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Fürth: Einschüchterung als politisches Werkzeug

 

Bayerische Anti-Antifa-Aktivisten schüchtern engagierte BürgerInnen ein.

„Achtung Linksextremistin“ steht großgeschrieben auf den Plakaten rund um ihren Arbeitsplatz. Darauf befindet sich ein Foto der Sprecherin des „Fürther Bündnis gegen Rechts“ und ein diskreditierenden Text.

Die Plakate wurden nachts von Unbekannten angebracht. Verantwortlich für die amateurhaft gestalteten Hetzplakate zeichne sich angeblich die Kriminalpolizei Fürth, ein einfältiger Versuch der Verfasser einigermaßen seriös zu erscheinen. Jedoch ist sicher: Hinter der Tat stecken Aktivisten der „Anti Antifa Nürnberg“ (AAN). Diese konspirative Vereinigung existiert seit Anfang 2001 unter wechselnden Namen. Laut Eigenangabe ist es das Ziel, „gegen alles politisch links stehende zu agieren“ und „richtet sich gegen alle linke Personen, Strukturen aller Art und deren Unterstützer“.

Von 2004 an trat die AAN erstmals im Internet mit eigener Internetpräsenz an die Öffentlichkeit. Bis zu ihrer gezwungenen Abschaltung 2008 wurden auf der Seite über vierzig Rechercheberichte mit ausschließlich diffamierendem Inhalt veröffentlicht. Als Verantwortlicher für die Seite war der amerikanische Neonazi und Gründer der „Nationalsozialistischen Arbeiterpartei Deutschland /Aufbauorganisation“ (NSDAP/AO) Gary Lauck, aufgeführt. Über 200 Menschen wurden dort teilweise mit Namen, Adresse und Bild veröffentlicht. Verbunden waren diese Veröffentlichungen mit einem Aufruf zu Straftaten, seien es Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen. Neben Gewerkschafter, Lehrer und Journalisten waren vor allem vermeintliche linke Aktivisten von den Veröffentlichungen betroffen.

In den Jahren 2004-2009 verübten Neonazis etliche Anschläge auf Wohnungen, Häuser und Autos von Nazigegnern in Fürth, Nürnberg und Gräfenberg. Die betroffenen wurden allesamt vorher im Internet auf der Seite der AAN veröffentlicht. In einem Fall drangen tagsüber sogar mehrere Neonazis in das Wohnhaus einer antifaschistischen Familie aus Fürth ein und besprühten deren Eingangstüren mit Drohparolen. In einem anderen Fall bespritzen Anti-Antifa Aktivisten das Wohnhaus einer antifaschistischen Familie aus Fürth mit schwarzem Lack. Zudem wurden mehrere Autos zerstört (Scheiben eingeschmissen, Reifen zerstochen und mit Farbe besprüht) und die Gewerkschaftshäuser des DGB und der GEW angegriffen.

Seit November 2011 häufen sich die neonazistischen Anschläge in der mittelfränkischen Region erneut. Kurz nach der Haftentlassung des FNS-Kaders Matthias Fischer wurden wieder Autos, Häuser und Infoläden angegriffen. Der qualitative Höhepunkt der rechten Gewalt stellt dabei der Brandanschlag auf das Auto einer antifaschistischen Familie in Fürth dar. In Fürth verursachten die Neonazis seit 2007 mittlerweile einen Sachschaden von weit über 40.000 €.

Seit der Abschaltung der AAN-Internetpräsenz werden die „Anti-Antifa“ Berichte auf der Seite des „Freien Netz Süd“ (FNS) veröffentlicht. Die Neonazis stellen mittlerweile nur Menschen mit Name und Foto ins Netz, von denen sie ausgehen, dass diese Personen des öffentlichen Interesses sind. Als Autor der Bilder ist meist „Kai Zimmermann“ angegeben. Bei ihm handelt es sich um den „Anti Antifa“-Aktivisten Kai Zimmermann aus Fürth. Dieser fungiert auf Demonstrationen neben den bekannten Nürnberger „Anti-Antifa“-Fotografen/Filmern Sebastian Schmaus (Stadtrat der Bürgerinitiative Ausländerstopp Nürnberg) und Michael Reinhardt immer wieder als Filmer von Gegendemonstranten. Videobilder und Fotos, die von den Schmaus, Zimmermann und Reinhardt aufgenommen wurden, erscheinen wenige Tage später dann auch auf der Internetseite des FNS. Zu den Köpfen der „Anti-Antifa“ gehören auch die führenden FNS-Aktivisten Norman Kempken aus Nürnberg und Matthias Fischer aus Fürth. Kempken zählte schon in den 90er Jahren zu den aktivsten Anti-Antifa Aktivisten bundesweit und war maßgeblich an der Erstellung des 1993 erschienenen „Einblick“ beteiligt, eine Zeitschrift in der etliche Namen und Adressen von Antifaschisten und Infoläden in der ganzen Bundesrepublik aufgeführt wurden. Im Einblick wurde auch das Ziel der „Anti-Antifa“ klar formuliert: „die endgültige Zerschlagung von Anarchos, Rot-Front und Antifa“ und gleichzeitig die „Ausschaltung aller destruktiven, antideutschen und antinationalistischen Kräfte in Deutschland“.

Das Bestreben der AAN ist klar, es geht um die Einschüchterung und Diffamierung antifaschistisch aktiver Menschen. Die Neonazis lassen dabei wenige Straftaten aus um den politischen Feind zu bekämpfen: Von Sachbeschädigung über schwere Brandstiftung bis hin zur gefährlichen Körperverletzung.

Gegen solche Diffamierungskampagnen der Neonazis ist vor allem Solidarität und antifaschistische Aufklärungsarbeit wichtig.
Beispiele für erfolgreiche antifaschistische Solidarität gibt es viele. Nachdem die Scheiben im linken „Infoladen Benario“ von Neonazis eingeschmissen wurden, gab es zwei Tage später eine kurzfristig organisierte Solidaritätsdemonstration, an der über 500 Menschen teilnahmen. Nach dem Brandanschlag auf das Auto einer antifaschistischen Familie bei dem ein Sachschaden von mehreren tausend Euro entstanden ist, wurde zudem ein Spendenkonto eingerichtet, welches den entstandenen Schaden schnell deckte.

Demnächst wird es beim Störungsmelder einen ausführlichen Artikel zum Phänomen Anti-Antifa geben.