Jörg Hähnel, ehemaliger Chef der Berliner NPD, ist zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Er hatte rassistische Briefe an Berliner Politiker mit Migrationshintergrund verschickt.
Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen
Er wollte sich als „Ausländerrückführungsbeauftrager“ aufspielen, er schickte Politikern mit Migrationshintergrund diskriminierende Briefe – und bekam jetzt die Quittung. Das Amtsgericht Tiergarten hat am Donnerstag den Ex-Chef der Berliner NPD, Jörg Hähnel (35), wegen zweifacher Volksverhetzung zu zehn Monaten Haft verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Der bereits vorbestrafte Rechtsextremist muss auch je 1000 Euro an die Organisation Human Rights Watch und an die DAV-Stiftung contra Rechtsextremismus und Gewalt bezahlen. Richter Alexander Meckies ging damit noch über das von Staatsanwältin Karen Müller geforderte Strafmaß hinaus. Hähnel nahm es bleich zur Kenntnis. Sein Verteidiger hatte Freispruch gefordert.
Der NPD-Mann hatte kurz vor der Bundestagswahl im September 2009 mit einer derben Provokation versucht, für seine Partei Aufmerksamkeit zu erreichen. Hähnel stellte einen „Fünf-Punkte- Plan zur Ausländerrückführung“ auf die Homepage der NPD und sandte diffamierende Briefe an 22 Berliner Politiker mit Migrationshintergrund. In den Schreiben wird den Adressaten in Form einer „Bekanntmachung“ eines „Ausländerrückführungsbeauftragten“ verkündet, sie hätten Deutschland zu verlassen. Die Briefe gingen an Politiker aller Parteien, mehrere Betroffene wandten sich an die Polizei. Der Angeklagte habe zu Willkürmaßnahmen gegen Menschen mit Migrationshintergrund aufgerufen, sagte Richter Meckies in der Urteilsbegründung am Donnerstag. Hähnel habe Ängste schüren wollen und zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt. Der Richter machte sich allerdings wenig Hoffnung, der Angeklagte werde Einsicht zeigen. Aber das Gericht könne Hähnel mit dem Urteil „möglicherweise dazu bringen, Grenzen einzuhalten“, sagte Meckies.
Zuvor hatten mehrere Politiker, die Hähnel mit den Briefen belästigt hatte, als Zeugen ausgesagt. Als sie das Schreiben gelesen habe, sei ihr „Mölln durch den Kopf gegangen“, sagte Gülaysan Karaaslan, die für die Linkspartei in der Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln sitzt. In Mölln (Schleswig-Holstein) hatten zwei Rechtsextremisten im November 1992 Brandanschläge auf von türkischen Familien bewohnte Häuser verübt, drei Türkinnen starben.
Hähnel ist nach Informationen des Tagesspiegels nicht der einzige NPD-Mann, der wegen der Provokation vom September 2009 mit der Justiz aneinandergeraten ist. Die Staatsanwaltschaft hat auch gegen den Bundesgeschäftsführer der Partei, Klaus Beier, Anklage erhoben. Beier wird ebenfalls Volksverhetzung vorgeworfen, allerdings geht es da nur um die im Internet propagierte „Ausländerrückführung“.