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Neonazis bedrohen jüdische Sportfestspiele in Berlin

 

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80 Jahre nachdem alle jüdischen Sportler von den Olympischen Spielen in Berlin ausgeschlossen wurden, findet seit heute mit den European Maccabi Games die größte jüdische Sportveranstaltung der europäischen Nachkriegsgeschichte im Berliner Olympiapark statt. Mehr als 2.300 Athleten aus 35 Ländern sind dazu angereist. Sorge bereiten den Veranstaltern jetzt zahlreiche Drohungen aus der rechtsextremen Szene.

Szenekenner befürchten, dass es in den nächsten Tagen zu antisemitischen Kundgebungen und auch Übergriffen in der Stadt auf die Sportler kommen könnte. Auf einschlägigen Webseiten hetzen Neonazis bereits gegen die Maccabi Games. „Deutschland erwache – Juda verrecke!“, schreiben gleich mehrere Rechtsextreme. „Schade, dass es keine Aschenbahnen mehr gibt“, witzelt ein anderer. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wird als „Marionette der judaeo-amerikanischen Besatzer“ beschimpft.

Was denn die Disziplinen bei den Spielen seien, fragt ein User und antwortet sich selbst mit antisemitischen Stereotypen. „Lügen, stehlen und sich als Opfer beklagen. Und natürlich das Geld-Zählen nicht vergessen. Hier sind die Juden in ihrer Paradedisziplin unschlagbar.“

Auch das Hotel Estrel, in dem die Sportler untergebracht sind, wird indirekt bedroht. „Verrecken werden diese Ungetümer nicht, dafür sorgt schon zum Wohlergehen – Hotel Estrell – Koscher gereinigte Küche“, beschwert sich ein Rechtsextremer.

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Antisemitismus in Stürmer-Manier. Auszug aus einem rechtsextremen Forum

„Die Kommentare sind Antisemitismus und Holocaust-Leugnung pur und damit ein Fall für die Staatsanwaltschaft“, sagte Deidre Berger, Direktorin des American Jewish Committee (AJC) Berlin. „In den Kommentaren wird offen zu Hass und Gewalt aufgerufen. Die Behörden müssen dies sehr ernst nehmen und den Urheber der Seite für die Verbreitung von Volksverhetzung zur Rechenschaft ziehen.“

Bereits seit einer Woche können rund um die Uhr mit wenigen Klicks antisemitische Bedrohungen, Beschimpfungen und Angriffe über eine spezielle Webseite gemeldet werden. Hinter dem Projekt steckt die vom Senat geförderte Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS). „Wir wollen alltäglichen Antisemitismus erfassen und sichtbar machen“, sagt RIAS-Leiter Benjamin Steinitz. „Anders als die Polizei dokumentieren wir nicht nur strafrechtlich relevante Taten“, betont er.

Für die Sicherheitskräfte sind die Spiele eine Herausforderung. Neben der Bedrohung durch Rechtsextreme wird auch die Gefahr eines Anschlags durch Islamisten nicht ausgeschlossen. Eigenes Sicherheitspersonal und Hunderte Polizisten sind im Einsatz. Das Veranstaltungskomitee der Maccabi Games empfiehlt den Athleten, nicht als jüdische Gruppe erkennbar durch „sensible Gebiete Berlins“ zu laufen. Auf das Tragen von Kippas soll verzichtet und zur Fortbewegung besser Taxi als U-Bahn gefahren werden.