Lesezeichen
 

Pimientos de Padrón – und das in Berlin!

Hier stelle ich in loser Folge Restaurants vor, die mir gefallen. Ich betone ausdrücklich, dass die genannten Restaurants für diese Rezensionen kein Geld bezahlen und ich auch ansonsten weder privat noch dienstlich mit den Besitzern jener Restaurant verbandelt bin. Ich geh einfach gerne da hin. Punkt.

Mit spanischen Tapas ist das ja so eine Sache: Wer Tapas genießen will kann das nur in einem Restaurant, das gut läuft. Der Durchsatz an Speisen muss hoch sein, ansonsten besteht das Risiko, dass der Koch des Abends die Tapas-Schälchen aus der Vitrine in die Kühlung stellt, am nächsten Tag kurz dran schnuppert, und wenn es nicht allzu seifig oder fischig riecht, kommen die Waren wieder in die Vitrine. So lange, bis sie aufgebraucht oder verdorben sind. Brrr.

Vor derlei Unbill ist man im „Tapas y más“ mit Sicherheit geschützt, zumindest in der Schöneberger Filiale, denn diese wurde gestern eingehend inspiziert. Man betritt das Lokal und staunt: Es ist Sonntag, 19 Uhr, und der Laden ist bis auf zwei Tische voll. Ein gutes Zeichen. Wir bestellen quer durch die Karte: Brot mit zauberhaft-sämiger Aioli, Canarische Kartoffeln mit einer Mojo, wie ich sie noch nie erlebt habe: Cremig, mild und doch mit zartem Schärfeprickeln auf der Zunge, eine große Portion Pimientos de Padron, das sind kleine Paprikaschoten aus der Region Padrón, geschmacklich zwischen grüner Paprika und milder Pepperoni liegend. Sie werden 2-3 Minuten frittiert (ohne Panade) und danach mit grobem Meersalz bestreut – himmlisch!!

Weiter mit einer Fisch- und Meeresfrüchte-Paella. Und wieder: Begeisterung. Alle Zutaten superfrisch, die Palla kommt stilecht in der schwarzen Pfanne mit Stiel. Ebenfalls ein Klassiker der spanischen Küche: Die Hühnerbrust, gefüllt mit Manchego und Serrano-Schinken. Serviert auf einem riesigen Teller mit handgeschnitzten Kartoffelspalten und einer leicht scharfen Paprika-Honig-Tunke. Wir sind begeistert!

Winziger Wermutstropfen: Der glasweise ausgeschenkte Preferido aus Rioja enttäuscht ein wenig, vielleicht sollte man beim nächsten Mal auf einen Flaschenwein aus der kleinen Weinkarte ausweichen.

Der Service ist flink, sehr freundlich und humorvoll und so empfehlen wir den Besuch ausdrücklich, werden sicherlich noch oft hierhin zurückkehren und uns weiter quer durch die Speisekarte futtern.


TAPAS Y MAS
Rheinstr. 32
12161 Berlin
(030) 8529422
tgl. ab 17 Uhr
EC-Karte, keine Kreditkarten
www.tapasymas-berlin.de

 

Die beste Gazpacho Berlins…

… gibt es derzeit bei Soupkultur (clic!). Für Andalusien-Nichtkenner: Gazpacho ist eine eiskalt genossene, andalusische Suppe, die man erhält, wenn man gehäutete Tomaten, Gurken, Paprika, Zwiebeln, Knoblauch, eingeweichtes Weißbrot und Gemüse- oder Hühnerbrühe in einen Topf wirft, püriert und sehr fein mit Pfeffer, Salz und einem kleinen Schuss Essig abschmeckt und einige Stunden lang in den Kühlschrank stellt. Nichts ist im Sommer erfrischender, labender, köstlicher und gesünder. Bei Soupkultur – man muss es mal so deutlich sagen – haben sie diesbezüglich wirklich den Bogen raus. Ausprobieren, so lange es noch heiß ist!

