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Pressefest der Deutschen Stimme bei Görlitz

 

Der Landkreis Görlitz in Sachsen muss am 7. August mit mehreren Tausend ungebetenen Besuchern rechnen. Mehr als 2.000 Neonazis werden bei dem so genannten „Pressefest“ der NPD-Zeitung Deutsche Stimme in der Nähe von Niesky bei Görlitz erwartet. Entsprechende Informationen bestätigte Alrik Bauer vom sächsischen Landesamt für den Verfassungsschutz. Ein Sprecher der Polizeidirektion Oberlausitz-Niederschlesien sagte auf Anfrage, die Behörde bereite sich auf einen entsprechenden Einsatz am 7. August vor. Die Organisatoren des NPD-Festes hatten bislang nur vage von Ostsachsen als Veranstaltungsort gesprochen. Nach Bauers Angaben soll das „Pressefest“ am Quizdorfer Stausee bei Niesky stattfinden.

Die Wahl des Ortes ist kein Zufall, denn das Gelände gehört zum „Niederschlesischen Feriendorf“, hinter dem der bayrische Zollbeamte und langjährig aktive Neonazi Helge R. steckt. Betrieben wird das weitläufige „Feriendorf“ offiziell von seiner Ehefrau Änne, Helge R. tritt meist als Investor in Erscheinung.

Rechtsextreme Aktionen trotz Warnungen

Pressefest 2006 mit Neonazi-Security

Bereits 2002 hatte Bauer dem mdr gesagt: „Wir können davon ausgehen, dass die kommunalen Verantwortlichen, die regionalen Verantwortlichen durch unsere frühzeitige Information zu diesem Zeitpunkt zumindest in Kenntnis gesetzt waren, dass dort rechtsextremistische Aktivitäten in dem Niederschlesischen Feriendorf ablaufen und auch in Kenntnis gesetzt waren über die rechtsextremistischen Bezüge der Betreiber.“. Doch die Hinweise fruchteten offenbar nicht, denn das Ehepaar hat bis heute immer mehr Grundstücke an dem See erworben. Trat der Zollbetriebsinspektor im Landkreis Görlitz anfangs nicht politisch in Erscheinung, kandidierte er bei den Kommunalwahlen 2008 für die rechtskonservative „Deutsche Soziale Union“ (DSU).

Feste feiern im Feriendorf

Im Sommer 2009 fand das erste Mal ein NPD-Fest auf dem Anwesen bei Niesky statt, im Juni dieses Jahres folgte der sog. „Sachsentag“ der Jungen Nationaldemokraten (JN). Gäste hatten jedoch schon vorher rechtsextreme Veranstaltungen im „Feriendorf“ beobachtet, die zumindest teilweise Ähnlichkeiten mit Ferienlagern der mittlerweile verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) aufwiesen. Vor Ort, bemängeln Kritiker, spiele der rechtsextreme Hintergrund keine Rolle: so feiere die Lokalpresse R. „in diversen Artikeln immer wieder als engagierten Tourismus – Investor. Eine Auseinandersetzung mit Redeker und seinen geschichtsrevisionistischen und revanchistischen Aktivitäten findet schlicht und einfach nicht statt“. Eine schriftliche Anfrage der grünen Bundestagsabgeordneten Monika Lazaar zum Thema an das Bundesamt für den Verfassungsschutz aus dem Mai dieses Jahres blieb mit dem Verweis auf „verfassungsrechtlich verankerte Geheimdienstinteressen“ unbeantwortet.

Pressefest mit Rechtsrockbands

Inzwischen verstorben: Rechtsrock von Michael Müller 2006 in Dresden

Derweil läuft die Mobilisierung für das „Pressefest in Ostsachsen weiter. Die Veranstalter kündigten insgesamt acht Redner an, drei von ihnen aus dem Ausland. Darunter befinden sich Alexander Kamkin aus Moskau, Alberto Torresano aus Madrid und Tomislav Sunic als Vorsitzender der „American Third Position Party“. Sein Vortrag zum Thema „Wem nutzt der Krieg in Irak und Afghanistan? “ soll vor allem die JN-Kampagne „Raus aus Afghanistan!“ bewerben. Doch die eigentliche Hauptattraktion des DS-Events sind weder Redner noch Verkaufsstände: die Besucherzahl hängt vor allem von den auf dem Fest auftretenden Bands ab. Die Liste für den 7. August lässt einen regen Zulauf an den sonst idyllischen Stausee befürchten. Neben dem obligatorischen Frank Rennicke erwarten die Veranstalter u.a. die in Nazikreisen höchst populären Bands „Brutal Attack“ aus Großbritannien, sowie„Sleipnir“ und „Sturmwehr“ aus Nordrhein-Westfalen.

Neonazis 2006 im Dresdner Regen

Seit der ersten Veranstaltung mit ca. 1500 Neonazis im Jahr 2001 hat sich das „Pressefest“ zu einem der größten Treffen der rechtsextremen Szene entwickelt. Bei der bislang letzten Veranstaltung 2006 in Dresden-Pappritz wurden knapp 5.000 Neonazis gezählt, in den folgenden Jahren fiel das Pressefest aus. Die inzwischen nach unten korrigierte Zahl von ursprünglich 3.000 auf 2.000 Teilnehmer wirkt in diesem Zusammenhang eher unwahrscheinlich.