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Unbekannte randalieren auf KZ-Gedenkstätte

 

Das Sonnensegel war erst kurz zuvor aufgebaut worden
Das Sonnensegel war erst kurz zuvor von der Gedenkinitiative aufgebaut worden

Am 14. August wurde auf dem Gelände des ehemaligen Jugendkonzentrationslagers und späteren Vernichtungslagers Uckermark ein Sonnensegel und das Fundament einer Bank mutwillig zerstört. Ein oder mehrere Unbekannte hatten gegen Mittag an dem Gedenkort offensichtlich mit einem Messer die Plane des Sonnen- und Regenschutzes mehrmals aufgeschlitzt und die Betonfüße einer Bank zertrümmert. Sie waren erst am Vortag auf dem frei zugänglichen Gelände von der „Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark“ errichtet worden.
Verena Hartung von der Initiative erklärt: „Vorgestern, als alles fertig gebaut war, haben wir mit zwei KZ-Überlebenden hier auf der Bank gesessen, haben auf den Gedenkstein geschaut und hatten Schutz vor den ersten fallenden Regentropfen.“ Die KZ-Überlebende Ilse Heinrich sagt zu der Zerstörung: „Wir sind wahnsinnig traurig und wütend.“ Charlotte Kroll, Überlebende des KZ Ravensbrück, sagt: „Es läuft mir eiskalt den Rücken runter.“

So sah der Gedenklort vor der Zerstörung aus
So sah der Gedenklort vor der Zerstörung aus

Seit gut 15 Jahren arbeitet die „Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark“ daran, den Ort dem Vergessen zu entreißen. Am 14. August 2013 endete das 10-tägige antifaschistische feministische Bau- und Begegnungscamp der Initiative, bei dem jedes Jahr zwischen 15 und 25 Engagierte das historische Lagergelände und die selbstgebauten Informationstafeln instandsetzen, sich mit Überlebenden treffen und sich inhaltlich austauschen. Ziel der hauptsächlich durch Spenden finanzierten Arbeit ist es, am historischen Ort die Geschichte des Jugend-KZ und des späteren Vernichtungslagers sichtbar zu machen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Gestaltung des Geländes soll auch zum Verweilen und Offenen Gedenken einladen. Die freie Zugänglichkeit des Ortes unabhängig vom institutionalisierten Gedenken ist ein großes Anliegen der Initiative. „Nein, wir werden hier nicht wieder Zäune und Mauern errichten!“ sagt Verena Hartung. „Wir sind entsetzt über die Respektlosigkeit gegenüber den hier Ermordeten und gegenüber den Überlebenden, die hierher kommen, um zu gedenken. Aber wir werden weiter an unserem Konzept des Offenen Gedenkens festhalten. Wir lassen uns nicht einschüchtern und wir werden weiter für einen würdigen Gedenkort Uckermark kämpfen. “

Das Jugendkonzentrationslager für Mädchen und junge Frauen in der Uckermark wurde im Frühjahr 1942 von Häftlingen des nahegelegenen Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück errichtet. 1945 zählte das Lager ca. 1000 Mädchen und junge Frauen. Ein Erlass von 1937 über die „vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ hatte die Inhaftierung von als „asozial“ kriminalisierten Mädchen möglich gemacht. Im Januar 1945 wurde auf dem Gelände ein Vernichtungslager für Häftlinge aus Ravensbrück und anderen Konzentrationslagern gebaut. Bis April 1945 wurden dort ca. 5000 Frauen umgebracht. Bis heute ist wenig über die Geschichte dieses Konzentrationslagers bekannt. Die dort Inhaftierten zählten lange Zeit zu den „vergessenen Verfolgten“ des Nationalsozialismus und haben keine öffentliche Anerkennung erfahren.