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Legida: Bedrohliche Szenarien auf Leipzigs Straßen

 

© visual.change
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Es war ein düsteres Bild vergangenen Mittwoch, als Legida über Teile des Leipziger Rings marschierte. Die Straßen leer, weder Autos noch Straßenbahnen fuhren, die Fußwege gesäumt von Polizeiketten. Und mittendrin Legida: Überwiegend Männer, teils mit Sturmmasken vermummt, Pullover mit der Aufschrift „Hooligans gegen Salafisten“ oder „Thor Steinar“. Die Bewegung, von der immer wieder „Wir sind das Volk“-Rufe dringen, wirkt bedrohlich. Und sie ist es auch.

 

Text (Sarah Ulrich), Bilder (visual.change, Sarah Ulrich)

Schon bei der Anreise schubsen einige Legida-Anhänger Gegendemonstranten, beschimpfen sie als „Linksfaschisten“. Und auch Journalisten werden schon zu anfangs aufgefordert, Fotos zu löschen oder als „Lügenpresse“ beschimpft. Dieses Bild zieht sich durch den gesamten Aufmarsch.

Die vom Ordnungsamt nur verkürzt genehmigte Route führte vom Augustusplatz zum Hauptbahnhof, von dort zum Wilhelm-Leuschner-Platz und Roßplatz wieder zurück zum Augustusplatz. Nach Polizeiangaben sollen bei Legida etwa 15.000 Menschen mitgelaufen sein, andere Beobachter schätzen die Zahl auf 5000-10000. Ursprünglich angemeldet waren 40.000. Doch ungeachtet der Anzahl hat sich auch am Mittwoch wieder gezeigt, dass Legida größtenteils aus Hooligans, rechter Szene und NPD-Anhängern besteht.

Die konkrete Bedrohung, die von Legida ausgeht, zeigte sich dann deutlich, als etwa 50 vermummte Teilnehmer auf der Höhe Roßplatz auf eine Gruppe Journalisten stürmte, einen davon zu Boden trat und sein Equipment zerstörte. Immer wieder skandierten sie „Lügenpresse“, ein Teilnehmer zischte sogar „Scheiß Judenpresse“. Die Angriffe wurden zunächst nicht von der Polizei unterbunden. Weder Personalien der Angreifer wurden festgestellt, noch Spuren gesichert.

Begleitet wurden diese körperlichen Angriffe durch aggressive Rufe, wie dem in der Neonazi-Szene bekannten Spruch „Hasta la vista, antifascista“. Als von der Großkundgebung „Courage zeigen!“ gegen Legida am Johannisplatz „Nazis raus“-Rufe ertönten, stimmten einige wenige aus Legida-Reihen mit ein, jedoch nicht unwidersprochen. „Was soll denn der Scheiß?“, ruft ein Teilnehmer und stimmt „Wir sind das Volk“ an, was schon bald die anderen Rufe übertönt. Marschrufe werden skandiert. „Links, rechts, links rechts.“ Als ein Polizist die Anweisung gibt, man müsse rechts herum gehen johlt ein Teilnehmer „rechts herum ist immer besser.“

Die Polizei, mit etwa 4000 Beamten im Einsatz, versuchte Größtmögliches, um die Demonstration zu gewähren. So wurden schon bei einem Blockadeversuch zu Beginn Gegendemonstranten innerhalb weniger Sekunden mit Schlagstöcken zurückgeprügelt und massiv Pfefferspray eingesetzt. Breite Teile des Rings waren zudem mit Gittern abgeriegelt, dass ein von vielen gefordertes „Platz nehmen“ auf der Route nahezu unmöglich machte. Dafür gab es den bisher größten Polizeieinsatz in der Geschichte der Stadt. Zahlreiche Gegendemonstranten wurden laut des Bündnissprechers „Legida läuft nicht“ nicht zu den angemeldeten Kundgebungen gelassen. „Angesichts der Angst und Gefahr, die von Legida für alle ausgeht, die nicht in ihr Weltbild passen, haben wir zu gewaltfreiem entschlossenem Platznehmen aufgerufen. Wir haben heute einen äußerst brutalen Polizeieinsatz mit Schlägen und Reizgas gegen Sitzblockaden erlebt, bei dem wir uns nicht wundern, dass Legida die Polizei als ihre ‚stabilen Partner‘ bezeichnet“, beurteilt der Sprecher die Situation. Und das obwohl Polizeipräsident Merbitz zuvor angekündigt hatte, man werde die Abriegelung „so umsetzen, wie es die Bevölkerung verlangt“. Dass aber mit etwa 20.000 Gegendemonstranten deutlich mehr Menschen auf Leipzigs Straßen waren als bei Legida, scheint irrelevant gewesen zu sein.

 

So konnte Legida ihre Route ohne Störungen ablaufen und die Kundgebungen am Augustusplatz mit prominenten Rednern wie dem neurechten Verschwörungstheoretiker Jürgen Elsässer oder dem ehemaligen NS-Devotionalienhändler und Kopf der Bewegung Jörg Hoyer abhalten. Dieser drohte mit bedenklich strammer Stimme, „wir werden demnächst eine Millionen sein.“

Ein Szenario, was man sich gar nicht vorstellen will, angesichts der gewaltvollen Szenen, die sich bei Legida abspielten. Der Höhepunkt dessen ereignete sich, als einige Teilnehmer den Weg zur Abreise antraten und dabei durch die Goethestraße zum Hauptbahnhof liefen. Etwa 40 Gegendemonstranten hatten sich dort versammelt, um ihrem Frust noch einmal lautstark Platz zu machen. Ein Augenzeuge berichtet, wie die Gruppe, abgeschirmt von einer Polizeikette beobachten konnte, wie sich circa 80-100 teilweise vermummte Legida-Anhänger näherten. Als aus Reihen der Gegendemonstranten ein Feuerwerkskörper flog, eskalierte die Lage. Die Legida-Gruppe versuchte, durch die Polizeikette hindurch zu den Gegendemonstranten zu kommen. Dabei scheuten sie sich nicht, ebenfalls Böller, Flaschen sowieso herausgezogene Straßenschilder auf Gegendemonstranten zu werfen. Die Polizei war überfordert, reagierte zunächst kaum und setzte dann massiv Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Jedoch nicht gegen Legida, sondern gegen die Gegendemonstranten. Ein anderer Augenzeuge berichtet: „Eine Frau lag schreiend auf dem Boden, konnte sich gar nicht mehr beruhigen.“ Die Legida-Anhänger zogen daraufhin jubelnd zum Bahnhof. Die Polizei bestätigt: „Es ist tatsächlich so, dass wir im Abgang Probleme bekommen haben, die Lager zu trennen.“

Auch wurde nach der Demonstration wie schon vergangenen Montag der Hitlergruß gezeigt, wie ein Video beweist. Festnahmen erfolgten jedoch lediglich auf Seiten der Gegendemonstranten.

Das alles hat gezeigt, wie gefährlich die Legida-Bewegung ist. Überwiegend völkisch-national, mit einem sehr breiten Spektrum an Neonazi- und Hooligan-Szene, sind die Demonstrationen nicht zu unterschätzen. Das massive Gewaltpotenzial wurde vor allem vor dem Hintergrund des zeitweisen Kontrollverlust der Polizei deutlich. Für den kommenden Mittwoch hat Legida bereits wieder Demonstrationen angekündigt.