Ex-Chef Eckart Bräuniger will wieder an der Spitze der desolaten Berliner NPD mitmischen. Für den 1. Mai kündigt die militante Szene einen bundesweiten Naziaufmarsch in der Hauptstadt an.
Von Tagesspiegel-Redakteur Frank Jansen
Es sieht nicht gut aus für die Berliner NPD. Mitglieder laufen weg, der Vorsitzende hat kaum Autorität, die Zahl der Bezirksverordneten ist geschrumpft. Die NPD in der „Reichshauptstadt“ sei nicht mehr ernst zu nehmen, heißt es in der rechten Szene. Das könnte sich jedoch ändern. Offenbar steht die Rückkehr eines alten Bekannten bevor, der in Partei und Szene mehr Respekt genießt als der Noch-Landesvorsitzende Jörg Hähnel, Szenespitzname „Hähnchen“. Er hatte 2008 den Chefposten vom wuchtigen Ex-Kroatienkämpfer Eckart Bräuniger übernommen, der nun wieder eine dominierende Rolle spielen will. Bräuniger plant, sich in „verantwortungsvoller Funktion im Landesvorstand in die politische und organisatorische Leitung des Landesverbands einzubringen“, wie er dem Tagesspiegel mitteilte. Welche Position der manchmal sprunghafte Bräuniger anstrebt, ist aber noch offen.
Sollte er wieder in Berlin mitmischen, geriete das ultrarechte Spektrum noch stärker in Bewegung. Im Jahr vor den Wahlen zu Abgeordnetenhaus und Bezirksverordnetenversammlungen zeichnen sich Umbrüche ab. Mit Bräuniger würde die NPD wieder an Kraft gewinnen. Unterdessen wächst neue Konkurrenz heran. Der Schwede Patrik Brinkmann, der mit seiner russischen Frau über Millionen verfügen soll und 2007 in Zehlendorf eine Villa erwarb, will in Berlin einen Ableger der islamfeindlichen „Pro“-Bewegung aufbauen. Mit dem Ziel, 2011 an den Wahlen teilzunehmen.
Auch die Neonazi-Szene will auftrumpfen. Für den 1. Mai wurde nach jahrelanger Abstinenz ein Aufmarsch angemeldet. Wird er nicht verboten, ist ein größerer Auftritt der extrem aggressiven „Autonomen Nationalisten“ zu erwarten, die der Berliner Verfassungsschutz als „größte Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung“ einstuft.
Dieses Milieu könnte Bräuniger, der angesichts seiner kriegerischen Biografie viel Ansehen bei Neonazis genießt, wieder stärker an die Berliner NPD heranführen. Es käme ihm auch zugute, dass er die in der Szene als „verbonzt“ geltende Bundesführung der Partei im Frühjahr 2009 abrupt verließ. Obwohl erst im April auf dem Parteitag in Berlin zum Generalsekretär gewählt, machte sich Bräuniger davon. Auch den Sitz in der BVV Treptow-Köpenick gab er auf. Von einem Trotzwinkel außerhalb Berlins verriss Bräuniger die Idee von NPD-Chef Udo Voigt, mit einer „Strategiekommission“ der Partei neue Impulse zu geben, als „hausgemachten Schwachsinn“. Inzwischen hat Bräuniger den Ton gemäßigt.
Selbst mit Voigts Segen erfordert jedoch ein Einstieg bei der desolaten Berliner NPD Leidensfähigkeit. Der Verband ist von 330 Mitgliedern auf 250 (plus 40 „Junge Nationaldemokraten“) geschrumpft. Durch die Abgänge verlor die Partei zwei Vizechefs, eine Kreisvorsitzende nach einer „Pornoaffäre“ sowie je einen Sitz in den Bezirksverordnetenversammlungen Neukölln und Marzahn-Hellersdorf. In der BVV Treptow-Köpenick hingegen rückte für Bräuniger eine Parteifrau nach. Die kommunalpolitische Bilanz der NPD, die 2006 in vier BVVen einzog, ist mager.
Sollte Bräuniger die Partei nicht wiederbeleben können, dürfte sie weiter ausfransen. Profitieren würde die Neonazi-Szene, aus der heraus schon die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) dirigiert werden. JN-Chef in Berlin ist der Ex-Anführer der „Kameradschaft Tor“, die Innensenator Ehrhart Körting 2005 verbot. Dass die JN als Scharnier zwischen NPD und Neonazis nur begrenzt der Erosion der Partei entgegenwirken können, zeigt der Fall der von Körting im November aufgelösten Neonazi-Vereinigung „Frontbann 24“. Der Schwarzhemdtrupp war Sammelbecken enttäuschter NPD-Leute. Wo sie nun hindriften, bleibt unklar.