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Paradoxer geht’s nimmer: Prof. Michael Wolffsohn im Interview mit „Zuerst!“

 

In der ersten Ausgabe der rechten Monatszeitschrift „Zuerst!“ wimmelte es noch vor etablierten Autoren der rechtskonservativen Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF). Dass dies dem Chef am Hohenzollerndamm, Dieter Stein, kaum geschmeckt haben dürfte, liegt auf der Hand. Doch mit dem „Autorentausch“ ist nun offenbar wieder Schluss. Dafür steht nun in der zweiten Ausgabe von „Zuerst!“ ausgerechnet der Historiker Michael Wolffsohn Rede und Antwort.

Der Inhalt des Interviews über die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist belanglos, der Vorgang als solcher jedoch nicht. Die Zeitschriftenneugründung des Verlegers Dietmar Munier war nämlich selbst hart gesottenen Konservativen zuviel. Die JF beispielsweise lehnte eine Anzeige anlässlich des Starts des Magazins ab und verzichtete so auf nicht unerhebliche Einnahmen. Derselbe Hintergrund dürfte auch dafür verantwortlich sein, dass von JF-Autoren wie Thomas Paulwitz, Wilhelm Hankel und Jürgen Liminski in der aktuellen Ausgabe von „Zuerst!“ nichts mehr zu sehen ist. Und selbst Schnellroda schlug die Türen zu. Munier wolle doch nur „seine eigene Militaria- und Devotionalienklientel um jene Teile von rechts von der Mitte ergänzen, die sich nicht für Panzer und Reichsparteitage interessieren (…) (Zuerst! ist, M.B.) jedenfalls etwas, das wir nicht brauchen“, ätzte Kubitschek in einem Beitrag des Sezession-Blogs, der heute schon gar nicht mehr online ist.

Um so kurioser mutet allerdings die Tatsache an, dass ausgerechnet der Historiker Prof. Dr. Michael Wolffsohn von der Bundeswehruniversität München in einem Interview zu Wort kommt. Wolffsohn war nämlich, offenbar ohne sein Wissen, im Jahr 1991 einmal zu der Ehre gekommen, mit einem Interview in der JF vertreten zu sein. Seinerzeit argumentierte der in Tel Aviv geborene Wolffsohn für eine wehrhafte Bundeswehr und gegen den „amtlich verordnete(n) und geschützte(n) Philosemitismus“ in Deutschland.

Als die JF mit ihm allerdings auch noch Werbebroschüren verzierte, wurde es Wolffsohn zu bunt. „Wir hatten ihn in einer Imagebroschüre als Interviewpartner erwähnt. Er hat uns die Verbreitung anwaltlich/gerichtlich untersagen lassen“, so JF-Chefredakteur Dieter Stein. Dies hatte offenbar den Hintergrund, dass Wolffsohns Interviewpartner diesen im Unklaren darüber ließen, in welcher Zeitung das Interview abgedruckt würde. Mit ihm sprachen seinerzeit ausgerechnet Ulrich Fröschle und Michael Paulwitz.

Und so entsteht die kuriose Situation, dass selbst Deutschlands konservative Rechte mit dem neuen Schmuddelkind „Zuerst!“ nichts zu tun haben will, während Wolffsohn, der seinerseits mit der JF nichts zu tun haben wollte, in der aktuellen Ausgabe munter über die DDR plaudert. Hat Wolffsohn auch diesmal nicht gefragt? Wir wissen es nicht.