Saturn und Media Markt habe nach Hinweisen des Störungsmelder zwei Alben extrem rechter Interpreten aus ihrem Downloadangebot genommen. Eine generelle Prüfung des Sortiments auf „diskriminierende oder gewaltverherrlichende Inhalte“ findet aber weiterhin nicht statt. Und so kann man dort noch immer diverse Alben von Bands aus der Grau- und Rechtsrockszene erwerben.
Rechtsrock-Songs für ein paar Cent
Noch vor ein paar Tagen konnte man in den Online-Shops von Saturn und Media Markt das Album „Keeping the Dream Alive“ der britischen Band »Brutal Attack« mit einem Klick in auf den heimischen Rechner laden. Die Band ist neben »Skrewdriver« einer der bekanntesten Bands aus dem Spektrum des in der Bundesrepublik verbotenen Neonazinetzwerk »Blood & Honour«. Im Song „A wounded men“, den es bei Saturn für 69 Cent und bei Media Markt für 79 Cent in der MP3-Version gab, schlüpft Sänger Ken McLellan in die Rolle des Hitler-Stellvertreters Rudolf Hess und besingt Adolf Hitler als einen „Mann aus Stahl”, dessen “Herz so groß war, wie sein Mut echt war.” In einer weiteren Liedzeile heißt es: „Vom Bürgerbräukeller in München zu seiner Zelle in Landsberg. Ich sah ihn niemals Wanken (…)“. Selbst im schwülstigen Liebeslied „Odin’s daughter“ kommt die neonazistische Ideologie der Band deutlich zum Vorschein: „Ich bin eine arische Maid von reinem Blut. Ich bin ein Mann aus arischem Stahl. Zusammen sind wir die Zukunft … Blut ist dicker als Wasser. Blut ist süßer als Wein. O halte mich Odins Tochter. Sag mir das Du mein bist” (im Original in Englisch).
Prüfung nur im Einzelfall
Die Media-Saturn-Holding GmbH, zu der die beiden großen Elektronik-Märkte gehören, reagierte zwar schnell auf die Anfrage des Störungsmelder und teilte mit, dass „obwohl keine Indizierung der Bundesprüfstelle vorliegt“ das Album von »Brutal Attack« nach „eigener Prüfung umgehend aus unserem Downloadangebot genommen“ wurde – eine generelle Prüfung des Sortiments auf extrem rechte Inhalte oder Interpreten erfolgt allerdings auch weiterhin nicht. Eine Sprecherin des Unternehmens bekräftigte, dass man „jegliche Form von Diskriminierung und Gewaltverherrlichung entschieden“ ablehne und sich „strikt an die hierzu geltenden gesetzlichen Vorgaben sowie die Einstufungen durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) sowie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ halte. Darüberhinaus sehe man es nicht als Aufgabe an „für den Kunden eine Vorauswahl zu treffen.“ Im Einzelfall prüfe man aber nach „Verdacht oder Hinweisen auf diskriminierende oder gewaltverherrlichende Inhalte“ und behalte sich vor „umgehend zu reagieren“ und die entsprechenden Alben nicht mehr anzubieten.
Neben »Brutal Attack« wurde auch das Album „Wie lange noch? (Rechts / Links)“ von Sacha Korn wieder aus dem Sortiment genommen. Schon 2011 hatten Saturn und Media Markt den Verkauf eines Album des Musiker gestoppt, nachdem der Journalist Maik Baumgärtner das Unternehmen darauf hingewiesen hatte, dass der Berliner Sänger Lieder für die „Schulhof-CD“ der NPD zur Verfügung gestellt hatte.
