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Pro Köln jetzt auch offiziell verfassungsfeindlich

 

Hemmungslose Islamphobie als Programm: der Vorsitzende der rechtsextremen Gruppierung Pro NRW © Oliver Berg/dpa

Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen hat die Bewertung von islamfeindlichen „Pro“-Gruppierungen verschärft und damit über das Bundesland hinaus ein Signal gesetzt. Der Versuch von „Pro NRW“, „durch ein bürgerliches Gewand den Stempel der Verfassungsfeindlichkeit um jeden Preis zu vermeiden, ist gescheitert“, sagte am Montag Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) in Düsseldorf bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2010. In der umfangreichen Broschüre werden im Kapitel über den Rechtsextremismus „Pro NRW“ und der eng liierten Gruppierung „Pro Köln“ mit zusammen 350 Mitgliedern „tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen“ bescheinigt.

Von Tagesspiegel-Autor Frank Jansen

Im Bericht 2009 war nur von einem „Verdacht“ die Rede, ähnlich hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit Blick auf „Pro Köln“ argumentiert. Es ist nun zu erwarten, dass auch das BfV die „Pro“-Szene härter anfasst.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz hatte sich im Februar in einem Rechtsstreit mit „Pro NRW“ sowohl beim Verwaltungsgericht Düsseldorf als auch beim Oberverwaltungsgericht in Münster durchsetzen können. „Pro NRW“ habe „fortgesetzt mit pauschalierenden, plakativen Äußerungen Ausländer wegen ihrer Abstammung und/oder Religionszugehörigkeit ausgrenzend und als kriminell sowie nicht integrierbar dargestellt“, heißt es im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts. Der Verfassungsschutz erwähnt außerdem in seinem Bericht die mit „Pro NRW“ verbandelte Gruppierung „Pro Deutschland“, die im September in Berlin bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus antreten will. Auch wenn „Pro Deutschland“ erst im Juli 2010 sein „Hauptstadtbüro“ eröffnet hat, sind für den NRW-Verfassungsschutz bereits „Anhaltspunkte für den Verdacht extremistischer Bestrebungen“ zu erkennen.

Das rechtsextreme Spektrum in Nordrhein-Westfalen beziffert der Verfassungsschutz auf 4020 Personen (darunter NPD 750, Neonazis 640, rechte Skinheads und andere braune Subkulturen 1350). „Besorgniserregend“ nannte Innenminister Jäger die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Neonazis und Autonomen. Der Verfassungsschutz stellte im vergangenen Jahr 2790 Linksextreme fest, unter anderem 640 Militante und 1500 DKP-Mitglieder. Genannt werden auch extremistische Zirkel in der Linkspartei.

Die größte Gefahr geht allerdings laut Jäger weiterhin vom islamistischen Terrorismus aus. Der Minister warnte vor dschihadistischer Internetpropaganda. Die Islamische Bewegung Usbekistans versuche, Jugendlichen einzutrichtern, „Schlachtfelder zu besiedeln“.

4500 ausländische Extremisten jeder Couleur halten sich in Nordrhein-Westfalen auf. Im Bericht des Verfassungsschutzes wird zudem die über Tarnnamen laufende Werbung von Scientology bei Youtube und Facebook entlarvt.