Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Erneuter Brandanschlag auf Hausprojekt in Dresden

 

In der Nacht vom 23. zum 24. August verübten Unbekannte einen Brandanschlag auf ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Pieschen. Gegen sechs Uhr morgens landete ein Molotov-Cocktail in einem Zimmer im 3. Stock, wo zu diesem Zeitpunkt gerade ein Bewohner schlief. Glücklicherweise konnte der Brandsatz seine Wirkung nicht voll entfalten, sodass der Bewohner das Feuer schnell löschen konnte. Es wurde niemand verletzt. Als Reaktion auf die Anschläge gibt es am Donnerstag dem 26.8. umd 18.30 Uhr in Dresden eine Demonstration am Alexander Puschkin Platz.

Statement der Beratungsstelle für Betroffene rechtsmotivierter und rassistischer Gewalt

Nur wenige Nächte zuvor war ein alternatives Wohnprojekt in Dresden-Löbtau Ziel eines vermutlich rechtsmotivierten Brandanschlags geworden. Wie bereits in diesem Falle war es auch vergangene Nacht nur dem Zufall zu verdanken, dass durch das Feuer kein Mensch verletzt oder gar getötet wurde.

Dass auch der Anschlag in Dresden-Pieschen einen rechten Hintergrund hat, halten die Bewohnern des Hauses für sehr wahrscheinlich. Schon seit Jahren war die Robert-Matzke-Str. wiederholt zum Ziel von Neonazi-Angriffen geworden. 2005 attackierte die Gruppierung „Assi-Pöbel“ mehrfach das Hausprojekt. Bis die Polizei 2006 gegen die Gruppe durchgriff. Der Prozess wegen Landfriedensbruch blieb jedoch erfolglos. Stattdessen setzten sich die Angriffe fort. Erst im November 2009 attackierte ein Gruppe von 15 bis 20 Neonazis das Haus mit Steinen. Die Ermittlungen wegen Landfriedensbruch wurden jedoch eingestellt. Im März dieses Jahres tauchten unter anderem in Pieschen Aufkleber mit dem deutlichen Aufruf zu Straftaten auf: „Robert-Matzke-Strasse 16. Antideutsche Strukturen Angreifen!“ Zu sehen auf dem Sticker ist das Foto des Hausprojektes. Auch diese Ermittlungen sind ergebnislos eingestellt.

Deutliche Drohung - Neonazipropganda, die vor dem Anschlag in der Umgebung verklebt wurde

„Seit Jahren sind das Hausprojekt in Pieschen und seine Bewohner Ziel von Neonazi-Angriffen. Strafrechtliche Konsequenzen für die Täter gab es bisher kaum. Schleppende Ermittlungen, eingestellte Verfahren, jahrelange Verfahrensdauer wirken auf die Täter ermutigend. Nun war es kein Stein mehr, sondern ein Molotov-Cocktail der in ein Zimmer geworfen wurde, wo gerade jemand schlief. Dieser versuchte Mord zeigt die massive Gefahr, die von neonazistischer Gewalt ausgeht. Ein deutliches Signal von Polizei und Justiz ist erforderlich.“ betont Andrea Hübler, Mitarbeiterin der Opferberatung Dresden des RAA Sachsen e.V.

Es ist der zehnte Brandanschlag in Sachsen in diesem Jahr. Neben Imbissen, die – wie zuletzt in Freiberg – aus rassistischen Motiven angezündet wurden, wurden Personen die sich gegen Rechts engagieren zum Ziel solcher Anschläge. Erst im Februar brannte das Auto des Linken Kreisgeschäftsführers Sächsische Schweiz – Osterzgebirge komplett aus, im Juni waren es die Fahrzeuge zweier Mitarbeiter_innen des Treibhaus e.V. in Döbeln.


Stellungnahme des Kulturbüro Sachsen e.V.

Neue Dimension rechtsextremer Gewalt – Kulturbüro Sachsen e.V. solidarisiert sich mit den Betroffenen der Brandanschläge in Dresden

In der Nacht vom 23. auf den 24.08.2010 wurde ein Mordanschlag auf Bewohner eines alternativen Wohnprojektes in Dresden-Pieschen verübt. Ein Molotov-Cocktail landete in einem Schlafzimmer in der dritten Etage der Robert-Matzke-Straße 16, in welchem zu diesem Zeitpunkt eine Person schlief. Es ist ein großes Glück, dass bei diesem Anschlag niemand zu Schaden kam, weil der Brandsatz rechtzeitig gelöscht wurde.

Außenansicht, des durch die Flammen zerstörten Zimmers

Dieser Brandanschlag ist bereits der zweite dieser Art in Dresden innerhalb von einer Woche und der zehnte Brandanschlag von Rechtsextremen im Jahr 2010 in Sachsen. Am 19.08.2010 zündeten Neonazis ein Zimmer eines alternativen Wohnprojektes in Dresden-Löbtau an. Diese Angriffe auf Leib und Leben von Menschen stellen eine Serie von Brandanschlägen dar, die bereits im Jahr 2008 in Sachsen begann. So wurde am 02.08.2010 vor dem Amtsgericht Bautzen ein Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim in Oppach/Oberlausitz verhandelt und drei der vier rechtsextremen Tatverdächtigen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Kulturbüro Sachsen e.V. – das Kommunen, Vereine und Verbände zum Umgang mit Rechtsextremismus berät – ist äußerst besorgt über die neue Qualität der kriminellen Energie und Neonazi-Gewalt in Sachsen. Der Tot von Menschen wurde bei den Taten billigend in Kauf genommen.

Friedemann Bringt vom Kulturbüro Sachsen e.V. erklärt dazu: „Wir solidarisieren uns mit den Betroffenen der Brandanschläge und können ihre Besorgnis nachfühlen, wenn ihre Lebensgemeinschaften und Kinder von Neonazis bedroht werden. Wir verurteilen diese Anschläge auf das Schärfste und erwarten von den Verantwortlichen in der Stadtverwaltung Dresden ein deutliches öffentliches Zeichen, dass solche Taten nicht geduldet werden. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen und werden die neue Qualität rechtsextremer Gewalt in Sachsen ernst nehmen und mit Nachdruck ermitteln.“


Pressemitteilung der Hausbewohner

Wenige Tage nach dem Brandanschlag auf das linke Wohnprojekt “Die Praxis” in Dresden – Löbtau versuchte am frühen Dienstag Morgen (24.08.2010) ein unbekannter Täter ein Wohnprojekt in Dresden-Pieschen mit einem Molotowcocktail in Brand zu setzen. Der Brandsatz landete in einem Schlafzimmer, in welchem sich zum Zeitpunkt der Tat eine Person aufhielt. Die verwendete Bierflasche zerbrach nicht, so dass der Brand schnell durch einen Bewohner gelöscht werden konnte. Es ist dem Zufall zu verdanken, dass keine Menschen zu Schaden kamen.

Das Wohnprojekt ist seit längerem im Visier von Neonazis. Seit März 2010 wurden in Dresden Aufkleber verklebt, die die Fassade des Hauses zeigen und die Aufschrift “Antideutsche Strukturen – Robert-Matzke-Straße 16 angreifen” tragen. Ermittlungen gegen den presserechtlichen Verantwortlichen, einem sogenannten “Freien Nationlisten” aus Siegen, hat die Staatsanwaltschaft Dresden vor wenigen Wochen eingestellt.

Für das Wohnprojekt stellt der Brandanschlag eine neue Qualität der Bedrohung durch neonazistische Angriffe dar. In der jüngeren Vergangenheit wurden mehrmals Flaschen und Steine auf Fenster des Hauses geworfen.