Weitere Rechtsrocker im Sortiment
Durchsucht man das Download-Angebot von Saturn und Media Markt stößt man auf weitere Bands aus dem Rechtsrock-Spektrum. Vom Sänger von »Brutal Attack«, Ken McLellan, den der Undercoverjournalist Thomas Kuban in seinem Buch „Blut muß fliessen“ als „Veteran der Blood & Honour-Bewegung“ bezeichnet, ist noch das Soloalbum „If i Forget“ erhältlich. Daneben finden sich weitere Rechtsrocker, wie z.B. die britische RAC-Band »Close Shave« und auch Grauzonen-Bands, wie »Mummy’s Darling«. Auf dem ebenfalls im Downloadbereich erhältlichen Sampler „Oi! A Tribute“ sind Bands versammelt, wie die »Heroes«, die aus der offen neonazistischen Band »Dirlewanger« hervorgegangen sind, die extrem rechten Viking-Rockbands »Ultima Thule« und »Nordwind«, die Nazipunkband »Midgårds Söner«, sowie die französische Band »West Side Boys«. Die trat beispielsweise im September letzten Jahres beim „Fest’Evil Part III“ in einer Halle in Toul (Frankreich) auf, die von den «Hammerskins« als Clubhaus benutzt wird. Auch die wegen ihren Kontakte in die Rechtsrockszene umstrittenen Band »Condemnend 84« ist bei Saturn und Media Markt erhältlich. Sie spielte ebenfalls beim Festival in Toul. Über die »Freigänger«, eine weitere Band die dort auftrat, heißt es im aktuellen Bericht des Niedersächsischen Verfassungsschutz, sie sei ein „Bindeglied zwischen der unpolitischen und der rechtsextremistischen Szene“. Von den schwedischen »Ultima Thule« gibt es gleich acht Alben im Online-Angebot der beiden Elektronikhändler.
Mangelnde Sensibilität
Allein sind Saturn und Media-Markt nicht, wenn es um den Verkaufs rechter Musik über Online-Portale geht. Auch andere große Firmen, wie z.B. Apples iTunes-Store oder die englischsprachige Seite des Versandhändlers Amazon haben z.B. das Album „Keeping the Dream Alive“ von „Brutal Attack“ im Angebot. Auf der deutschen Amazon-Seite ist u.a. das Soloalbum von Ken McLellan erhältlich. Dort verweist man Kunden, die sich über extrem rechte Musik beschweren wollen auf die „offizielle Einschätzung der Stellen“, die „zu einer solchen inhaltlichen Bewertung berufen sind und die jeweiligen Produkte umfassend prüfen können: die Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie die Bundesprüfstelle jugendgefährdender Medien (BPjM)“. Den Besucher ihrer Webseite rät Amazon gegebenenfalls „über ihr örtliches Jugendamt eine Überprüfung“ selbst anzuregen.
Die Bundesprüfstelle überprüft dabei aber gar nicht nicht, ob ein Inhalt extrem rechts ist, sondern ob Medien „geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden (…) Dazu zählen vor allem unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizende Medien (…)“ (§ 18 Abs. 1 JuSchG) In der Praxis der Bundesprüfstelle fallen darunter auch solche Medien „die den Nationalsozialismus verherrlichen oder verharmlosen“, heißt es auf der Homepage der Bundesprüfstelle. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn „wenn für den Nationalsozialismus, dessen Rassenlehre, autoritäres Führerprinzip, Volkserziehungsprogramm, Kriegsbereitschaft und Kriegsführung geworben wird. Ferner wenn das NS-Regime durch verfälschte oder unvollständige Informationen aufgewertet und rehabilitiert werden soll, insbesondere wenn Adolf Hitler und seine Parteigenossen als Vorbilder (oder tragische Helden) hingestellt werden.“
Das Instrument der Indizierung ist nur wenig geeignet, den Verkauf extrem rechte Musik zu verhindern. Dies sieht man auch bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien so. Auf deren Jahrestagung 2006 stellte die Referentin Corinna Bochman fest, dass gerade deutsche Interpreten aus der rechten Szene sich bereits vor einer Veröffentlichung anwaltlich beraten lassen: „Strafbare Liedertexte finden sich nur in wenigen in Deutschland herausgebrachten Musikalben. Sie bewegen sich meist auf dem dünnen Pfad zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und jugendgefährdender Propagierung von Rassenhass, Gewalt und NS-Ideologie. Die Interpreten sind sich durchaus bewusst, das eine Vielzahl der von ihnen in den Liedtexten getätigten Äußerungen sich gerade noch am Rande der Legalität bewegen und machen sich in den Liedtexten oftmals lustig über die Strafverfolgungsbehörden.“