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Der braune Biker aus der Oberpfalz

 

NPD-Funktionär Sascha Roßmüller 2008 beim NPD-Parteitag in Bamberg   © Getty
NPD-Funktionär Sascha Roßmüller 2008 beim NPD-Parteitag in Bamberg © Getty

Gern pflegt man bei der NPD das Image des Saubermanns. Die Biografie des Parteifunktionärs Sascha Roßmüller will dazu nicht passen: Er ist Mitglied des Rockerklubs „Bandidos“.

Von Christoph Schulze

Er ist einer der wichtigsten Führungskader der rechtsextremen NPD, einer Partei die sich gerne als Kämpfer gegen „Überfremdung“, Drogen und Kriminalität präsentiert. Jetzt wurde bekannt, dass der NPD-Funktionär Sascha Roßmüller ausgerechnet zur Führungsriege der Motorrad-Gang „Bandidos“ in seinem Heimatort Regensburg gehört, wie die bayerische Polizei am Mittwoch bestätigte. Nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks versuchen die „Bandidos“ derzeit im östlichen Bayern über von ihnen betriebene Sicherheitsfirmen die Türsteher-Szene in den Griff zu bekommen. So könnten die Rocker kontrollieren, welche Drogenhändler in wessen Auftrag Rauschgift in den Klubs verkaufen. Jetzt streitet die Szene wie man mit dem „Kamerad auf Abwegen“ umgehen soll.

Deutlicher ist die Widersprüchlichkeit der „Nationaldemokraten“ wohl kaum zu veranschaulichen. Da schimpft die NPD in einer aktuellen Erklärung über die betrunkene Autofahrt von Margot Käßmann und lässt kein gutes Haar an der zurückgetretenen Chefin der evangelischen Kirche: „Wasser predigen, Wein trinken“, „doppelte Moral“, „nicht tragbar“, „kriminelle Bischöfin“ heißt es von der Parteispitze. Und nun das. Vorzeige-Funktionär Roßmüller ist offenkundig Mitglied bei den ganz harten Jungs. Mit den „Hell’s Angels“ sind die Bandidos in einen blutigen und bisweilen tödlichen Konkurrenzkampf um Drogen und Macht verwickelt.

In ihrem Parteiprogramm fordert die NPD die Todesstrafe bei „schwersten Fällen des Drogenhandels“ und sie will „die Tolerierung des  Rauschgifthandels durch die Justizbehörden und die hinter ihnen stehenden politischen Machthaber“ beenden. Das Treiben Roßmüllers tolerierte sie indes stillschweigend. Er ist in der Partei-Nomenklatur nicht irgendeine Randfigur, sondern war jahrelang Chef der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“, Mitarbeiter des Parteiorgans, bis im vergangenen Jahr saß er im Bundesvorstand und aktuell ist er Vizechef der Partei in Regensburg sowie „parlamentarischer Berater“ bei der sächsischen Landtagsfraktion in Dresden. Auf den Internetseiten der NPD ist Roßmüller, Jahrgang 1972, in einem adretten Jackett zu sehen. Auf der Seite der „Bandidos“ aus Regensburg posiert er in voller Bikermontur mit Lederkutte und Armeehosen, Arm in Arm mit seinen  Rockerbrüdern. Auf einem Foto macht er mit der Hand die Geste einer Pistole.

Auf „Altermedia“, dem bekanntesten Internetportal der rechtsextremen Szene, finden sich schon mehr 100 Kommentare zu den Enthüllungen um Roßmüller. Die Neonazis können sich nicht so recht einigen, ob man einem NPD-Funktionär die Mitgliedschaft bei den „Bandidos“ zubilligen sollte oder nicht. „Was soll daran jetzt so schlimm sein?“, wundert sich ein User. „Jeder soll in seinem Mofaclub selig werden“, zeigt sich ein anderer tolerant. Ein Dritter findet gar „Da wird mir der Roßmüller plötzlich richtig sympathisch.“ Viele Schreiber üben sich aber auch in deutlichen Abgrenzungen: „Der Bastard gehört aus der NPD entfernt“, „NPD-Mitglieder, die gleichzeitig in einer kriminellen Vereinigung tätig sind, verlieren ihre Glaubwürdigkeit und gehören ausgeschlossen.“ Wieder andere finden das Bikertum selbst ganz in Ordnung, halten aber speziell von den „Bandidos“ nichts, denn dort seien Leute“aus allen Volks- und Rassezugehörigkeiten“ zu finden. Ein paar Kommentatoren weisen darauf hin, dass Roßmüller angeblich schon seit vielen Jahren in Bikerkreisen aktiv sei und dies auch in der „nationalen Bewegung“ allgemein bekannt gewesen sein soll.

Die Episode um Sascha Roßmüller zeigt ein grundsätzliches Phänomen bei den organisierten Neonazis auf: Das Milieu, aus dem die NPD Teile ihres Personals schöpft, ist nicht nur stramm rechts, sondern auch tief verstrickt in krawall-orientierten Rechtsrock, Gewaltexzesse oder kriminelle Machenschaften.

Peter Borchert, früherer Landesvorsitzender des kleinen NPD-Landesverbandes in Schleswig-Holstein, ist beispielsweise ebenfalls inzwischen bei den „Bandidos“. Er wird von der Polizei verdächtigt, an einer Messerstecherei gegen „Hell’s Angels“-Mitglieder beteiligt gewesen zu sein. Borchert ist inzwischen parteilos, engagiert sich aber nach wie vor als „harter Kerl“ – in der rechtsextremen „Aktionsgruppe Kiel“.