In der sechsten Woche in Folge fand am Montag der Marsch der „Pegida“-Gruppe in Dresden statt. Jede Woche wurden es mehr – dieses Mal folgten 5500 Menschen dem Aufruf, darunter auch zahlreiche Neonazis.
Am Montagabend fühlte man sich in Dresden leicht an die Neonazi-Aufmärsche von 2005 und den Folgejahren erinnert, als bis zu 6400 Rechte in einem nicht mehr zu überblickenden Block durch die Stadt zogen. Dennoch sind die Absichten und die Weltanschauung der Teilnehmenden der Demonstrationen der „Pegida“-Gruppe („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) nicht mit denen klassischer brauner Aufmärsche gleichzusetzen. Doch auch die Forderung, man müsse „Pegida“ nur aufgrund seiner mangelnden Distanz den Neonazis gegenüber kritisieren, die diese Art von Protesten gerne für sich vereinnahmen wollen, greift nicht den Kern des Problems auf. Unter dem Deckmantel, gegen die „Islamisierung des Abendlandes“ demonstrieren zu wollen, werden von „Pegida“ Ressentiments verbreitet und ein Nährboden für Hetze gegen Flüchtlinge geschaffen. Die Redner_innen wurden nicht müde zu betonen, sie seien keine Asylgegner und hätten nichts gegen Kriegsflüchtlinge. Wie nebenbei sprachen sie sich für eine Aufrüstung der EU-Außengrenzen aus. Illegale Flüchtlinge zu sind für „Pegida“ somit immer „Wirtschaftsflüchtlinge“.
Personen aus dem Organisator_innenkreis des Marsches schrieben unterdessen in den vergangen Wochen auf Facebook zahlreiche dumpf rassistische und hetzerische Kommentare. Wie die Seite „Pegida#Watch“ berichtet, veröffentlichte einer von ihnen ein Bild, das ein Ku-Klux-Klan-Mitglied zeigt mit der Forderung, statt ein „Asylantenhotel“ zu bauen, hätte man lieber den Ku-Klux-Klan gegen Minderheiten einsetzen sollen. Des weiteren wurde gefordert, Grüne, die ein Rauchverbot in Biergärten wollen, gehörten „standrechtlich erschossen wie Claudia Fatima Roth“.
Nach Recherchen von MDR Exakt war Siegfried Däbritz, ebenfalls einer der Organisatoren, in einem internen Forum von „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) aktiv. Hier schrieb er von Muslimen als „bärtige Ziegenwämser“ und schlug vor, man solle bei Koran-Verteilungen „Schweinefüße in die herausgerissenen Seiten einwickeln“. Des weiteren habe laut „Pegida#Watch“ die offizielle Pegida-Seite bei Facebook Inhalte des Kameradschaftlers und frühreren stellvertretenden NPD-Landesvorsitzenden, Maik Scheffler, geteilt.
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Unter den Teilnehmenden der Aufmarsches fand man neben einer großen Mehrheit an optisch nicht als rechts zu erkennenden Personen auch zahlreiche bekannte Köpfe aus sächsischen Neonazi-Strukturen. Auffällig waren die vielen NPD-Kader, unter ihnen Mitglieder der früheren Landtagsfraktion, aber auch Mitglieder regionaler Kameradschaften und zahlreiche Träger einschlägiger Szeneklamotten. Pressevertreter_innen wurden von einzelnen Teilnehmern bedroht, die Ordner waren sichtlich bemüht, alle Störungen zu unterbinden. Dafür schien einer von ihnen es als seine Hauptaufgabe zu sehen, anwesende Journalist_innen offensiv abzufotografieren.
Bei anfänglich 300 Teilnehmenden am 20.10. hat sich die Anzahl bis in die vergangene Woche jeweils verdoppelt und stieg zum vergangenen Montag noch einmal um über 2000 Personen. Mittlerweile haben sich zahlreiche Ableger in anderen Städten gebildet, von denen Kassel, Leipzig, München und Nordrhein-Westfahlen offiziell von der Dresdener Gruppe anerkannt sind. Vor weiteren Ablegern wird bei Pegida sogar gewarnt: Es könne sich um „Trojaner“ oder „Trittbrettfahrer“ handeln, man habe „Pegida“ deshalb sogar als Wort- und Bildmarke eintragen lassen. Anscheinend rechnen die Organisator_innen noch mit weiterem Wachstum und Erfolg ihrer Märsche.
Der Sächsische Innenminister Markus Ulbig kündigte unterdessen an, Sondereinheiten der Polizei speziell gegen straffällige Asylsuchende gründen zu wollen und reagiert damit auf die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen Flüchtlinge und „Islamisierung“ in mehreren Städten. Er zeige Verständnis für die „Pegida“-Proteste und lehne „die üblichen Antifa-Reflexe“ ab, so Ulbig gegenüber Spiegel Online.
Die „Undogmatische Radikale Linke Dresden“ will den langen Atem der „Pegida“-Märsche nächsten Montag zum ersten Mal auf die Probe stellen und ruft zu einer überregionalen Demonstration auf. Bereits gegen die vorangegangen Aufzüge hatte es immer wieder kleinere Gegendemonstrationen gegeben. Auch diese wurden größer, so protestierten am Montag bereits 600 bis 700 Personen mit einer Demonstration vom Theaterplatz zum Albertplatz auf der anderen Elbseite gegen die „Pegida“. Ihr Motto: „Gegen Rassismus und religiösen Fanatismus“.
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