Die DGB-Jugend setzt sich in ihrer aktuellen Broschüre „Blickpunkt“ mit Antimuslimischem Rassismus auseinander. Dabei wird deutlich, mit welchen Mitteln Islamfeindliche vorgehen und wie weit verbreitet negative Werturteile gegenüber dem Islam sind.
Ein Gastbeitrag der Plattform aktiv-gegen-diskriminierung.info
Kritik am Islam zu üben ist populär und erscheint vielen unproblematisch. Denn spätestens nach den Anschlägen auf das World Trade Center ist diese Religion in den skeptischen Blick der Öffentlichkeit und nicht zuletzt der Sicherheitsbehörden gerückt.
Allerdings wird unter dem Deckmantel einer vermeintlichen Religionskritik häufig Rassismus verbreitet. Das zeigt sich bei der Sarrazin-Debatte, den immer wiederkehrenden Auseinandersetzungen um den Bau von Moscheen aber auch im Auftritt der so genannten Pro-Bewegung.
Nicht nur Menschen muslimischen Glaubens sind betroffen
Von diesem Antimuslimischen Rassismus – auch als Islamophobie oder Islamfeindlichkeit bekannt – sind viele Menschen betroffen. Und zwar Menschen, denen lediglich eine muslimische Religionszugehörigkeit zugeschrieben wird, also nicht nur gläubige Moslems und Muslimas, sondern alle, denen aufgrund bestimmter äußerlicher Merkmale, ihrer Herkunft oder Kultur ein islamischer Glaube unterstellt wird.
Das heißt konkret: Selbst religiös verfolgte Christen und Christinnen oder Atheisten und Atheistinnen, die aus einem muslimischem Land fliehen, können in der BRD als Moslem oder Muslima diskriminiert werden. Auch wenn die Großeltern vor 50 Jahren aus einem der kirchenunabhängigsten Länder der Welt nach Deutschland kamen – nämlich aus der Türkei – sehen heute viele diese Herkunft als muslimisch.
Doch Rassisten und Rassistinnen differenzieren nicht, sondern heften bewusst einen Makel an den Begriff „Islam“. Vorurteile gegen diese Religion sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet und anschlussfähig. Dem Islam wird vorgeworfen, grundsätzlich rückständig, frauenfeindlich, aggressiv oder terroristisch zu sein.
Auf dieser Grundlage werden alle Menschen über einen Kamm geschert und ausgegrenzt, die der Gruppe der Moslems und Muslimas zugerechnet werden. Dabei spielt es keine Rolle, welche Bedeutung die Religion im Leben dieser Menschen spielt – oder ob sie überhaupt eine spielt.
Auch zwischen den verschiedenen Strömungen des Islams findet keine Unterscheidung statt– geschweige denn, dass der Islam als vielfältige und größte Weltreligion wahrgenommen wird. Und wie bei allen Rassismusformen geht mit dieser Abwertung des fremden Anderen – „muslimisch“ – die Aufwertung des bekannten Eigenen – „christlich-westlich“ – einher.
Rückwärtsgewandte „Christen und Christinnen“
Dass in Deutschland christliche Fundamentalist_innen und hohe katholische „Würdenträger_innen“ rückwärtsgewandt, antisemitisch, frauenfeindlich, homophob und intolerant hetzen, diffamieren und aufstacheln, lässt sich nicht erst seit der aktuellen Debatte um kreuz.net feststellen. Aus dieser Richtung sind alle möglichen negativen Behauptungen über die Gruppe der Moslems und Muslimas auszumachen: von der Leugnung des Holocaust bis zum Aufruf zum Mord an bekennenden Schwulen.
Spätestens seit dem Bombenanschlag auf das norwegische Regierungsviertel und den Mord an 77 Menschen durch den Christen Anders Breivik sollte eigentlich allen deutlich geworden sein, dass die Welt nicht in schwarz und weiß einzuteilen ist. Schließlich würde niemand auf die Idee kommen, jetzt Angst vor allen Menschen christlichen Glaubens zu haben und diese zu bekämpfen – geschweige denn, sie ausweisen zu wollen.
Genau dieser Widerspruch macht deutlich, dass es sich bei Antimuslimischer Diskriminierung um eine Form von Rassismus handelt, die eher (Otto-)normal gekleidet ist, anstatt mit Springerstiefeln daher zu kommen.
Kopftuchdebatte
Vor diesem Hintergrund lässt sich auch die so genannte „Kopftuchdebatte“ verinnerlichen. Solange Putzfrauen oder die Verkäuferin im Gemüseladen dieses Kleidungsstück tragen, stört es niemanden. Wollen aber Anwältinnen oder Ärztinnen ihr Haar damit bedecken, bricht ein Sturm der Entrüstung los. Dies macht deutlich, dass hierbei gesellschaftliche Zugangschancen verhandelt werden – zum Nachteil derjenigen, die aufgrund ihres muslimischen Glaubens ein Kopftuch tragen möchten.
Um dem zu begegnen, bedarf es einer gesamtgesellschaftlichen Debatte und einer breiten Aufklärung. In diesem Zusammenhang ist die aktuelle Ausgabe der „Blickpunkt“ von der DGB-Jugend sehr empfehlenswert. Viel Spaß beim Lesen!