 

Wer ist denn jetzt der Proll?

Bus M29, Berlin-Wittenbergplatz. Ein mittelaltes Jogginghosenpärchen inklusive Hund (Staffhordshire-Boxer-Verschnitt) steigt ein. Hund tobt knurrend durch den Bus. Man sagt freundlich: „Könnten Sie bitte den Hund anleinen?“ Pärchen glotzt. Busfahrer, der die Szene mitbekommt, laut, über Sprechanlage: „WEM JEHÖRT DER HUND?“

Jogginghosenmann: „Mir, wieso, hapta n Problém oda wat?“
Busfahrer: „Leinen Sie Ihren Hund an, aber dalli“
Jogginghosenmann: „Uff Fresse oder wat?“
Busfahrer: „Haben Sie für den Hund bezahlt?“
Jogginghosenmann: „Beßahlt? Hörck beßahlt? Bissu schief jewickelt Alta? Biss du’n Proll oda wat?“
Busfahrer: „Hunde fahren nur umsonst mit, wenn der Hund in einer Tasche ist, ansonsten haben Sie eine Tageskarte, Zeitkarte oder Gruppentageskarte vorzuweisen“.
Jogginghosenmann: „Den Hund in ner Tasche mitnehmen? Ick glôb’t hackt!“
Busfahrer [schaltet Motor aus, öffnet Türen]: „Entweder Sie zahlen oder Sie steigen aus“
Publikum: [murrt, scharrt mit Füßen]
Jogginghosenmann: „Alta, du WILZ uff Fresse, alta du WILLZ, ja?“
Publikum: „eeh, ööh, Schnauezä, vapiss dir, mannmannmann, wär, Aerschloäch.“
Jogginhosenpaar: [zieht pöbelnd durch Vordertür ab, rotzt vernehmlich auf den Boden]
Busfahrer: [schließt Tür]

 

Drum stinke, wem Gestank gegeben.

Noch ein Berliner Geheimnis gelöst. Seit Wochen wundere ich mich darüber, dass ich immer MONTAGS auf meiner zarten, morgendlichen Farrad-Tour ins Büro im Abstand von 15-50 Metern immer wieder am Straßenrand geheimnisvolle bräunliche Pfützen sehe, die unglaublich widerwärtig vergoren-säuerlich stinken. So viel kann kein Mensch alleine erbrechen. Doch nun, endlich, des Rätsels Lösung? Das Zeug tropft aus einem Müllwagen der BSR. Immer wenn der Wagen stehenbleibt, um neuen Müll aufgeladen zu bekommen, tropft das Wurstwasser irgendwo aus diesem Wagen heraus. Langsam komme ich hinter die Geheimnisse dieser Stadt.

 

Das Geheimnis der Baumbeete

Man kennt sie aus jedem Kiez: die städtischen Bäume, gepflanzt entlang der Straßen. Nichts Besonderes, doch irgendwann fiel mir auf, dass neben manchen, wenigen Bäumen ein richtiges kleines, gepflegtes Blumenbeet zu sehen ist. Richtig mit Humusboden und hübschen Blümchen. Als nächstes fiel mir auf, dass man diese kleinen Beete fast immer in der Nähe von Gaststätten findet. Seit gestern weiß ich, warum: Ein Kneipenbesitzer erzählte mir, dass er das Beet angepflanzt hätte, weil sich auch Betrunkene Gäste seines Etablissements üblicherweise nicht trauen, die schönen Blumen zu bekotzen, und daher einen Baum weitergehen. Klug!

