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„Ein guter Tag für die wehrhafte Demokratie“

 

Ein NPD-Aktivist mit Fahne auf einem Aufmarsch in Berlin © Theo Schneider
Ein NPD-Aktivist mit Fahne auf einem Aufmarsch in Berlin © Theo Schneider

Das NPD-Verbot ist genau richtig. Auch wenn ein neues Verbotsverfahren viele Risiken hat, muss es dennoch versucht werden. Die letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass diese Partei mit ihrer menschenverachtenden Ideologie nicht unter den Schutz der Meinungsfreiheit fällt. Die Rechtsextremisten in Nadelstreifen stellen sich selbst außerhalb des demokratischen Grundkonsenses und haben in der Parteienlandschaft damit nichts zu suchen. Die NPD würde gerne die Demokratie abschaffen. Lieber sollte die Demokratie die NPD abschaffen.

Ein Kommentar von Felix M. Steiner

„Es wird keine zweite Entnazifizierung innerhalb der NPD geben“, sagte Udo Voigt 1997, kaum ein Jahr nach seinem Amtsantritt als NPD-Parteichef. Diese radikale, kompromisslose Haltung machte die Partei in jenen Jahren erst zum Flaggschiff des deutschen Rechtsextremismus. Ein Flaggschiff, das bis heute vor allem für die Szene selbst wichtig ist. Fast fünfzehn Jahre später versucht die NPD sich als Wahlpartei zu etablieren und distanziert sich von den Wurzeln ihres Aufstiegs der 1990er Jahre.

Die NPD ist nach innen wichtig, nicht unbedingt nach außen. Ihre Wahlchancen bzw. ihre Wahlerfolge haben deshalb mit der Frage, ob man sie verbieten sollte oder nicht, wenig zu tun. Die NPD ist bedeutend, weil sie sich seit den zahlreichen Verboten rechtsextremer Organisationen immer mehr zur struktur- und schutzgebenden Größe der Szene gewandelt hat. Sie ist ein Deckmantel für die militante Szene geworden.

Gedeckt vom Parteienrecht konnte sie so die Entstehung eines rechtsextremen Milieus fördern, das auf Musikveranstaltungen oder Demonstrationen sein menschenverachtendes Gedankengut auslebt und offensiv an Jugendliche weitergibt. All dies wurde mitfinanziert durch staatliche Gelder. Besonders der Einzug in die Landtage von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat der NPD dafür neue Mittel in die Kassen gespült. Die Landtage selbst sind ein wichtiger Schulungsraum für rechtsextreme Kader geworden.

Die Innenministerkonferenz hat sich nun dafür entschieden, eine Empfehlung für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren auszusprechen. Diese Entscheidung ist richtig, auch wenn die Zweifel Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) deutlich ins Gesicht geschrieben schienen. Seine Länderkollegen traten wesentlich selbstbewusster auf. So sprach Holger Stahlknecht, Innenminister in Sachsen-Anhalt, von einem „guten Tag für die wehrhafte Demokratie“. Er hat Recht – wenn die Sicherheitsbehörden ihre Arbeit diesmal gemacht haben. Denn an Material für ein Verfahren fehlt es nicht. Sollten die Belege für die Verfassungsfeindlichkeit der NPD wie versprochen ohne Zitate von V-Leuten auskommen, steht dem Verbot nichts im Wege. Für die rechtsextreme Szene wäre das Ende der NPD eine Katastrophe.

Eine offen verfassungsfeindliche Partei und mit ihr gleich die rechtsextreme Szene mit Staatgeldern zu finanzieren, ist mehr als nur unverständlich. Es ist ein Irrsinn, dem schleunigst ein Riegel vorgeschoben werden muss.

Sollte es tatsächlich gelingen, die NPD zu verbieten, wäre dies ein wichtiger Beitrag zur Zerstörung rechtsextremer Strukturen in Deutschland. Wohl gemerkt: Nur ein Beitrag von vielen, mehr nicht. Von den über 22.000 Rechtsextremen, die der Bundesverfassungsschutz erfasst, sind weniger als 6.000 Mitglieder der NPD. Doch die Gelder und Privilegien, mit denen die NPD die militante Szene hofiert und für sich nutzt, würden auf einen Schlag wegfallen. Allein dafür lohnt es sich die Partei zu verbieten. Das Argument, dass sich das rechtsextreme Spektrum nach einem Verbot stärker radikalisiert, ist nicht schlüssig. Wie viel Radikalisierung ist in Anbetracht der NSU-Mordserie denn noch möglich? Das militante Nazinetzwerk, vor dem Kritiker des Verbotsverfahrens warnen, existiert offensichtlich längst.

Die einzige Gefahr beim Verbotsverfahren ist die, dass die Politik sich zu sehr auf die braunen NPD-Biedermänner konzentriert und den Rest der Szene vernachlässigt. Denn klar ist: Der Kampf gegen Rechtsextremismus ist mehr als der Kampf gegen die NPD.

Lesen Sie hier das Contra von Tilman Steffen „Spart euch das NPD-Verbot!“