Eine Szenekneipe, ein Naziladen und immer wieder Gewalt. Der Stadtteil Schöneweide entwickelt sich weiter zur Hochburg der rechtsextremen Szene in Berlin. Für Samstag ist erneut eine Veranstaltung in dem rechten Lokal „Zum Henker“ in der Brückenstraße geplant, eine „Autogrammstunde“ einer bekannten Neonaziband. Anwohner und Politiker sind alarmiert. Der Verfassungsschutz beobachtet schon länger die bedrohliche Entwicklung im Bezirk.
„Es ist zu befürchten, dass in Wirklichkeit ein rechtsextremes Konzert stattfinden soll“, sagt Matthias Müller von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus. „Über Musik versucht die Neonaziszene den Henker gezielt für Jugendliche attraktiv zu machen, die sich bisher nicht in dieses Lokal trauten“. Angekündigt wird die Berliner Rechtsrockgruppe „Marci und Kapelle“, die auch dem Verfassungsschutz bekannt ist. Zuletzt spielten die fünf Musiker im April auf einem NPD-Konzert im sächsischen Riesa. Freiheit für den inhaftierten Holocaustleugner Horst Mahler forderte der glatzköpfige Sänger „Marci“ auf der Bühne. In drei Wochen soll die Band bei einem Naziaufmarsch in Leipzig auftreten.
Nach Störungsmelder-Informationen verbergen sich hinter dem Namen „Marci und die Kapelle“ Möglicherweise Bandmitglieder von Gruppe „Tätervolk“. Die Band hat sich mit Textzeilen wie „der Rassenkrieg beginnt, seht ihr es denn nicht“ einen Namen gemacht. Ihr einziges Album „In brauner Uniform“ wurde 2009 indiziert. Wegen Volksverhetzung wird gegen die Bandmitglieder ermittelt.
Der stellvertretende Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Michael Schneider (Linke), forderte am Donnerstag erneut die Schließung der Gaststätte. „Politik und Zivilgesellschaft müssen deutlich Präsenz zeigen.“ Schneider kündigte an mit dem Ordnungsamt zu sprechen, damit sichergestellt wird, dass nicht heimlich ein Nazikonzert stattfindet. „Der Staatsschutz muss sich intensiver mit diesen Lokalitäten beschäftigen“, sagte Schneider.
Wirt des Henkers ist der Rechtsextremist Paul Stuart Barrington. Er wurde 2003 zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt, weil er im Internet Fotos von Polizisten und einer Maschinenpistole veröffentlicht hatte. Daneben stand der Satz: „Die Kugel ist für dich.“ Seit der Eröffnung werden regelmäßig die Scheiben des nahe gelegenen Büros von Gregor Gysi (Linke) eingeworfen und Hakenkreuze in der Umgebung gesprüht. Zuletzt attackierten vermummte Neonazis Ende Juni zwei Zivilpolizisten und flüchteten danach in den Henker. Bei einer anschließenden Razzia fanden die Beamten mehrere Waffen.
Ärger gibt es in Schöneweide auch mit dem rechten Geschäft „Hexogen“, der sich direkt neben dem Henker eingerichtet hat. Betreiber ist Sebastian Schmidtke, der im NPD-Landesvorstand sitzt und gute Verbindungen in das militante Spektrum hat. Er war auch der Anmelder des rechtsextremen Aufmarsches im Mai in Kreuzberg, bei dem Neonazis die Polizei überrannten und mehrere Gegendemonstranten krankenhausreif prügelten. Schon der Name des Ladens macht deutlich, an welche Klientel sich das Geschäft richtet. Hexogen ist ein Sprengstoff, der im Zweiten Weltkrieg von der Wehrmacht benutzt wurde. Noch vor der Eröffnung kündigte der Vermieter, doch Schmidtke will den Laden nicht räumen. Jetzt droht ein Rechtsstreit, der sich über Monate hinziehen könnte.