Der völkisch-antisemitische „Bund für Gotterkenntnis (Ludendorff)“ (BfG) hat in Dorfmark in der Lüneburger Heide seine alljährliche „Ostertagung“ mit zahlreichen Vorträgen veranstaltet. Mit dabei auch die bekannte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel.
Julian Feldmann, zuerst veröffentlicht beim „blick nach rechts“
Bereits zum 41. Mal trafen sich die „Ludendorffer“, wie die Anhänger der völkischen Ideologen Erich und Mathilde Ludendorff genannt werden, im niedersächsischen Dorfmark bei Bad Fallingbostel (Heidekreis). Schon während der Verbotszeit des BfG, der 1961 wegen hetzerischem Antisemitismus von den Innenbehörden der Bundesrepublik verboten worden war, hatten „Ludendorffer“ in dem Heideort getagt. Nachdem das Verbot 1976 aus formaljuristischen Gründen gerichtlich aufgehoben worden war, konnte man unter dem Label des Vereins in Dorfmark Veranstaltungen durchführen.
Doch seit rund sieben Jahren gibt es wahrnehmbaren Widerstand gegen die rechtsextremen Treffen. So wurden auch in diesem Jahr wieder eine Mahnwache am Karfreitag und eine Demonstration am Ostersamstag organisiert. Über 100 Menschen gingen am Samstag mit dem „Bündnis gegen Ludendorffer“ auf die Straße und zogen vom Bahnhof zum „Deutschen Haus“, dem Tagungshotel des „Bund für Gotterkenntnis“. Mit Sprechchören und Bannern machten sie auf die menschenverachtende Ideologie der Rechtsextremisten aufmerksam und forderten: „Kein Luden-Dorffmark!“ Vor allem SPD-Mitglieder, Gewerkschafter und engagierte Jugendliche aus der Region beteiligten sich an den Protesten.
Auch die wegen Volksverhetzung verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck-Wetzel ging im „Deutschen Haus“ ein und aus. Als Referentin trat Haverbeck-Wetzel (Jg. 1928) jedoch nicht auf, sie wolle sich lediglich über die „Ludendorffer“ informieren, sagte sie am Rande der Tagung. Nachdem Haverbeck-Wetzel am Samstag das Hotel verlassen hatte, leugnete sie gegenüber einem Journalisten erneut den industriellen Massenmord an sechs Millionen Juden. Beweise für die Verbrechen der Nationalsozialisten gäbe es keine, meinte Haverbeck-Wetzel. Sie stelle jedoch lediglich Fragen, fügte sie hinzu.
Kontakte aus dem Umfeld des verbotenen „Collegiums Humanum“
Immer wieder kommen prominente Rechtsextremisten zur BfG-Tagung nach Dorfmark. So nahmen bereits Altnazi Hajo Herrmann (1913-2010) und mehrmals der Ex-NPD-Stratege Steffen Hupka (Jg. 1962) an den Veranstaltungen teil. Die Vortragsthemen und Referenten stoßen offenbar auch bei völkisch Gesinnten außerhalb der „Ludendorffer“-Kreise auf Interesse. Auch aus dem Umfeld des 2008 verbotenen „Collegiums Humanum“, dessen Vorsitzende Haverbeck-Wetzel war, bestehen zahlreiche Kontakte zu „Ludendorffern“.
Die Vorträge in Dorfmark trugen in diesem Jahr Titel wie „Die Bedeutung und Wirkung der Weltanschauungen, Religionen und Ideologien für die Volkserhaltung“, „Religionsfreiheit und Menschenwürde“, „Brauchen wir ‚Sekundärtugenden‘?“ sowie „Der Kriegsverlauf 1943“. Brauchtum steht ebenfalls als fester Bestandteil der Tagung Jahr für Jahr auf dem Programm. Gemeinsames Singen, und „Kultur aus deutschen Landen“ war ebenso angekündigt wie Gedichte von Theodor Storm und ein Osterkonzert mit „Gedenken an das Kampfende in Stalingrad“.
Referiert wurde auch zu aktuellen politischen Themen. Die Wirtschafts- und Finanzkrise betreffend widmete sich ein Vortrag den „Ursachen, bisherigen Entwicklungen und wirkenden Kräften“ und der „Krisenvorsorge: Was jeder einzelne tun kann, um sich vor den Auswirkungen zu schützen“. Nach Informationen von bnr.de sollte zudem der österreichische Rechtsextremist Richard Melisch (Jg. 1934) einen Vortrag zum Thema „Steht der Zusammenbruch der USA bevor?“ halten.
„Ludendorffer“ bleiben lieber im Verborgenen
Vor allem aus Nord- und Westdeutschland reisten die Gäste der BfG-Tagung in diesem Jahr an – bis aus Thüringen und dem Saarland kamen sie aus allen Bundesländern, weitere „Ludendorffer“ aus Österreich und Schweden. Ein Paar aus Frankreich, das sich den Weg durch die Gegendemonstranten bahnte, wurde im Eingangsbereich des „Deutschen Hauses“ von der BfG-Vorsitzenden Gudrun Klink begrüßt. Die Apothekerin Klink (Jg. 1962) aus Ingelfingen (Hohenlohekreis) in Baden-Württemberg leitet seit drei Jahren den „Bund für Gotterkenntnis“. Am Rande der Demonstration gegen das BfG-Treffen am Ostersamstag wurde auch Wilm Koehler gesehen. Der ehemalige Lehrer aus Ahlden (Heidekreis) verklärt in einer Broschüre die Ideologie der „Ludendorffer“ und stellt die Gegner der Völkischen als die wahren Antidemokraten dar.
Obwohl in Dorfmark noch immer Pensionen und Hotels Zimmer an die „Ludendorffer“ vermieten und damit gegen eine einstimmig verabschiedete Resolution der Stadt Bad Fallingbostel aus 2008 verstoßen, nimmt die Zahl der Teilnehmer der BfG-Tagungen ab. Heute schlendern nicht mehr in Kluft gekleidete „Ludendorffer“-Familien in Scharen durch das Dorf. Vor allem die lautstarken Demonstrationen schrecken die Völkischen ab, die lieber im Verborgenen bleiben möchten. Während vor zehn Jahren laut niedersächsischem Verfassungsschutz noch 200 bis 300 Personen an der Tagung teilgenommen hatten, waren es in diesem Jahr lediglich rund 100, darunter etwa 20 Kinder und Jugendliche. Für Heranwachsende bot der BfG auch wieder vergünstigte Unterkunftsmöglichkeiten.
Erneut sollen die „Ludendorffer“-Umtriebe in Niedersachsen Thema im Landtag werden. Der Landtagsabgeordnete Michael Höntsch (SPD), der sich an den Protesten beteiligte, kündigte eine entsprechende Anfrage an.