Der Berliner Islamgegner René Stadtkewitz ist aus der CDU ausgetreten. Seine Abkehr von der Partei kam nicht überraschend. In den letzten drei Jahren vollzog Stadtkewitz einen stetigen Radikalisierungs- und Ideologisierungsprozess. Wie geht es weiter mit dem umstrittenen Abgeordneten?
Die Reaktionen auf dem Neu-Rechten Internetportal „Politically Incorrect“ über den Parteiaustritt des Berliner CDU-Abgeordneten René Stadtkewitz sind gespalten: Während die einen den ehemaligen CDU-Kreisvorsitzenden von Berlin-Pankow für seine „Glaubwürdigkeit“ als den „deutschen Gerd Wilders“ feiern, fürchten die Anderen er katapultiere sich aus der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Zwar hieß es in der Berliner Zeitung vom 2.11., die CDU wolle den Islamgegner Stadtkewitz wieder integrieren, doch betitelte dieser selbst, dass sein Austritt „unumkehrbar“ sei. In einer offiziellen Erklärung kritisierte der bisherige Sprecher für Baupolitik die fehlende Unterstützung der CDU-Führung gegen die Kritik der früheren Ausländerbeauftragten Barbara John an einer für dem 4. November angekündigten gemeinsamen Veranstaltung der Berliner CDU-Fraktion mit dem Landesverband der rechtskonservativen Vereinigung Pax-Europa unter dem Titel „Der Islam – ein Integrationshemmnis?“.
Es war ein Austritt mit Ankündigung. Stadtkewitz gilt als einer der Hauptprotagonisten im Moscheestreit in Berlin-Pankow-Heinersdorf. Mit seiner kompromisslosen Öffentlichkeitsarbeit gegen die Ahmadyya Muslim Gemeinde sorgte er im Schatten des Abgeordneten-Wahlkampfes im Sommer 2006 für Aufsehen. Am 10.08.2006 wurde auf sein Haus ein Brandanschlag verübt. Zuvor hatte Stadtkewitz Drohbriefe erhalten. Zwar verwies die Staatsanwaltschaft auf mögliche persönliche Hintergründe, doch wurde die Tat von der Anti-Moschee-Initiative IPAHB und Stadtkewitz selbst vor allem der „linksextremistischen Szene“ zugeschrieben – bisher ohne jeden Beweis.
Opfermythos Stadtkewitz
Der Brandanschlag verhalf Stadtkewitz, wenn auch ungewollt, zu einer großen Resonanz in der „Neuen Rechten“. Deren Zentralorgan, die „Junge Freiheit“, halluzinierte Stadtkewitz in der „Falle der Antifa“. Der Opfer-Mythos Stadtkewitz wurde geboren. Und auch die angeblichen Täter waren klar ausgemacht: linke „Gutmenschen“ und Medienvertreter, welche die sogenannte „Political Correctness“ vertreten würden. Laut Rechtsextremismusforscher Gessenharter stellt diese in den Augen der „Neuen Rechten“ eine „rigide heuchlerische Pseudomoral“ dar, welche sich in verschwörungstheoretischer Manier durch Sprach- und Denkregulierungen hervortue. In einem parteiintern heftig kritisierten Interview mit der „Jungen Freiheit“ vom 08.09.2006 prangerte Stadtkewitz die angebliche Entfremdung von „Volk“ und „Politikern“ an. Den Auftakt für einen gesellschaftlichen Prozess der „Entdemokratisierung“ machte der ehemalige CDU-Politiker in der von den 68ern inspirierten Auffassungen von Einwanderung, Integration und Multi-Kulti aus.
Der damalige CDU-Generalsekretär und heutige Landes- und Fraktionsvorsitzender, Frank Henkel, äußerte damals, er persönlich hätte der „Jungen Freiheit“ kein Interview gegeben. Die parteiinterne Isolierung von Stadtkewitz verstärkte sich mit dem ernüchternden Ergebnis der Pankower CDU zu den Wahlen des Berliner Abgeordnetenhauses und der Pankower Bezirksverordnetenversammlung. Die Anti-Moschee-Kampagne von Stadtkewitz blieb aber nicht wirkungslos: NPD und Republikaner erhielten deutliche Stimmenzuwächse.
