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Hakenkreuz-Graffitis dokumentiert: Jetzt ermittelt die Justiz gegen einen Neonazi-Gegner!

 

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Wegen dieses Graffitis, das Steinhäußer dokumentiert hat, ermittelt die Justiz gegen ihn (CC-BY-3.0+ Wastl Steinhäußer)

Vermutlich am 22. Januar haben Unbekannte im oberfränkischen Feilitzsch mehrere Hakenkreuze an eine geplante Flüchtlingsunterkunft gesprayt. Nun ermittelt die Polizei — auch gegen einen bekannten Neonazi-Gegner, der die Symbole fotografiert und zur Dokumentation veröffentlicht hat.

Es war am 22. Januar, als Wastl Steinhäußer die Hakenkreuze entdeckt hat. Deutlich sichtbar waren die verfassungsfeindlichen Symbole gleich mehrfach an dem  Gebäude in Feilitzsch angebracht worden, das als Unterkunft für Asylbewerber dienen soll. Steinhäußer, in der Region um Hof für sein Engagement gegen rechtsextreme Umtriebe bekannt, dokumentierte die Schmierereien mit seinem Handy. Kurz danach veröffentlichte er die Aufnahmen in der Facebook-Gruppe Hof an der Saale, machte dort seinem Unmut Luft. Dass er die Tat verurteilt, geht aus dem öffentlichen Beitrag eindeutig hervor – zumal er noch am selben Tag zur Mahnwache „Feilitzsch sagt NEIN zu Nazis!“ aufgerufen hat.

Das hinderte die Staatsanwaltschaft Hof jedoch nicht daran, ein Ermittlungsverfahren gegen Steinhäußer zu eröffnen — ausgerechnet wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. „Es wird Gegenstand der Ermittlungen sein“, sagte Polizeisprecher Jürgen Stadter der Frankenpost, „ob hier Nazi-Gedankengut verbreitet werden sollte.“ Steinhäußer bekam daraufhin eine Vorladung, der er nicht Folge leistete. Später habe sich der Staatsschutz dann noch telefonisch bei ihm gemeldet. Dabei sei er mit „massiver Einschüchterung“ zur Entfernung der Bilder gedrängt worden, sagte Steinhäußer dem Störungsmelder, die er aber trotz dieses Vorgehens der Beamten abgelehnt habe.

Die Ermittlung der Polizei nach § 86 a des Strafgesetzbuchs (StGB) ist für Steinhäußer lächerlich. In seinen Augen hat die Aktion außerdem einen faden Beigeschmack, da sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Polizei in der Vergangenheit eher mit der Bagatellisierung solcher Taten aufgefallen seien, jetzt aber mit scharfen Schwertern gegen ihn vorgehen.

Zu seiner Verteidigung beruft er sich nun auf den mit § 86 a verwandten § 86 Abs. 3, der sich mit Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen befasst. Denn dort seien gewisse Ausnahmen geregelt, so Steinhäußer, bei denen die Verbreitung entsprechender Symbole keine Straftat darstelle. Tatsächlich gibt ihm das StGB recht: „Absatz 1 gilt nicht“, heißt es dort, „wenn das Propagandamittel oder die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, (…) der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.“ Da Steinhäußer auch zu einer Mahnwache gegen extrem rechte Umtriebe aufgerufen hat, könnte der Beitrag sowohl unter die staatsbürgerliche Aufklärung und die Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen als auch unter die Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens fallen.

Auf die für Montag, 19 Uhr, geplante Mahnwache wird der Vorgang unterdessen keinen Einfluss haben. Die Kundgebung finde wie geplant statt. Damit will Steinhäußer deutlich machen, dass in Feilitzsch für rechtsextreme Ideologie kein Platz ist. Denn er wolle „nicht in einem Ort leben“, sagte er der Frankenpost, „in dem braunes Gedankengut toleriert wird“.

Dieses Engagement gegen Rechtsextremismus dürfte in der Gemeinde durchaus seine Notwendigkeit haben. Immer wieder war es in der Gegend in der Vergangenheit zu rechtsextremen Aktionen gekommen. Das Gebäude, das am 22. Januar mit Hakenkreuzen verunstaltet wurde, wurde laut Bayerischem Rundfunk binnen kurzer Zeit sogar zum zweiten Mal beschmiert — beide Male mit Hakenkreuzen. Zudem geriet die Gemeinde im August 2012 überregional in die Schlagzeilen, als der bekannte Neonazi-Sänger Frank Rennicke mit einer Frau eine ehemalige Schule im Ortsteil Unterhartmannsreuth bezogen hat, in dem er sich seitdem regelmäßig aufhalten soll. Rennicke gilt als eine der bekanntesten und einflussreichsten Figuren der rechtsextremen Musik-Szene, der vielfache Funktionen innehatte. Unter anderem war der zweimalige Bundespräsidentschaftskandidat der NPD bis zu deren Verbot 1994 als „Jugendführer“ in der Wiking-Jugend aktiv, die vor allem in der Nachfolge der nationalsozialistischen Jugendorganisationen Hitler-Jugend und Bund Deutscher Mädel agierte.