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Bayern gegen Franken oder NPD gegen JN/FK

 

In Bayern gibt es einen offenen Streit innerhalb der NPD. So findet am 07. Juni 2008 der „offizielle“ Bayerntag des Landesverbandes der völkischen Partei statt. Als Redner sind angekündigt: Holger Apfel, stellv. Parteivorsitzender, Sascha Roßmüller, stellv. Partei- und Landesvorsitzender, Ralf Ollert, Landesvorsitzender Bayern, Karl Richter, Münchner Stadtrat.

Die Jugendorganisation der NPD, die JN in Bayern, sowie „Freie Kräfte“ rufen nun aber zu einem „Frankentag“ auf – am selben Tag! Dort sollen Jürgen Rieger, NPD-Landesvorsitzender HH, Udo Pastörs, NPD-Landesvorsitzender MV, Thomas Wulff, NPD-Bundesvorstand, Sebastian Schmaus, BIA-Stadtratsmitglied Nürnberg und Anti-Antifa-Fotograf sprechen.

ANs, Staatsschutz, Hitlergrüße

Die Konflikte waren laut redok im März 2008 nach einer Parteiveranstaltung in Schwaben offen ausgebrochen, zu der etwa 80 Anhänger erschienen waren. Einige standen aber bald wieder draußen vor der Tür, wie in einem Veranstaltungsbericht zufrieden geschildert wurde: „Eine handvoll Vertreter des ‚autonomen Nationalismus‘, die sich weigerten, Eintritt zu zahlen, wurde man ohne größere Unruhe vor Veranstaltungsbeginn wieder los.“

Die Hinausgeworfenen wüteten zurück: Sie seien keineswegs parteifremde Besucher gewesen, sondern „Kameraden der JN-Bayern und NPD-Franken“, die in dem Saal einen Stand der JN aufbauen wollten. Das habe ihnen jedoch NPD-Landesvorstandsmitglied Alexander Feyen verboten, und der sei zudem noch „ehemaliger Informant des Verfassungsschutzes“. Dann hätten sie auch noch Eintritt bezahlen sollen, aber dazu hätten sie nach dem Verbot ihres Standes keine Lust mehr gehabt. Partei-Landeschef Ollert hätte noch vergeblich versucht zu vermitteln, doch den Gemaßregelten sei die Lust an der Parteiveranstaltung vergangen, berichtet redok weiter. Später hätten sie dann noch erfahren, dass der NPD-Bezirksvorsitzende Schwaben, Stefan Winkler, den Veranstaltungsort mit dem polizeilichen Staatsschutz abgesprochen hätte. Die zornigen Rebellen forderten daraufhin, Feyen und Winkler „aus unseren Zusammenhängen auszugrenzen und ihre dahingehenden Aktivitäten aktiv zu bekämpfen“, unterzeichnet mit der offenbar sarkastisch gemeinten Bezeichnung „VS-Recherchegruppe Süddeutschland“.

Mitte April legten die in Schwaben Hinausgeworfenen beim Bezirksparteitag Mittelfranken nach, bei dem der Bezirksvorsitzende Matthias Fischer (Fürth) wiedergewählt wurde. Unter der Leitung des bundesweit durch seine Hitlergrüße in Budapest aufgefallenen Funktionärs, der auch Mitglied im Landesvorstand ist, beschlossen die fränkischen Delegierten wie schon zuvor die Kreisverbände Nürnberg und Fürth einen Antrag, der Ende Mai ebenfalls auf dem Bundesparteitag in Bamberg zur Abstimmung gestellt werden soll. Demnach soll „jeglicher Kontakt zu Staats- oder Verfassungsschutzstellen“ sofort eingestellt und untersagt werden, bei Strafe des Parteiausschlusses. Der Antrag war ein klarer Affront gegen die Parteifreunde in Schwaben, vor allem gegen Landesorganisationsleiter Feyen, und letztlich auch gegen den Landesvorstand, der offenbar deren Praxis nicht missbilligt hatte.

Bordin ausgebootet

Zwei Wochen später traf sich die Parteijugend laut redok Bericht zum JN-Landeskongress, der wiederum in Franken stattfand. Der bayerische JN-Vorsitzende Norman Bordin war offenbar erst gar nicht zur Versammlung erschienen, die von seinem Stellvertreter eröffnet wurde. Von der Landes-Parteiführung war nur der stellvertretende Landesvorsitzende Uwe Meenen (auch Bezirksvorsitzender Unterfranken) vor Ort, der sich vor dem Jungvolk über die „aktuellen politischen Verhältnissen in Deutschland“ ausbreiten durfte. Zur Wahl des JN-Vorsitzenden trat Bordin nicht mehr an, wie es diplomatisch in einem Bericht hieß; als sein Nachfolger wurde Matthias Fischer gewählt. Auch bei dieser Gelegenheit pochte Fischer auf die fränkische rigide Anti-Staatsschutz-Linie.