 

Hurensöhne bei Karstadt

Man eiert so durch die Gegend und wird vom allgemeinen Fußgängerstrom in die Karstadt-Filiale am Herrmannplatz gespült. Im Foyer, zwischen den Doppelglastüren, steht ein Promotion-Stand für eine Billig-Telefonfirma, betreut von einem sehr gut gekleideten und schnittigen Araber Anfang zwanzig. In perfektem Deutsch spricht er mich an und versorgt mich mit einem Prospekt. Ich mache meinen Einkauf bei Karstadt, gehe wieder heraus – und sehe vor dem Karstadt, wild auf und ab laufend, jenen Araber in sein Handy fluchen: „DU ARSCHLOCH! DU HURENSOHN! WENN DU NISCH BEZAHLST SCHLAG ISCH DISCH FRESSE EIN UND ZIEH DISCH VON HASENHEIDE BIS HERRMANNPLATZ AN DEINE EIER DU VERFICKTER HURENSOHN“.

Wenig später verteilte er wieder höflich lächelnd Prospekte. Die Wandlungsfähigkeit der Menschen ist immer wieder erstaunlich.

 

Kat und Klinker spielen!

Morgen um 22 Uhr spielen die göttergleiche Kat Frankie und der göttergleiche Klinker, seines Zeichens Gitarren- und Vocal-Mann der göttergleichen Postrock-Noise-Formation KATE MOSH unter dem bezeichnenden Titel CLUB LE FUCK in der Hotel Bar, Zionskirchstr. 5. Ein unbedingter Hingehbefehl für alle, die gut geschrubbte Musik hören möchten.

 

Sattmachen auf brutale Art und Weise

Wer mal richtig satt werden möchte, und zwar so, dass er nicht mehr sprechen kann, der möge das Walhalla in Moabit betreten. Selten löste eine Gastwirtschaft in mir ambivalentere Gefühle aus, als diese.

Das Walhalla ist zunächst eine gut abgehangene und beliebte Moabiter Kiez-Institution. Hier sitzt studentisches Volk herum, hier sitzen Menschen herum, die original sagen: „Dann hat er die Sauerstofftherapie gemacht – und das Ohr blieb dran!“. Hier sitzen Lesbengruppen, die Selbstgedrehte Zigaretten mit Zippo-Feuerzeugen anzünden. Hier ist auf brutalstmögliche Art und Weise was los.

Der Wirt ist an Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit schwer zu überbieten. Jedem Gast gibt er ein nettes Wort mit auf den Weg, es gibt nebst den Berliner Bieren ein gut laufendes Früh Kölsch; man muss die Trinksituation als gut bezeichnen.

Aber die Küche. Die Küche! OH MEIN GOTT! Nahezu alle Speisen werden a priori überbacken. Sogar die Maultäschle! Die Vorräte an geriebenem Emmentaler sind unerschöpflich; egal was man bestellt – es wird überbacken, und zwar nicht ein bisschen, sondern in der maximal heftigen Ausprägung. Das Walhalla ist das Restaurant der gut geölten Friteusen. Hier wird paniert und fritiert, dass holländische Imbissstubenbesitzer feuchte Augen bekommen. Hier wird gesättigt. Mit Sahnesaucen, dreifach und vierfach-Käse, mit Emmentaler und Feta. Rustikalere Speisekarten sind nicht denkbar.

Wer hier nicht so satt rausgeht, dass er sich kaum noch bewegen kann, ist schwer krank. Man müsste aus kulinarischer Sicht den Laden sofort schließen, wenn nicht der Wirt und die Bedienungen so nett wären. Moabit, soviel steht fest, ist ein äußerst spezielles Pflaster.


Walhalla
Krefelder Str. 6
10555 Berlin
(030) 393 30 39
Nur Barzahlung

 

Trabiklopfen revisited

Gestern Nacht nach dem Fußballspiel die Leipziger Straße über den Potsdamer Platz Richtung Schöneberger Heimat geradelt. Am Potsdamer Platz: Entrückte Fußballfans, die taumelnd das 1:0 feiern. Spalier stehen und auf die Dächer der durchfahrenden Autos klopfen. Und oben auf meinen Fahrradhelm! So fühlte sich das also damals an, als Trabant.