentation und Rhetorik erreichen sie ein größeres Publikum als die NPD. Aber dieses Wochenende war ein gutes für die Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit. Im Kampf um die Straße musste „Pro Köln“ sich nämlich geschlagen geben. Es bleibt der Kampf um die Köpfe.