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AfD und Burschenschaft luden zum Gespräch mit Akif Pirinçci

 

Akif Pirinçci liest bei der AfD in Nürnberg © Timo Müller
Akif Pirinçci liest bei der AfD in Nürnberg © Jonas Miller

Am vergangenen Wochenende war der umstrittene Buchautor Akif Pirinçci („Deutschland von Sinnen“)  gleich zweimal zu Gast in Mittelfranken: Bei der ultrarechten Burschenschaft „Frankonia“ und der umstrittenen  Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) konnte er seine Hetztiraden gegen Homosexuelle, Frauen und Linke vortragen. Bei beiden Lesungen in Erlangen und Nürnberg gab es Gegenprotest.

Schon am Tag vorher verteilten Aktivisten der ultrarechten Erlanger Buschenschaft Frankonia ihre Veranstaltungsflyer in den Räumen der „Friedrich-Alexander-Universität Erlangen Nürnberg“ (FAU). Auf den Flugblättern wurde mit kritischen Zitaten aus der Presse für Pirinçci geworben. Selbst auf den Toiletten legten die Burschenschafter ihre Zettel aus, allerdings nicht unkommentiert: „Auch am stillen Uni-Örtchen keine Ruhe für links-grün versiffte Studenten!“, beschrieb die Frankonia die Aktion. Die Erlanger Jungsozialisten (Jusos) organisierten eine Gegenkundgebung, an der sich rund 150 Menschen beteiligten. Aus den Boxen dröhnte laute Musik in Richtung Burschenschafter, die sich derweil im Hof versammelten. Für Unmut bei den Jusos sorgte auch der Umstand, dass die FAU die rechte Burschenschaft trotz jahrelanger Proteste weiterhin auf ihrer Internetseite verlinkt.

Die rechten Gäste durften bei der Frankonia-Veranstaltung natürlich nicht fehlen. Neben dem NPD-Landesgeschäftsführer Axel Michaelis (Wachenroth) waren auch weitere Aktivisten aus der extremen Rechten zu verorten. Der neonazistische Publizist Jürgen Schwab (Nürnberg) reiste mit dem bekannten Szeneanwalt Frank Miksch (Fürth) an. Tim B., ein Frankonia-Mitglied fungierte als „Türsteher“. Scheinbar unbekannte Besucher mussten sich erst anmelden, dann erst wurde entschieden, ob diese der Lesung beiwohnen durften. Als Anwalt der Frankonia trat der Bubenreuther Jurist Stefan Böhmer auf, der von der Polizeieinsatzleitung forderte, er möge doch die Namen und Adressen von den anwesenden Journalisten bekommen.

„Scheiße, scheiße, scheiße“

Am Tag darauf lud der Nürnberger Kreisverband der rechtspopulistischen AfD zur Lesung mit Pirinçci in die Nürnberger Meistersingerhalle. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: „Das ZDF zensiert, die AfD informiert“. Auch hier gab es im Vorfeld Protest. „Es ist eine Schande und kann nicht unkommentiert bleiben, wenn die Stadt Nürnberg es fördert, rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut in der Bevölkerung zu verbreiten“, ließ sich Clara Weinberg, Sprecherin vom Antifaschistischen Aktionsbündnis (AAB) in einer Pressemeldung zitieren. Das Nürnberger Bündnis Nazistopp und die Schwulen- und Lesbenorganisation Fliederlich initiierten einen Gegenprotest. Die 150 Kundgebungsteilnehmer sprachen sich ganz offen gegen die Thesen Pirinçcis aus, waren aber auch der AfD gegenüber sehr kritisch eingestellt. „Diese Partei hetzt subtil gegen Homosexuelle und Migranten und wird trotzdem oft nur als europakritsisch bezeichnet und dadurch verharmlost“, so ein älterer Gegendemonstrant gegenüber dem Störungsmelder.

Die Nürnberger AfD mobilisierte erst sehr konspirativ zur Pirinçci-Lesung. Der Ort sollte erst nach Anmeldung bekannt gegeben werden. Als die Veranstaltungsräumlichkeit durch das AAB und das Bündnis Nazistopp öffentlich gemacht wurde, warb die AfD mit eigenen Plakaten zur Veranstaltung. Ein Sitzplatz auf den „besten Plätzen“ kostete rund 50 Euro. Selbst ein Sicherheitsdienst wurde von der AfD angeheuert, Angriffe wurden befürchtet. Im vollbesetzten Saal begrüßte Verena Brüdigam, Mitglied im Bundesvorstand der AfD, die meist älteren und männlichen Gäste. Ein Gruß ging auch an die Presse, für die man doch trotz der kritischen Berichterstattung dankbar sei. Scheinbar war man über die Medienaufmerksamkeit für die Veranstaltung begeistert, die AfD druckte die kritischen Artikel der Lokalzeitung großflächig aus und klebte sie an die Wand. Nach der Ansprache ergriff Pirinçci das Wort und las aus seinem Buch, welches er immer wieder als „Wutrede“ bezeichnet. „Der öffentliche Rundfunk ist scheiße, die Leute die ihn betreiben sind scheiße, das was sie so teuer fabrizieren ist scheiße und deswegen kriegen die Leute von so einer Scheißanstalt auch nur Scheiße zu hören und zu sehen“, las er sichtlich bemüht vor, das Publikum applaudierte. Im Buch sprudelt es vor homophober Vulgärsprache und so zog sich auch der Abend hin. Laut den Nürnberger Nachrichten sagte Pirinçci zudem: „Es geht mir am Arsch vorbei, wenn man mich einen Nazi nennt, das ist mir scheißegal“. Dem Publikum gefiel es, die AfD war zufrieden.