Während Stadtkewitz nun schrittweise aus den Parteigremien verdrängt wurde, radikalisierte und ideologisierte sich der frühere CDU-Politiker zunehmend. Während er im Moschee-Streit stets die Ahmadyya Muslim Gemeinde gesondert angriff, fand er im Sommer 2007 auf einer Demonstration der IPAHB deutliche Worte gegenüber „dem Islam“ im Allgemeinen: „Jeder einzelne könnte sich integrieren, nicht aber der Islam. Der Islam ist in Europa nicht integrierbar.“ Vor diesem Hintergrund erweist sich der Veranstaltungstitel für den 04.11. „Der Islam – ein Integrationshemnis?“ als Farce.
Pax-Europa „brandgefährlich“
Stadtkewitz ließ nicht locker. In seinen Reden inszenierte er sich als Vertreter des „gesunden Menschenverstandes“ und warf seinen Gegnern „faschistische Methoden“ vor. Dies schweißte den verbliebenen Kern der Heinersdorfer Moscheegegner noch enger zusammen, wie zur Eröffnung der Moschee am 16.10.2008, als 200 Protestierende, darunter auch rund 30 Neonazis von NPD und anderen neonazistischen Gruppen, zum letzten Gefecht riefen. Einige Wochen zuvor gründete Stadtkewitz zusammen mit dem Vorsitzenden der IPAHB, Joachim Swietlik, am 30.09.2008 den Landesverband der „Bürgerbewegung Pax-Europa Berlin-Brandenburg“. Der Verein sieht sein Ziel in der „Bewahrung der christlich-jüdischen Tradition“ und will „über die schleichende Islamisierung Europas“ aufklären. Zwar distanziert sich die Vereinigung offensiv von Rechtsextremisten, doch kann diese Selbstdarstellung durchaus angezweifelt werden, trat doch der Gründer von „Pax Europa“, Udo Ulfkotte, Anfang Dezember des gleichen Jahres auf Grund einer von ihm gesehenen „Unterwanderung durch Rechtsextremisten und Radaubrüder“ von seinem Vorsitz zurück. In einer Pressemitteilung äußerte der „Starautor“ der deutschen Islamgegner-Szene und früherer FAZ-Redakteur Ulfkotte ferner, dass er den von ihm gegründeten Verein inzwischen für brandgefährlich halte Umso interessanter scheint hier die Tatsache, dass René Stadtkewitz nach dem Ausscheiden Ulfkottes in den Bundesvorstand von „Pax Europa“ nachrückte. Anlass für den Rücktritt Ulfkottes war die Veröffentlichung von Postkartenmotiven durch Mitglieder des Pax-Europa-Bundesvorstandes, worauf Muslime als Schweine, Pädophile und Terroristen abgebildet wurden.
Ausblick
Die rechtskonservative Vereinigung „Pax Europa“ wurde gegründet, um ein Sammelbecken von Islamgegnern verschiedenster Couleur zu schaffen. Nach der Vision von Ulfkotte sollte die Vereinigung dazu dienen, eine „wertkonservative“ und „islamkritische“ Partei rechts der CDU aufzubauen. Doch scheint dieses Ziel in weiter Ferne. In jene Marktnische drängt die „Pro-Bewegung“, welche bereits angekündigt hat, zu den Berliner Abgeordnetenhauswahlen 2011 anzutreten. Dass Stadtkewitz sich dieser Vereinigung oder etwa den marginalisierten „Republikanern“ anschließt, wird sogar von der Mehrzahl der PI-Leserschaft bezweifelt. Stadtkewitz, so scheint es, richtet sich vielmehr auf seine Rolle als Märtyrer der deutschen Islamgegner-Szene ein. Seine politische Bedeutungslosigkeit hat er damit besiegelt.