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Dortmunder Neonazi nach Angriff auf Journalist verurteilt

 

Der 24-jährige Neonazi Andre P. muss sich gleich wegen vier unterschiedlicher Verfahren vor Gericht verantworten.

Der Dortmunder Neonazi Andre P. ist am Freitag in zwei verschiedenen Verfahren vor dem Amtsgericht in Dortmund zu Geldstrafen von 130 bzw. 60 Tagessätzen verurteilt worden. Insgesamt 3800 Euro Geldstrafe soll er zahlen.

Ein Gastbeitrag von Nordstadtblogger.de

Der angeklagte 24-jährige Neonazi ist einschlägig vorbestraft

Bei dem ersten Verfahren wurde der mehrfach vorbestrafte 24-jährige Skinhead wegen Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung verurteilt, nachdem er bei zwei unterschiedlichen Versammlungen Journalisten attackiert hatte. Beim zweiten Verfahren wurde er wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte bestraft.

Es ist nicht das erste Mal, dass er wegen dieser Art von Delikten verurteilt wurde. In beiden Verfahren wurde der Neonazi, der für die Partei „Die Rechte“ in Scharnhorst für den Rat der Stadt Dortmund kandidiert hatte, von Rechtsanwalt André Picker vertreten. Dieser hatte versucht, seinen Mandaten als Opfer darzustellen.

Zum ersten Verfahren – hier hatte der 24-Jährige während unterschiedlicher Versammlungen Journalistinnen und Journalisten attackiert, weil diese ihn angeblich fotografieren wollten (mehr dazu im Bericht zum ersten Verhandlungstag – den Link gibt es am Ende des Artikels):

Verteidigungsstrategie: Angriff auf Journalisten als Notwehr zum Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Picker wollte dies als Notwehr verstanden wissen, weil sein Mandant seine Persönlichkeitsrechte gefährdet sah. Er habe so das Fotografieren oder Filmen unterbinden wollen.

Wie auch in anderen Verfahren argumentierte der Verteidiger mit den Grundrechten seines Mandanten und spannte ein großes Ganzes, um eine Rechtfertigung für die Taten des 24-Jährigen zu finden.

Staatsanwalt Ludger Strunk, Gruppenleiter für politische Delikte, argumentierte hingegen sehr defensiv. Er referierte im Wesentlichen die Zeugenaussagen vom ersten Verhandlungstag, an dem er selbst nicht teilgenommen hatte und hielt der Einlassung Pickers vom ersten Verhandlungstag lediglich reaktiv entgegen.

So vertrat Strunk die Position, dass das Persönlichkeitsrecht zwar durchaus notwehrfähig sei. Im konkreten Fall sei das Fotografieren auf Versammlungen aber vom Kunsturheberrechtsgesetz gedeckt – der Neonazi habe sich daher mit seinen Attacken strafbar gemacht.

Dass diese Attacken allerdings auch Angriffe auf die ebenfalls grundgesetzlich geschützte Presse- und Meinungsfreiheit waren, erwähnte der Staatsanwalt zur Überraschung der Medienvertreter noch nicht einmal. Auch ordnete er diese Tat nicht in die Strategie der Neonazis ein, die seit geraumer Zeit gegen Journalisten zu Felde ziehen.

Nicht der Staatsanwalt, erst die Richterin führte den Schutz der Pressefreiheit ins Feld

Erst Strafrichterin Andrea Deiters griff in ihrer Urteilsbegründung diesen Punkt auf, als sie darauf verwies, dass nicht nur die Versammlungs-, sondern auch die Presse- und Meinungsfreiheit grundgesetzlich garantiert seien.

Schließlich habe sich der Angeklagte ja auf einer Demonstration befunden. Diese hätten die Journalisten  dokumentiert – was vom Kunsturhebergesetz gedeckt sei. „Es besteht ein öffentliches Interesse an der Dokumentation. Ich kann keine Persönlichkeitsrechtsverletzung erkennen“, wies sie die Darstellungen des Verteidigers zurück.

Die Attacke gegen den Reporter einer Sonntagszeitung im August 2014 stufte sie als Körperverletzung ein. Strafmildernd bewertete sie, dass die Attacke glimpflich endete – der Journalist erlitt „nur” Prellungen und eine Schürfwunde.

