Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Gescheiterte Maskerade – AfD-Funktionär ist Mitorganisator und Pressesprecher bei Bärgida

 

Der Berliner Landesverband der hat sich bisher bewusst auf Distanz zu den extrem rechten -Aufmärschen gehalten. Recherchen des apabiz belegen nun jedoch, dass von Beginn an ein Berliner -Funktionär organisatorisch bei Bärgida eingebunden ist. , Vorstandsmitglied im Kreisverband Lichtenberg, tritt bei Bärgida nicht nur regelmäßig als Redner sondern auch als deren Pressesprecher auf. Offensichtlich sollen seine Verbindungen zur verschleiert werden. Denn Eisenhardt nutzt für seine Bärgida-Auftritte das Pseudonym .

Ein Gastbeitrag von Frank Metzger (apabiz), Berlin rechtsaußen-Blog

Seit Anfang Januar finden jeden Montag Abend in Berlin-Mitte die rassistischen und stark neonazistisch geprägten Bärgida-Aufmärsche statt. Regelmäßig spricht ein mittelgroßer Mann um die fünfzig mit dunklen Locken und Brille. Während der Aufmärsche trägt er ein Transparent des antimuslimisch-rassistischen Internet-Portals , so auch beim gestrigen Aufmarsch am 4. Mai. Anmelder und Organisator (1) bezeichnet ihn als Pressesprecher von Bärgida, sein Name: Reiner Zufall. Zwar wirkt sein Tonfall bisweilen vergleichsweise gemäßigter als der anderer RednerInnen, aber auch seine Beiträge sind von antimuslimischem Rassismus sowie Antifeminismus und Heterosexismus geprägt.

 

In einer Rede am 16. März 2015 bekannte sich Zufall zudem als Autor für PI-News und gab an, Ende 2014 an den neonazistischen Aufmärschen in Marzahn teilgenommen zu haben. Durch das apabiz belegbar ist dies für den 22. November 2014. Nach eigener Aussage habe die Teilnahme in Marzahn Reiner Zufall und seine Mitstreiter zur Organisation der Bärgida-Aufmärsche animiert. Diese sollen jedoch keine „Konkurrenz für die Montagsdemos vor konkreten Heim-Standorten“, sondern vielmehr ein „zusätzliches Angebot“ sein:

»Ja, schönen guten Abend. Äh. Ich möchte keine lange Vorrede halten. Ich möchte, ja äh, ich möchte zu einem anderen Thema sprechen, nämlich etwas an die Wurzeln von Bärgida erinnern. Äh. Als wir Ende letzten Jahres an einigen Montagsdemos in Marzahn teilgenommen hatten, äh, hab ich einen Bericht auf PI geschrieben damals. Und ich zitier mal kurz, ich hab geschrieben: Die Defizite bei der Umsetzung des Asylrechts werden als alternativlos dargestellt. Dem Volk bleibt also keine andere Möglichkeit mehr, als einen Dialog durch direkte Demokratie abzutrotzen. Es hat alles Recht dazu. Längst geht es nicht mehr nur um Marzahn, hab ich geschrieben, der Protest sollte deshalb langsam dahin gehen, wo er eigentlich hingehört, zum Beispiel zentral vor den Reichstag. Ich denke an dieser Richtigkeit der Aussage hat sich seitdem leider nichts geändert. Wir wollen dabei keine Konkurrenz für die Montagsdemos vor konkreten Heim-Standorten sein. Aber wir denken, dass wir ein zusätzliches Angebot für alle mehr oder weniger betroffenen Bürger sein können, Bürger, die sagen „Es reicht nicht nur gegen ein Heim zu sein, wenn es bei mir in der Straße gebaut wird“. Der zersplitterte Protest muss gebündelt werden – und wo, wenn nicht hier vor dem Kanzleramt. Da gehört der Protest eigentlich hin aus meiner Sicht. (Jubel und Applaus)«(2)

 

Verschleierungstaktik

Dass es sich bei „Reiner Zufall“ um ein Pseudonym handelt, lässt bereits der geradezu alberne Name erahnen. Dass dem tatsächlich so ist und wer sich dahinter verbirgt, verrät ein Blick auf die Website des AfD Kreisverbandes Lichtenberg: Derselbe Mann um die fünfzig mit dunklen Locken und Brille ist hier als Beisitzer im Kreisvorstand gelistet, sein Name: Heribert Eisenhardt.(3) Offensichtlich versucht Heribert Eisenhardt alias Reiner Zufall die Verbindung zwischen AfD und Bärgida in Bezug auf seine Person zu verschleiern. Bestärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass er bei seinen Auftritten als Reiner Zufall seine AfD-Funktion verschweigt.

