Berlin ist glücklicherweise nicht für eine besonders strenge Türpolitik bekannt. Die Handvoll VIP-Türsteher, die die Wichtigkeit und Coolness des Clubs, vor dem sie stehen, gleich mal auf sich selbst überträgt, lässt sich in der Hauptstadt problemlos umgehen. In anderen Städten soll das ja viel schlimmer zugehen. Ich jedenfalls habe keine Lust, mir von diesen Diktatoren des Nachtlebens vorschreiben zu lassen, wann für mich der Abend beginnt oder ob überhaupt.
Am vergangenen Wochenende gerieten mein Süßer und ich ganz unverhofft doch in eine Türsteher-Situation und lernten eine ganz neue Abart kennen: Den Erzieher. Was hat der vor einem Club zu suchen, werden Sie sich jetzt zurecht fragen. Fragten wir uns auch.
Wir wollten das „Solar“ ausprobieren, eine Bar-Restaurant-Kombi in den obersten beiden Stockwerken eines Hochhauses am Anhalter Bahnhof. Panoramascheiben und „eine spektakuläre Aussicht“ schwärmt ein von mir geschätztes Berliner Stadtmagazin. Während wir uns dem Hochhaus durch einen dunklen Innenhof näherten, staunten wir über den gläsernen Fahrstuhl, der rot angeleuchtet außen die Fassade hinaufsaust – und erschraken über die vielen Menschen, die drinnen vor dem Fahrstuhl Schlange standen. Wollen wir da wirklich rein?, beratschlagten wir, während wir durch die offene Tür treten wollten, aus der uns gerade ein Schwung Leute entgegengekommen war. Plötzlich blaffte uns jemand im Militärton von der Seite an: „Guten Abend heißt das erstmal!“ Wir erstarrten, schauten und orteten den Türsteher, den wir vorher gar nicht wahrgenommen hatten, als denjenigen, der uns da aufs Unhöflichste, nun ja, begrüßt hatte. Der Mann war offenbar der Meinung, den Gästen Lektionen erteilen zu müssen. „Man grüßt, wenn einem die Tür aufgehalten wird“, belehrte uns der wichtige Wicht noch. Dann schloss er die Tür vor unserer Nase.
Die tolle Aussicht, wenn auch eine etwas andere, genossen wir dann statt dessen aus den Fenstern einer wunderbaren Bar direkt am Kotti, die möglicherweise angesagt ist, aber trotzdem ganz ohne Türsteher auskommt. Sonst müsste ich da wohl ebenfalls einen großen Bogen drum machen.
Die tolle Bar am Kotti, deren Namen ich gerade vergessen habe (oder trägt sie gar keinen?) befindet sich im Ostausläufer des hässlichen Betongebirges, das sich von der Adalbertstraße bis in die Skalitzer Straße hinein erstreckt. Man darf sich vom wenig einladenden Treppenhaus nicht abschrecken lassen, sondern sollte mutig ins erste Stockwerk steigen und sich dort von seinen Ohren leiten lassen. Die Bar ist klein und kuschelig und blickt direkt aufs quirlige Kotti.