Außerdem sah sie es erwiesen an, dass Andre P. sich im Fall der Journalistin, die er im Januar 2015 während einer Bürgerversammlung vor der Friedenskirche in Eving attackiert hatte, der Nötigung und Beleidigung strafbar gemacht habe.

Dafür kassierte der 24-Jährige, der keine Angaben zu seiner beruflichen und finanziellen Situation machen wollte, eine Gesamtstrafe von 130 Tagessätzen von jeweils 20 Euro.

Dortmunder Neonazis wollten eine Antifa-Demo in Dorstfeld stören

Anschließend ging es direkt in die nächste Verhandlung. Hier musste sich der Skinhead wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte verantworten.Am 16. Januar 2015 fand eine Mahnwache der Neonazis auf dem Wilhelmplatz und eine Demonstration von Antifaschisten in Dorstfeld statt.

Der Angeklagte P. hatte sich mit fünf weiteren Kameraden  – aus dem Wilhelmpark kommend – dem linken Demozug genähert und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert.

Da es im Verlauf des Demozuges bereits mehrfach Gerangel und Beleidigungen zwischen Neonazis und der Polizei gegeben hatte, die die Antifa-Demo begleitet hatten, versuchte eine Gruppe der Düsseldorfer Einsatzhundertschaft, die Gruppe abzuschirmen.

Gruppe missachtete die Anweisungen der Polizei – und Andre P. schlug zu

Weil die Beamtinnen und Beamten bereits von strafbaren Handlungen ausgegangen waren – unter anderem wegen der Sprechchöre – wollten sie eine Identitätsprüfung vornehmen. Allerdings widersetzte sich die Gruppe der Aufforderung, stehen zu bleiben und entfernte sich in Richtung Park.

Als die Beamten die Gruppe dann einholten und einkreisten, schlug der 24-Jährige gegen den Helm eines Beamten. Dieser forderte daraufhin den Angeklagten auf, „auf den Boden“ zu gehen. Dem kam der 24-Jährige nicht nach und er sperrte sich gegen den Polizeigriff.

Erst mit einem Tritt in die Kniekehle konnte der Beamte den stämmigen Neonazi aus dem Gleichgewicht und anschließend zu Boden bringen, um ihn zu fixieren. Die Kameraden des Angeklagten waren derweil der Aufforderung der Polizei gefolgt.

Verteidiger Picker versuchte nun, die Rechtmäßigkeit der Polizeiaktion in Zweifel zu ziehen. So befand er die Maßnahmen als unverhältnismäßig und unzumutbar, wegen angeblich fehlender Kommunikation für rechtswidrig und die Aufforderung, zu Boden zu gehen, als „Verstoß gegen die Menschenwürde“, weil der Boden schließlich dreckig und schlammig gewesen sei.

Neonazi des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gesprochen

Auch hier folgte Richterin Deiters den Ausführungen der Verteidigung nicht. Die repressiven Maßnahmen der Polizei seien nötig gewesen, da die Gruppe den Anweisungen der Beamten nicht Folge geleistet und sich auch körperlich widersetzt hätte.

„Zum Glück trug der Polizist einen Helm, so dass es nicht zu erheblichen Verletzungen kam“, machte die Richterin deutlich, sonst hätte sich der Angeklagte auch wegen Körperverletzung verantworten müssen.

Auch an Pickers Begriff „unzumutbar“ störte sich die Strafrichterin. Nicht der Polizeieinsatz sei unzumutbar gewesen, wohl aber das Verhalten des Skinheads: „Wir sind uns aber einig, dass es für Polizisten unzumutbar ist, sich schlagen zu lassen“, hielt sie Verteidiger und Mandanten in ihrer Urteilsbegründung vor. Da der Angeklagte zudem einschlägig vorbestraft ist, verhängte sie hier eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen.

Es wird nicht das letzte Verfahren gegen den 24-jährigen Neonazi sein. Ein weiteres Verfahren ist bereits anhängig. Hier soll er ebenfalls Polizisten attackiert haben.

 

Mehr zum ersten Verhandlungstag auf nordstadtblogger.de: