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Reichsbürger will Bürgermeister werden

 

„Reichsbürger“-Aufkleber an einem Autokennzeichen

Früher kandidierte er für die NPD, jetzt stellte er sich für die Bürgermeisterwahl als „Oberreichsanwalt“ vor. Mit seiner Kandidatur sorgt der Rechtsextremist Steffen Peter für Aufregung in dem kleinen Ort Uetersen (Schleswig-Holstein). Nach Informationen des Hamburger Abendblattes sah sich der Wahlausschuss gezwungen die Berufsbezeichnung des 50-Jährigen in „Stahl- und Walzwerker“ zu ändern, da „Oberreichsanwalt“ nicht zulässig ist.

Zur Kommunalwahl 2013 kandidierte Peter gemeinsam mit seiner Frau für die NPD im Kreis Pinneberg. Nach der Wahl soll er nach eigenen Angaben aus der NPD ausgetreten sein. Schon 2007 sind in Uetersen „Reichsbürger“ mit mehren Veranstaltungen aufgefallen.

Die selbsternannten „Reichsbürger“ oder auch „Reichsregierungen“ sind sektenartige Gruppen von Neonazis und Verschwörungstheoretikern. Die ersten Reichsregierungen haben sich in den 1980-er Jahren gegründet. Sie vertreten eine antisemitische und revisionistische Ideologie. Die Reichsbürger glauben das deutsche Grundgesetz sei eine „Fortsetzung des Krieges gegen das Reich“ und sehen die Bundesregierung als von „den westlichen Siegermächten aufgezwungenes Statut der Fremdherrschaft über das Deutsche Volk“.

Sie behaupten, entgegen der geltenden Rechtsprechung, die Bundesrepublik Deutschland sei nicht der Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches der NS-Diktatur. Ihrer Meinung ist die Bundesrepublik Deutschland völker- und verfassungsrechtlich illegal und damit nicht existent. Dieser Theorie nach sind für die Reichsbürger alle Institutionen und Gesetze der Bundesregierung „falsch“ und „unrechtmäßig“. Sie verweigern das Zahlen von Steuern, Strafzetteln und Bußgeldern.

Durch die offensive Leugnung des Holocaust wollen sie nach eigener Aussage „eine Prozesswelle in Gang setzen“, um damit öffentlichkeitswirksam ihre neonazistischen Positionen vertreten zu können. In den Gerichtsverfahren versuchen die Beschuldigten zumeist mit pseudowissenschaftlichen Gutachten und abenteuerlichen Verschwörungstheorien den Holocaust zu leugnen und die „Fremdherrschaft“ der Bundesrepublik zu beweisen.

Welch skurrile Formen die Tätigkeiten der Reichsbürgerbewegung annehmen können, stellen sie meist bei Gerichtsverhandlungen unter Beweis. So verteilten Reichsbürger beim Prozess des Holocaustleugners Ernst Zündel in Mannheim selbst hergestellte Münzen des „Neuen Deutschen Reiches“ an Zuschauer und Journalisten. Andere Reichsbürger produzieren eigene Reisepässe und Führerscheine ihres Fantasie-Staates und ernennen sich selbst zu „Ministern“ ihrer „Reichsregierung“. In Berlin verkaufte ein Reichsbürger Anteilscheine, um später die Presslufthämmer finanzieren zu können, mit denen das Holocaustmahnmal abgerissen werden soll.