 

Der Berliner Landesverband der AfD ist bisher um Unauffälligkeit bemüht und versucht sich wenig angreifbar zu machen. In einer Stellungnahme vom 12. Januar 2015 bekundete der Landesvorsitzende Günter Brinker, die Partei „akzeptiere[…] alle friedlichen Bürgerbewegungen und Demonstrationen“, betonte dann allerdings, die Berliner AfD habe „bislang nicht zur Teilnahme an Pegida- oder Bärgida-Demonstrationen aufgerufen und werde dies auch in Zukunft nicht tun“.

Die Unauffälligkeit ist dahin

Dass Heribert Eisenhardt alias Reiner Zufall bei Bärgida als Redner und sogar als deren Pressesprecher auftritt und laut Eigenauskunft von Beginn an organisatorisch eingebunden ist, wird dem Landesvorstand nicht gerade recht sein. Die asyl- und islamfeindlichen Bärgida-Aufmärsche sind zweifelsohne als extrem rechts zu bezeichnen und darüber hinaus stark neonazistisch geprägt. AktivistInnen verschiedener antimuslimisch-rassistischer Organisationen (u.a. und PI-News) laufen einträchtig neben Neonazis von (4) und „Freien Kräften“, antisemitischen ReichsbürgerInnen und anderen VerschwörungsideologInnen. Mit dabei sind auch regelmäßig einige Dutzend gewalttätige rechte Hooligans aus dem Spektrum von HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten), von denen ein Teil als Ordner eingebunden ist. Die Stimmung am Rande der Aufmärsche ist äußerst aggressiv. Regelmäßig kommt es zu Bedrohungen gegenüber Pressevertreter_innen, und nicht immer bleibt es dabei. Erst am Montag, den 27. April wurde ein türkischer Kameramann zunächst rassistisch beleidigt und bei einem anschließenden Angriff mit einer Fahnenstange verletzt.(5) Auch beim gestrigen Aufmarsch am 4. Mai wurden Journalist_innen bedroht.

Berliner AfD unter Zugzwang

Es stellt sich nun die Frage, wie sich die Berliner AfD zur Personalie Eisenhardt alias Zufall verhält. Bislang hatte der Landesverband Skandale um extrem rechte Personen in den eigenen Reihen verhindern können. Damit ist es nun vorbei. Dabei hätte es die AfD bereits im Vorfeld besser wissen können. Heribert Eisenhardt ist offensichtlich schon länger mit Karl Schmitt bekannt. Unter seinem Klarnamen war Eisenhardt bereits 2013 und 2014 als Redner beim extrem rechten und von Schmitt organisierten „Tag der Patrioten“ aufgetreten. Das apabiz hatte bereits darüber berichtet.(6) Zudem sind Videos davon im Internet zu finden.(7)

 

———————————————————

(1) Karl Schmitt veranstaltet Bärgida in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins Patrioten e.V.. Schmitt ist bekannt als ehemaliger Aktivist der antimuslismisch-rassistischen Partei Die Freiheit und der Bürgerbewegung Pax Europa. Am 22. November 2014 beteiligte er sich an der neonazistischen HoGeSa-Kundgebung in Hannover.

(2) Das Tonmaterial und Transkripte der Rede vom 16. März liegt dem apabiz vor und kann bei Interesse eingesehen und genutzt werden. Das apabiz wird für die Dokumentation von öffentlichen extrem rechten Veranstaltungen in Bild und Ton vom Berliner Senat gefördert.

(3) http://afd-lichtenberg.de/vorstand/ (letzter Zugriff am 5. Mai 2015)

(4) Auch der Berliner NPD-Chef zeigte sich vereinzelt bei den Aufmärschen und bewegte sich ohne Widerspruch und wie selbstverständlich in der Menge. Der Neuköllner NPD-Aktivist Jan Sturm nahm bisher regelmäßig teil.

(5) http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/04/baergida-demonstration-tuerkischstaemmiger-kameramann-verletzt.html

(6) http://www.blog.schattenbericht.de/2014/10/vereint-im-antimuslimischen-rassismus/

(7) https://www.youtube.com/watch?v=vF39a44d6y4