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Historiker räumen mit dem „Opfermythos Dresden“ auf

 

Auch in diesem Jahr wollen Nazis am 13./14.02. in Dresden aufmarschieren, um der “hunderttausenden Toten des anglo-amerikanischen Terrorangriffs” (NPD-Pressemitteilung) im Februar 1945 zu gedenken. Der NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel sorgte in diesem Zusammenhang 2005 im Sächsischen Landtag mit dem Begriff “Bomben-Holocaust” für Schlagzeilen, der einen Holocaust an den Deutschen suggerieren soll. Der Aufmarsch hat für Nazis eine zentrale Bedeutung, da er die Deutschen wahnhaft als eigentliche Opfer des 2. Weltkriegs zu etablieren versucht – und damit gleichzeitig die NS-Vernichtungsfabriken und den industriellen Massenmord an den europäischen Juden relativiert.

Auch wenn es die Nazis nicht von ihrer Propaganda abhalten wird: Der Bericht der Dresdner Historikerkommission beendet die Spekulationen um die Zahl der Toten und räumt in zentralen Punkten mit dem „Opfermythos Dresden“ auf.

Historikerkommission 2004 eingesetzt

Die Stadt Dresden hatte die Kommission 2004 mit der Klärung der Frage beauftragt, wie viele Menschen durch die Luftangriffe ums Leben gekommen waren. Die meisten Historiker gingen bisher von ca. 35.000 Toten aus. Nazis sprechen hingegen von 250.000 Toten und mehr und scheinen offensichtlich der offiziellen Zahl der Dresdner Zivilverwaltung und Polizei von 1945 (sie gingen von 25.000 Opfern aus) einfach eine Null mehr angehängt zu haben.

„Keine Beweise oder belastbaren Indizien“

Nach dem Bericht der Kommission, der auf dem Deutschen Historikertag im Herbst 2008 vorgestellt wurde, sind 18.000 Tote sicher nachgewiesen worden. Die Experten gehen zugleich davon aus, dass bei den alliierten Luftangriffen auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945 maximal 25.000 Menschen ums Leben kamen. Es gebe „keine Beweise oder belastbare Indizien“ dafür, dass diese Zahl wesentlich abweichen könnte, heißt es in dem Bericht. Die Historikerkommission schloss zugleich „mit Sicherheit“ aus, dass im Februar 1945 neben Dresdner Einwohnern zugleich auch Zehntausende Flüchtlinge ums Leben kamen.

„Kein systematischer Beschuss“

Ebenso erklärten die Experten in ihrem Bericht, dass keine Belege für einen „systematischen Beschuss“ der Dresdner Bevölkerung mit Bordwaffen englischer oder amerikanischer Jagdflugzeuge gefunden wurden. Dafür wurden Angaben von mehr als 250 Zeugen analysiert und angegebene Schauplätze untersucht – beispielsweise nach Munition. Diese angebliche „Jagd“ durch Alliierte Flieger wird in der Nazi-Propaganda ebenfalls noch sehr gerne verbreitet.

Die Nazis ignorieren historische Fakten

Den Nazis sind solche Ergebnisse – wie nicht anders zu erwarten- egal. Da wird der Historikerkommission von der NPD kurz die „Erstellung eines Gefälligkeitsgutachtens“ unterstellt, historische und geschichtswissenschaftliche Belege salopp zur Seite gewischt und dennoch zum „Trauermarsch“ nach Dresden mobilisiert.

Dennoch ist das Ergebnis der Historikerkommission vom argumentativen Wert nicht zu unterschätzen, hatten die Nazis mit ihrem „Trauermarsch“ doch bisher versucht, an bürgerliches Gedenken in Dresden anzuknüpfen. Dies wird für sie nun ungleich schwerer sein, da ihre wahnhafte Opferposition nun auch von offizieller Seite diskreditiert ist und als nicht diskutierbar gilt.

Breite Proteste in Planung

Umso wichtiger ist dennoch, dass sich breiter Widerstand gegen diesen zentralen Nazi-Aufmarsch organisiert: Von einer antifaschistischen Bündnisdemonstration bis hin zu breiten, bürgerlich getragenen Protestaktionen (Geh Denken!) befinden sich vielfältigste Initiativen und Aktionen in Vorbereitung, um das Propaganda-Spektakel der Nazis zu stoppen.