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Proteste gegen Neonazi-Aufmarsch in Marzahn

 

Proteste gegen den extrem rechten Aufmarsch, Foto: Ney Sommerfeld
Proteste gegen den extrem rechten Aufmarsch, Foto: Ney Sommerfeld

Rund 500 extrem rechte und Anwohner marschierten am Samstag durch Berlin Marzahn, um gegen Flüchtlinge zu demonstrieren. Die Demo wurde immer wieder durch Blockaden gestoppt und es kam zu zahlreichen Zusammenstößen mit Gegendemonstranten.

von Ney Sommerfeld (Text und Bilder) und Sören Kohlhuber (Text)

Am Sonnabend, den 22. November, sollte eine Neonazi-Demonstration durch Berlin-Marzahn statt finden. Die Organisatoren versuchten mit diesem Aufmarsch, die rassistische Mobilisierung in verschiedenen Bezirken zu bündeln und so einen Großaufmarsch zu veranstalten.
Knapp 500 Neonazis und Anwohner schlossen sich dem Aufmarsch an, der von Anfang an von einer aufgeheizten Stimmung geprägt war. Dass die Bürgermobilisierung klar durch extrem Rechte Akteure gesteuert wird, zeigte sich bei der Infrastruktur der Demonstration. Die Struktur der Ordner war überwiegend durch die neonazistische Splitterpartei „Die Rechte“ Berlin gestellt worden. Die Anmelder, welche mutmaßlich keine organisierten Neonazis sind, wurden durch die extrem rechten Versammlungsleiter Daniela F. und Marcel R. von der Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf unterstützt. In Reden kamen nicht nur Anwohner zu Wort sondern auch Neonazis aus anderen Regionen wie Leipzig und Neuruppin.

Blockaden setzten Neonazis für Stunden fest

Schon vor Beginn der Auftaktkundgebung der Neonazis wurde die Route von fast 1000 Menschen an der Ecke Landsberger-Alle/Ecke Blumberger Damm blockiert. Zu den Protesten hatten verschiedene Berliner Initiativen und Antifa-Gruppen aufgerufen. Später umstellten Demonstrant_innen die Neonazis von allen Seiten auf der Raoul-Wallenberg-Straße, Landsberger Allee und der Allee der Kosmonauten. Die Taktik der Polizei war nicht klar erkennbar. Der Aufzug der Neonazis wurde durch die Blockaden für Stunden festgesetzt, eine gewaltsame Räumung der Blockade in der Raoul-Wallenberg-Straße brachen die Beamten ab, nahmen aber vereinzelt Personen fest. Hier kam es außerdem zu Böllerwürfen auf die extrem rechte Demonstration. Die Polizei versuchte die extrem Rechten und die Gegendemonstranten zu trennen, dabei kam es erneut zu Festnahmen auf linker Seite und einen verletzten Beamten.
Die Stimmung bei den Neonazis wurde in Folge der Geschehnisse immer aggressiver. Die Versammlungsleiterin Daniela F. verkündete durch den Lautsprecherwagen, dass der Aufzug bis 23 Uhr angemeldet sei und diese Zeitspanne notfalls auch bis zum Ende ausgenutzt werden würde. Immer wieder vermummten sich Neonazis und mussten durch die Versammlungsleiterin ermahnt werden. Die Situation spitzte sich zu und immer wieder versuchten Neonazis aus der Demonstration auszubrechen, was der Ordnerdienst nur mit Mühe verhindern konnte. Auch hier griffen die Beamten zu und nahmen mehrere Neonazis in Gewahrsam.

Polizeifehler führt beinahe zur direkten Eskalation zwischen Neonazis und Antifaschisten

Gegen 16:15 setzte sich der Demonstrationszug der Neonazis spontan zügig in Richtung Landsberger Allee wieder in Bewegung. Nach einigen Metern wurde dieser durch die Polizei gestoppt, welche Beamte aus anderen Bereichen zusammenziehen musste. Die Lage beruhigte sich und gegen 17 Uhr geleitete die Polizei den extrem rechten Aufmarsch in Richtung S-Bahnhof Marzahn. Durch das Abziehen von Polizeikräften auf der Landsberger Allee standen keine Beamten mehr an den Absperrgittern. Dies nutzten Gegendemonstranten und rissen Sperrgitter auf, um zu den Neonazis zu gelangen. Nur knapp konnten die Einsatzkräfte ein direktes Aufeinandertreffen verhindern.
Der Neonaziaufzug musste erneut gestoppt und zügig wieder zurück geleitet werden.
Neues Ziel der Polizei war nun der S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße. Von mehreren Seiten kamen immer mehr Gegendemonstranten direkt an den Neonaziaufmarsch heran. Zwischenzeitlich hatte die Polizei die Situation offenbar nicht gänzlich unter Kontrolle, da es immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Neonazis und Gegendemonstranten kam. Die Lage drohte zu eskalieren, besonders als beide Seiten sich gegenseitig mit Böllern und Flaschen bewarfen. Dabei kam es auch zu Verletzten.
Eine kleine Sitzblockade wurde durch die Polizei schnell und äußerst brutal geräumt. Dennoch begleiteten von allen Seiten die Gegendemonstranten unter Parolen und Wurfgeschossen die Neonazidemonstration, die beim Ankommen am S-Bahnhof beendet wurde. Dies wurde jedoch aufgrund eines Defektes am Lautsprecherwagen der extrem rechten Demonstration durch die Polizei bekannt gegeben. Es kam erneut zu Festnahmen.

Trotz Wochenendes konnten die Neonazis die Teilnehmerzahlen ihrer Montagsdemos erreichen. Letzten Montag waren in Berlin-Buch und zeitgleich in Berlin-Marzahn fast 1000 rassistische Bürger und Neonazis auf der Straße. Dennoch wollen sie weiter demonstrieren. Für den kommenden Montag ist bereits die nächste Montagsdemo in Marzahn angekündigt.