Im innerparteilichen Kampf gegen die schwäbischen Funktionäre hatte sich mittlerweile der Würzburger Meenen auf die Seite der Rebellen um Fischer geschlagen und in einer Erklärung seinen Vorstands-Parteifreund Feyen heftig angegriffen, den er in die Nähe des Verfassungsschutzes rückte. Ende April sah sich sogar der Landesvorstand genötigt, sich mit dem immer heftiger hochkochenden Konflikt zu befassen. Feyen und Winkler gaben gegenüber dem Vorstand eine „Ehrenerklärung“ ab, beide wurden von den Vorwürfen entlastet. Ärger bekam allerdings Meenen, dem „sektiererischer Dogmatismus“ vorgeworfen wurde und dessen „unqualifizierte, ehrabschneidende und beleidigende Anwürfe“ als „völlig indiskutabel“ verurteilt wurden. Eine „eindeutige Mehrheit“ des Landesvorstandes forderte Meenen auf, „selbst Konsequenzen aus seinem wiederholten unkameradschaftlichen Verhalten zu ziehen“; eine Vertrauensbasis im Landesvorstand sei so nicht mehr gegeben.

Radikale Redner gegen weichgespülte Parteibürokraten

Meenen hatte bereits unter der Bezeichnung „Frankentag“ eine eigene Veranstaltung als „Gegen-Bayerntag“ angekündigt, die vom Landesvorstand als „nicht akzeptabel und parteischädigend“ verurteilt wurde. Doch der Würzburger Kader wollte nicht zurückstecken: Seit letzten Sonntag gibt es Werbematerial für den „Frankentag“, der zeitgleich und damit in direkter Konkurrenz mit dem offiziellen NPD-„Bayerntag“ stattfinden soll. Auf braunstichigem Bildhintergrund wird als Veranstalter der „Bund Frankenland“ genannt, ein Verein, den Meenen bereits 1991 mitgegründet hatte und der seit Jahren praktisch keine Aktivitäten mehr entfaltet hatte. Unterstützt wird der „Frankentag“ von den JN Bayern und den „Freien Kräften Franken“, die als Gruppe so zwar nicht existiert, aber hinter der offenbar der „Kameradschaftsbund Hochfranken“ um Tony Gentsch erkennbar wird. Gentsch organisiert nur eine Woche später eine überregional ausgelegte Demonstration in Marktheidenfeld (Unterfranken).

Ein genauer Veranstaltungsort wird nicht genannt („in Oberfranken“), doch dafür steht offenbar schon ein umfangreiches Programm. Selbst ein Musikprogramm mit den Bands Gegenschlag und Agitator (beide aus Hessen) sowie Vinland Warriors (Kanada) wird versprochen. Noch wird der „Frankentag“ nicht offensiv beworben, doch offenbar sind die Vorbereitungen schon weit gediehen.

Tief gespaltene Partei

Der Konflikt innerhalb der NPD zwischen einem eher bürgerlich orientierten Flügel und dem militanten Flügel zeigt sich hier mal wieder offen. Die Partei sei tief gespalten, so ein Kenner der NPD. Zum Einen die Truppe um die NPD-Fraktion in Sachsen, die in die Mitte der Gesellschaft vordingen will und in der CDU (bzw. CSU in Bayern) den politischen Hauptgegner sieht. Dagegen stehen die ultra-radikalen, die fest verbunden mit den militanten Neonazis um noch mehr Einfluss in der Partei kämpfen. Dieser Flügelkampf zeigt sich auch beim Umgang mit den „Autonomen Nationalisten“ – sowie bei der Rednerliste bei Bayern- und Frankentag.

redok bringt es so schön auf den Punkt: Wie schon am 1. Mai hat die rechte Szene die Wahl: während die erlebnishungrigen und aktionsorientierten Jungnazis zu Rieger und Wulff pilgerten, um in Hamburg den Straßenkampf zu praktizieren, wanderte das parteifromme Fußvolk brav durch den Gitterkäfig in Nürnberg. Nun stehen wieder Rieger oder Ollert zur Auswahl.

Für den Parteitag Ende Juni wird so weitere Munition geliefert. Der Machtkampf in der NPD hat offenbar einen neuen Höhepunkt erreicht.

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