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Bewaffnete Neonazis feiern „Sportfest“ bei Bautzen

 

Seit Monaten wurde der rechtsextreme Event in der Szene beworben
Seit Monaten wurde der rechtsextreme Event in der Szene beworben

Beim „Ostsächsischen Sportfest“ nahe Bautzen schossen Kinder und Jugendliche mit Luftgewehren. In der Nacht zuvor hatten sich dort Rechte vermummt und mit Schlagstöcken und Eisenstangen bewaffnet.

Von Andrea Röpke, zuerst erschienen beim blick nach rechts

Laute Rechtsrock-Musik ist zu hören. Hinter hohen Gitterzäunen sind Kinder und Jugendliche zu erkennen. Bei genauem Hinsehen ist erkennbar, dass sie schießen. Die Kids reichen zwei Gewehre herum, die aussehen wie Luftgewehre, eines braun, das andere schwarz. Sie legen abwechselnd an, auch ein kleines Mädchen ist darunter. Ein Mann im Sweater von „Ansgar Aryan“ kommt und geht dann wieder. Neugierige Lausitz-Touristen spähen durch den Zaun. Radfahrer wundern sich über die laute Musik. Viel ist nicht zu erkennen vom „Ostsächsischen Sportfest“ am Quitzdorfer See bei Niesky.

Unter dem Motto „Sport frei“ bewarb die „Anti-Antifa“-Kameradschaft „StreamBZ“ aus Bautzen das Fest. Rund 70 Fahrzeuge aus ganz Sachsen stehen dann am frühen Samstagnachmittag auf dem Parkplatz des „Niederschlesischen Feriendorfes“. Hier hatte bereits die NPD gefeiert. Zu Beginn des Festes zeigt sich die Polizei kurz am Reichendorfer Damm, danach ist an der Zufahrtsstraße stundenlang keine Einsatzfahrzeug mehr zu sehen. Gegen 17.00 Uhr sollen die sportlichen Aktivitäten mit Pokalen belohnt werden. Die Teilnehmerurkunden werden bei Facebook gezeigt, sie sind im NS-Stil gestaltet, ein Adler ist abgebildet und die Zeile „Deutsches Sportfest 2016“. Der Samstagabend klingt dann mit Live-Musik und Lagerfeuer szenegerecht aus.

„Erlebnisorientierte Jugendliche“ in Szenekleidung

Am Abend zuvor war es auf dem Bautzener Kornmarkt, anders als in den vorhergehenden Nächten, ruhig geblieben. Über 120 Rechte und Neonazis standen am und um den Platz herum. Überall in den Nebenstraßen patrouillierten einzelne Neonazis. Vor dem Büro der Partei „Die Linke“ standen Polizeifahrzeuge, einige Sympathisanten bewachten den Eingang zum Gebäude. Sie rechneten mit einem Überfall in der engen Seitengasse. Bis 22.00 Uhr führte die rechte Gruppe „staatenlos.info“ eine Kundgebung auf dem Markt durch: „Die BRD ist nicht Deutschland“ stand auf einem großen Plakat. Jugendliche in Szenekleidung tranken Bier. Alle schienen abzuwarten. Eine merkwürdige Stimmung. Obwohl nichts geschah, verließ kaum jemand den Platz.

Die Polizei bezeichnet diese Gruppen als „erlebnisorientierte Jugendliche“, sie trugen Szenekleidung, Rocker-Codes wie Black Seven oder ein Shirt mit dem Namen des rechtsextremen Berliner Liedermachers „Fylgien“. Polizeiangaben zufolge wurde ein minderjähriger Flüchtling, der sich trotz Ausgangssperre in der Stadt aufhielt, zurück zur Unterkunft gebracht. Ein fälschlich mitgenommener marokkanischer Jugendlicher wurde wieder freigelassen. Auch ein freier Kameramann bekam es mit den Beamten zu tun. Als er nicht sofort seine Papiere zeigte, wurde er ruppig von den Sicherheitskräften an den Rand des Kornmarktes geschleppt.

Schwere Holzstöcke und Metallstangen sichergestellt

Die Bautzener Kameradschaft „StreamBZ“ lobte bei Facebook, die Polizei gehe „ihrer Sache konsequent nach.“ Die Gruppe jugendlicher Nipster scheint sich vor allem auf die Anti-Antifa-Arbeit zu konzentrieren. Ihr Motto: „Eine Bande – Ein Blut. Ein Wille. Eine Bewegung. Ein Ziel.“ Ihr Auftritt: Schwarze Kleidung ohne Embleme, vermummt, mit Kamera.

Gegen Mitternacht bewegten sich zwei große Gruppe von Rechten in Richtung des abgelegenen Schützenplatzes. Die Beamten schienen keine Kenntnis davon zu nehmen, niemand folgte den beiden Gruppen. Die verbargen sich zunächst in einem kleinen Park und in einer Seitenstraße, vermummten sich, zogen Handschuhe über. Am Rande des Schützenplatzes dann scharrten sie sich im großen Pulk eng umeinander, schienen etwas zu besprechen. Es wirkte, als wenn eine geheime Aktion geplant sei. Unweit des Platzes befindet sich eine Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Greenpark sowie das Parteibüro der Linken. Plötzlich fuhren zwei große Polizeifahrzeuge heran. Anwohner hatten sie informiert. Die Neonazis verschwanden eilig zwischen den Bäumen. Nur drei, vier Rechte waren nicht schnell genug und wurden festgesetzt. Die Sicherheitskräfte fanden 15 schwere Holzstöcke und Metallstangen vor, die wurden eingesammelt. Was der Neonazi-Trupp damit zeitnah vorhatte, ist unklar. Für die Polizeidirektion Bautzen war es ein Einsatz am Freitagabend in Bautzen „ohne besondere Vorkommnisse“.