Der Auftritt der Neonazis am 1. Mai auf dem Kurfürstendamm in Berlin dürfte Folgen haben: Den Störern drohen nun Strafen wegen Landfriedensbruchs.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Die Angst der Neonazis vor einer weiteren Schmach war groß und hat sie vermutlich zu einem Abenteuer verleitet, das viele teuer bezahlen werden. Um am 1. Mai in der „Reichshauptstadt“ einer Niederlage wie am 13. Februar in Dresden zu entgehen, wo mehr als 6000 Rechtsextremisten von Nazigegnern am Marschieren gehindert wurden, hat die Szene jetzt offenkundig eine Doppelstrategie probiert. Während sich der für die angemeldete Demonstration vorgesehene Versammlungsplatz an der Bornholmer Brücke nur langsam füllte, fuhr ein Trupp von 300 „Kameraden“ nur bis zum S-Bahnhof Halensee, um den Kurfürstendamm heimzusuchen. „Das war mit hoher Wahrscheinlichkeit geplant“, hieß es am Wochenende in Sicherheitskreisen. Da die Neonazis befürchtet hätten, in Prenzlauer Berg über eine Kundgebung nicht hinauszukommen, sei offenbar die Ku’damm-Aktion inszeniert worden.
Die wenigen Polizisten, die mit den Neonazis in der S-Bahn saßen, wurden vom plötzlichen Ausstieg am Bahnhof Halensee überrascht. So konnte der Mob in Richtung Adenauerplatz rennen. Unterwegs wurden Passanten attackiert. Zwischen Adenauerplatz und Olivaerplatz stoppten Einsatzkräfte die Neonazis. Einige griffen die Polizei an und bekamen vor allem von der Berliner Spezialeinheit PMS (Politisch Motivierte Straßengewalt) eine harte Antwort. Die als handfest bekannten Beamten zogen Schlagstöcke und brachten renitente Neonazis zu Boden. Da hoben andere Rechtsextremisten die Hände und legten sich von selber auf den Bürgersteig. Die 1992 gegründete PMS ist speziell für die rechte Szene zuständig. Gegen die festgenommen 286 Neonazis wurden Verfahren wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch eingeleitet. Die Straftat wird mit einer Geldstrafe oder Haft geahndet. Nach Informationen des Tagesspiegels prüfte zudem die Staatsanwaltschaft, zwei Haftbefehle zu beantragen.
Als Drahtzieher der Ku’damm-Randale gelten Ex-Mitglieder der 2005 von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verbotenen „Kameradschaft Tor“. Ihr ehemaliger Anführer, Björn W., ist heute Chef des Berliner Verbands der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“. Er wurde auch am Kurfürstendamm festgenommen. Der Veranstalter des Aufmarschs in Prenzlauer Berg, Sebastian Schmidtke, behauptete gegenüber der Polizei, von der Ku’damm-Aktion nichts gewusst zu haben. Schmidtke zog mit 700 weiteren Neonazis, darunter Szenegrößen wie Christian Worch und Thomas Wulff, durch den Kiez, bis er angesichts der Blockaden der Nazigegner selbst anbot, die Demonstration zur Bornholmer Brücke zurückzuführen.