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Aktivisten mit Neonazi-Hintergrund in der Sachsen-AfD

 

Gerade wurde die AfD in Sachsen mit 9,7 Prozent der Stimmen in den Landtag gewählt. Jetzt sind interne Mitgliederlisten aufgetaucht, die zeigen, dass einzelne sächsische AfD-Politiker Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen haben. Sogar ein NPD-Mitglied hat die Sachsen-AfD in ihren Reihen.

Von Robert Schmidt

Wie rechts ist die AfD? Die Frage begleitet die Partei seit ihrer Gründung, ihre Führung hat sich stets dagegen protestiert, wenn die AfD als rechtspopulistisch oder gar rechtsextrem bezeichnet wurde. Jetzt gibt es zumindest in Sachsen Hinweise auf Verbindungen von einigen AfD-Mitgliedern zu rechtsextremen Kreisen. Das geht aus kürzlich geleakten Mitgliederlisten hervor, deren Echtheit durch die Partei bestätigt wurde.

Da ist zum einen Detlev Spangenberg, der über Listenplatz 10 in den Landtag gewählt wurde. Eigentlich hatte Spangenberg, Jahrgang 1944, als ältester Landtagsabgeordneter dessen erste Sitzung eröffnen sollen. Der Parteivorstand aber hielt ihn davon ab – wegen dessen rechter Vergangenheit. Ein Foto zeigt ihn zusammen mit NPD-Funktionären bei einer Gedenkveranstaltung zur Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg. Spangenberg, früher CDU-Mitglied, hatte 2010 das sogenannte Bündnis für Freiheit und Demokratie gegründet, das laut Endstation Rechts ein “Sammelbecken für rechte Parteien und Vereine” ist.

Mittlerweile haben neben Spangenberg noch mindestens drei weitere Bündnismitglieder aus Sachsen ein AfD-Parteibuch. Zwei von ihnen, Spangenberg und der Leipziger AfD-Stadtrat Tobias Keller haben zudem im Umfeld der rechten Bewegung “Pro Sachsen” auch mit dem ehemaligen NPD-Abgeordneten Mirko Schmidt zusammengearbeitet. Für AfD-Sprecher Wiesemann kein Problem, schließlich handele es sich dabei weder um eine extremistische Parteien noch würden diese vom Verfassungsschutz beobachtet.

Doch es gibt noch weitere problematische AfD-Mitglieder, darunter zwei Vorstandsmitglieder aus dem Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge: Sven Asmus und Jan Zwerg aus Pirna. Asmus betreibt “Rottweiler Ink”, einen in der rechten Szene beliebten Klamottenversand. Gemeinsam sollen die beiden AfD-Politiker laut Aussage eines örtlichen Linkspartei-Politikers im Kommunalwahlkampf in Thor Steinar-Montur für ihre neue Partei plakatiert haben.

Und dann gibt es noch Martin Hering. Er ist sowohl in der AfD als auch in der NPD Mitglied – und wundert sich, dass man ihn erst jetzt darauf anspricht. Seit seinem 16. Lebensjahr sei er bei der NPD, sagt Hering am Telefon. Seit Ende Mai sitzt er für die NPD im Gemeinderat seiner Heimatstadt Gohrisch. Seit 2012 sei er auch bei der AfD. Dort habe man ihm damals recht zügig mitgeteilt, dass die Prüfung seines Hintergrunds positiv ausgegangen sei und ihm seinen Mitgliederausweis zugeschickt. Dabei hätte man nur “bei Google Hering eingeben müssen, da ist ja alles voll.” Tatsächlich findet man dort hunderte eindeutige Treffer zu Hering. Über sein “nationales Versandhaus” vertreibt er von Bad Schandau aus seit Jahren szenetypische Artikel wie Kleidung und Musik. Zum Sortiment gehört eines der wenigen nicht indizierten Alben der rechtsextremen Band Stahlgewitter. Anfang Juli wurde Herings Unternehmen von der Staatsanwaltschaft Koblenz durchsucht. Der Verdacht: Volksverhetzung.

Der AfD-Kreisverantwortliche André Barth sagt dazu, er habe Hering “noch nie gesehen”. Andere Mitglieder hätten ihn aber kürzlich auf dessen Biographie angesprochen. Hering soll nun “bald aus der Partei ausgeschlossen” werden. AfD-Sachsen-Sprecher Julien Wiesemann war der Fall bisher noch nicht bekannt, sagt er auf Anfrage. Er unterstütze aber das eingeleitete Ausschlussverfahren. Der NPD-Mann selbst erklärt, er sei in der AfD nie aktiv gewesen, habe sich aber immer über “vielen Informationen über interne Grabenkämpfe” gefreut.

Bereits aus der Partei ausgeschlossen wurde laut Barth kürzlich ein weiterer NPD-Politiker, Richard Jürgen Uhlemann aus Dippoldiswalde. Uhlemann war langjähriges Fördermitglied der AfD. Barth betont, dass er “wissentlich keine NPD-Mitglieder” aufnehme. Die beiden NPDler seien wohl “in der Anfangszeit durchgerutscht”. Ihn störe die angebliche “Hexenjagd” gegen seine Partei, er persönlich vertrete dort auch “sozialdemokratische Positionen”.