Nachdem dem Antifacamp zunächst ein Platz in Dortmund angeboten wurde, verbot nun die Stadt aus zum Teil fadenscheinigen Gründen die Veranstaltung. Daraufhin wurde zunächst ein provisorisches Camp vor dem Dortmunder Rathaus errichtet. Oberbürgermeister Ulrich Sierau war hingegen nicht bereit, mit den Organisatoren zu sprechen.
Kurze Zeit sah es so aus, als sei alles gut: Dem Antifacamp wurde nach langem Hin und Her eine Parkanlage in der westlichen Innenstadt als Platz zur Verfügung gestellt. Doch wie gestern bekannt wurde, revidierte die Stadt Dortmund ihre Entscheidung und verbot das Camp. In einer Pressemitteilung der Stadt hieß es, „dass nach gesicherten Erkenntnissen von der Anreise gewalttätiger Mitglieder der links-autonomen Szene in einer Größenordnung von bis zu 300 Personen auszugehen ist.“ Das Camp würde sich daher als Rückzugsort für potenzielle Gewalttäter anbieten. Zudem sei damit zu rechnen, dass es zu „erheblichen Provokationen“ von Nazis kommen könnte. Ein ausreichendes Sicherheitskonzept würde ebenfalls nicht existieren. Deshalb sperrte die Polizei gestern den Tremoniapark, in dem das Camp stattfinden sollte, großräumig ab.
Diese Darstellung möchten die Organisatoren des Antifacamps nicht auf sich sitzen lassen. „Die aktuellen Entwicklungen stellen den Höhepunkt einer Provinzposse dar, die ihresgleichen sucht“, sagte Camp-Pressesprecher Tobias Schmidt. Der Verweis auf gewaltbereite Autonome sei ein von der Polizei entworfenes Horrorszenario, dass nicht eingetreten wäre. Zu den Sicherheitsbedenken der Stadt entgegneten die Camp-Organisatoren, dass es sehr wohl ein Konzept gab, welches zusammen mit einem Architekten entwickelt worden sei. „Dies alles wohlgemerkt, nachdem wir zwecks Auflagenerfüllung und Verlangen seitens der Stadt alle nötigen Aufträge für Dixietoiletten, Abwasser, Müllentsorgung, und dergleichen mehr, getätigt haben. Hierdurch sind für uns als Ehrenamtliche Kosten in Höhe von mehreren Tausend Euro entstanden.“ hieß es seitens des Camps.
Nazis jubeln
Dass das Camp auch aufgrund möglicher Provokationen von Nazis verboten wurde sei laut den Camp-Verantwortlichen „ein absolut falsches Signal. Die Nazis jedenfalls werden sich über die Pressemitteilung der Stadt zur Ablehnung des Camps gefreut haben.“ In der Tat: Kurz nach Bekanntwerden des Verbotes twitterten Dortmunder Nazis ihre Freude über die Entscheidung. Bernd Sommer vom Antifacamp sagte: „Dadurch dass die Stadt ihr Verbot wegen Naziaktionen verbietet, lässt sie sich von den Nazis diktieren, ob das Camp stattfindet.“ Die Camp-Organisatoren hegten den Verdacht, dass die Stadt Dortmund nach dem Verbot des „Nationalen Widerstand Dortmund“ ein Antifacamp als nicht mehr notwendig ansehen. „Nur weil ein Name verboten wurde, heißt das doch nicht, dass die Nazis aufhören zu agieren“, meinte Bernd Sommer.
In einer Erklärung des Auschwitz-Komitees zeigte sich Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende ebenfalls empört über das Verbot: “Das ist eine unsägliche, unverzeihliche und folgenschwere Provokation durch die Dortmunder Polizei und die Sicherheitsbehörden. Und eine Kapitulation vor der braunen Suppe. Die Antifas werden mal wieder mit den Nazis auf eine Stufe gestellt. Das sind unglaubliche Zustände hier im Deutschland des Jahres 2012!”
„Jetzt erst recht“
Als Reaktion auf das Verbot schlugen die Camp-Teilnehmer am Freitag kurzerhand ihre Zelte vor dem Dortmunder Rathaus auf und forderten ein Gespräch mit dem Oberbürgermeister Ulrich Sierau (SPD). Doch der lehnte einen Austausch kategorisch ab und verwies auf einen vollen Terminkalender. Das Camp hat mittlerweile einen Solidaritätsaufruf unter dem Titel „Jetzt erst recht“ veröffentlicht, der neben antifaschistischen Gruppen und Parteien auch von Politikern, wie beispielsweise der thüringischen Landtagsabgeordneten Katharina König (Die Linke) unterzeichnet wurde.
Für den heutigen Abend ist vom Camp eine Demonstration angekündigt worden um auf die Situation aufmerksam zu machen. Zudem wurde ein „Platz-Contest“ ausgerufen, bei der alternative Platzvorschläge eingebracht werden können. Eine zunächst für heute angemeldete Nazidemo gegen das Camp wurde von der Polizei wegen dem kürzlichen Verbot des „NW Dortmund“ untersagt. Bernd Sommer sagte: Wir bleiben auf jeden Fall aktiv und stellen uns den Nazis in den Weg“, da auch in den nächsten Tagen mit Aktionen von Nazis zu rechnen sei. Dieser Gedanke scheint nicht falsch zu sein: Heute Nachmittag fand eine NPD Kundgebung in der Dortmunder Innenstadt statt. Teilnehmer waren unter anderem der NPD Bundesvorsitzende Holger Apfel sowie sein Stellvertreter Udo Pastörs.