Erst riefen sie rassistische Parolen, dann schlugen sie zu. Im Bayerischen Kaufbeuren griffen in der Nacht zu Donnerstag fünf Thüringer Neonazis auf einem Stadtfest mehrere Migranten an. Ein 34-jährige Spätaussiedler aus Kasachstan wurde durch die Schläge tödlich verletzt und starb am darauf folgenden Tag im Krankenhaus. Dass die Polizei in ihrer ersten Pressemitteilung den rassistischen Hintergrund des Angriffs verschwiegen hat, wird von Initiativen gegen rechts scharf kritisiert.
Nach Polizeiangaben begann die Gewalt gegen Mitternacht auf dem beliebten Tänzelfest. Zunächst provozierte eine Gruppe von sieben Männer aus Thüringen im Alter von 22 bis 53 mit rassistischen Parolen drei Spätaussiedler in einem Festzelt. Als die Rechtsextremisten die Drei angriffen, setzten diese sich zur Wehr. Auf beiden Seiten gab es Verletzte. Als anschließend die Sicherheitsdienstmitarbeiter des Festes auftauchten, folgte diesen eine Gruppe Unbeteiligter, darunter auch das spätere Opfer.
Erneut schlugen die Rechtsextremisten, die nach Angaben der Augsburger Allgemeinen Zeitung als Bauarbeiter in der Region tätig waren, zu. Ein 36-jähriger, polizeibekannter Rechtsextremist schlug ohne Ankündigung auf den 34-jährigen Mann aus Kasachstan ein. Der Mann, der in Kaufbeuren lebt, ging zu Boden und wurde so schwer verletzt, dass er noch vor Ort reanimiert werden musste. Am Donnerstagnachmittag erlag er im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Die Polizei nahm noch auf dem Fest den 36-jährigen Angreifer und einen 22-Jährigen Komplizen fest. Der 36-Jährige, der bereits wegen „Verwenden von Zeichen verfassungsfeindlicher Organisationen“ verurteilt wurde, kam noch am Freitag vor den Haftrichter. Das Gericht erließ Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts des Totschlags. Der 22-Jährige wurde wieder freigelassen, weil ihm keine Tatbeteiligung nachgewiesen werden konnte. Die Staatsanwaltschaft Kempten hat zur Klärung der genauen Todesursache eine Obduktion angeordnet.
„Nach dem Mord hat die Polizei in der Pressemitteilung zuerst den rassistischen Hintergrund der Angriffe und den rechten Hintergrund des verhafteten 36-Jährigen verschwiegen“, kritisiert die Antifaschistische Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.). Dies sei „ermittlungstaktischen Gründen“ geschuldet, sagte Polizeisprecher Jürgen Krautwald der Augsburger Allgemeinen.
Auf den Webseiten lokaler Medien ergießt sich indes eine Flut an rassistischen Kommentaren in die Kommentarspalten. „Die Ausländer“ und „die Russen“ werden für den Tod des 34-Jährigen verantwortlich gemacht. Das Wichtigste scheint den Anwohnern aber die Sorge um das geplante Feuerwerk zu sein, dass möglicherweise wegen der tödlichen Gewalt von rechts abgesagt werden soll. „Lieber Tänzelfestverein, bitte sagt das Feuerwerk NICHT ab! Der schreckliche Todesfall ist schlimm, aber deswegen das Feuerwerk absagen? (…) Es klingt blöd aber es stimmt ‚THE SHOW MUST GO ON!'“, ist im Gästebuch auf der Webseite des Festes zu lesen.