Ende März hat Christian Krämer das letzte Mal auf einem Rad gesessen. Während seiner vierwöchigen Geschäftsreise im April in South Carolina hatte er dazu keine Gelegenheit. Dafür hat er dort mit Kollegen an dem zehn Kilometer langen Cooper River Bridge Run teilgenommen und die Lust am Laufen entdeckt.
Christian Krämer alias „Phaty“ will am ersten Samstag im August eine Runde bei Schlaflos im Sattel (SIS) drehen. Das Moutainbike-Rennen ist einzigartig in der Bikeszene. Die Teilnehmer rasen nachts durch den Pfälzer Wald – und wer nackt unterwegs ist, bekommt auf jeden Fall einen Preis. Warum er ausgerechnet dort starten will? Phaty hat sich das Rennen ausgedacht und organisiert es seit neun Jahren. Sein Handicap: Er ist Fußgänger und viel zu schwer. Deshalb muss der 46-Jährige abnehmen und bis zum Sommer Mountainbiker werden. ZEIT ONLINE begleitet ihn dabei. Weiter„Zurück in den Sattel 5: Training auf Geschäftsreise“
Kopenhagen hat zwei neue Fahrradverleihsysteme – eines für moderne Pedelecs und eines für aufgearbeitete Fundräder.
Seit Anfang April kann man nun die GoBike-Cityräder mieten. Sie sind mit Tablets ausgerüstet und können auf Wunsch einen Motor zuschalten (mehr dazu hier im Blog). Die Räder sollen mehrere Aufgaben übernehmen: Erstens sollen Touristen mit ihnen die Stadt erradeln, zweitens sollen sie die Mobilitätslücke der Pendler zwischen Bahn und Zielort schließen.
Nach der ersten Woche ist GoBike-Geschäftsführer Torben Aagaard zufrieden. Das Feedback der Kunden sei positiv, sagt er. Die Tablets seien einfach und logisch zu bedienen und das elektrische Fahren mache Spaß. Das war zu erwarten. Jeder, der zum ersten Mal auf einem Pedelec sitzt, steigt mit einem Grinsen wieder ab. Und viele der Dänen, die das GoBike ausprobierten, waren laut Aasgaard erstmals per Pedelec unterwegs. Im Schnitt mieteten sie die Räder für eine Stunde und fuhren etwa fünf Kilometer weit.
Neben dem modernen System gibt es einen weiteren kostenfreien Fahrradverleih, der noch einfacher funktioniert als die Methode von Bikesurfing Berlin. Man muss nur den Zeitraum und die Anzahl der Räder, die man benötigt, auf der Webseite von Copenhagen Free Bike Rental eintragen, Mailadresse und Telefonnummer hinterlassen und erhält dann eine Nachricht, ob die Räder verfügbar sind.
Vier junge Studenten aus Kopenhagen haben Copenhagen Free Bike Rental als Nonprofit-Organisation gegründet. Sie verleihen Fundräder oder recycelte entsorgte Räder, um sie Touristen zur Verfügung zu stellen – entweder kostenlos oder gegen eine Spende. Die Räder werden abends um sechs Uhr an einem festgelegten Standort in der Nähe des Rathauses ausgegeben und auch wieder in Empfang genommen.
Der Sattel ist aus Ziegenfell, Stierhörner ersetzen den Lenker und der Bremshebel kommt aus England und ist eigentlich eine Badezimmer-Armatur. Wer hinter dem Erbauer dieses ungewöhnlichen Fahrrads einen egozentrischen Macho vermutet, liegt falsch. Dirk de Günther ist unglaublich freundlich, zugewandt und neugierig auf sein Gegenüber. Das muss er auch sein. Denn der Wahlberliner baut seinen Kunden Traumräder. Dabei weiß er sogar häufig genauer, wovon sie eigentlich träumen, als die Kunden selbst.
Ein schönes Beispiel dafür ist seine Beratung eines Immobilienmaklers. Als dieser aus seinem Bentley stieg und auf die kleine Manufaktur in Berlin-Charlottenburg zusteuerte, wusste der Fahrraddesigner sofort, was der Kunde für ein Fahrrad brauchte: einen gemufften Rahmen aus den sechziger Jahren, ohne jegliches Plastik, dafür mit Pedalen, Griffen und einem Kettenschutz aus Leder.
Dem Bentley-Fahrer gefiel das – bis er mit de Günther über die Farbe diskutierte. Der Kunde wollte schwarz. Aber sein Gegenüber winkte ab. Das passe nicht zu ihm, er sei nicht so ein kantiger Typ, erklärte de Günther. Der Kunde war skeptisch. Als ihm der Fahrraddesigner dann jedoch erklärte, dass er sicherlich nie schwarze Anzüge trage, sondern dunkelblaue, dunkelbraune oder dunkelrote, hielt der Immobilienmakler inne. So genau hatte ihm ein Fremder noch nie seinen Kleiderschrank beschrieben. Das Rad wurde dunkelblau.
Es sind Nuancen, für Laien oft kaum erkennbar, die den Unterschied ausmachen zwischen schön und perfekt. De Günther ist Fachmann für den feinen Unterschied.
Sein Technikverständnis verdankt Dirk de Günther zum Teil seinem Vater. Der hatte ein Fahrradgeschäft und sein Sohn dadurch Zugang zu den neuesten Modellen – von klein auf. „Meine Mutter sagte immer, dass ich erst Fahrrad fahren und dann laufen konnte“, erzählt er.
Schon als Knirps hatte er eine sehr genaue Vorstellung davon, wie sein Rad aussehen sollte. Nämlich „clean“, wie er sagt. Man könnte auch sagen, der Kleine war ein Purist. Licht, Schutzbleche und Klingel fand er überflüssig und baute sie regelmäßig ab. Zum Ärger seines Vaters, der stillschweigend alles wieder anschraubte. Darüber wunderte sich der Junge zwar, aber es hielt ihn nicht davon ab, es wieder abzuschrauben. „Es war das ein ständiges Hin und Her“, erinnert sich de Günther.
An sein erstes Kinderrad habe er Fußrasten montiert und mit dem Rad Tricks gemacht, erinnert er sich. 50 Meter sei er damit auf dem Hinterrad gefahren. „Ich war natürlich stolz wie Oskar, wenn die großen Jungs gestaunt haben, was ich Knirps alles kann“, sagt er heute.
Als Erwachsener geriet seine Liebe zu Fahrrädern zwischenzeitlich ein bisschen in Vergessenheit. De Günther wurde Kfz-Mechaniker, studierte BWL, arbeitete als Manager in Hamburg und sammelte Autos – englische Oldtimer. Dann machte er sechs Jahre Urlaub. Irgendwann hat er mit seiner Frau eine Modeboutique in Berlin betrieben.
In der Hauptstadt fand er in einer Hecke ein völlig eingewachsenes Rad aus den dreißiger Jahren. Da er sich schon lange wieder ein Fahrrad wünschte, nahm er es mit und putzte es heraus: Der Rahmen bekam einen neuen Lack, die Pedale überzog er mit Leder, ebenso die Griffe und den Sattel. Damit fuhr er durch die Stadt.
Was dann geschah, war für de Günther eine Überraschung: Die Leute auf der Straße sprachen ihn an. Ihnen gefiel das Rad, und sie wünschten sich ein ähnliches. De Günther hörte ihnen zu, machte Vorschläge und baute so erst in Gedanken, später dann in seiner Werkstatt neue Räder auf.
Seitdem hantiert er mit Fahrradrahmen aus dem vergangenen und dem neuen Jahrhundert. Er macht aus alten wie neuen Rädern etwas komplett anderes. Dafür wird geschraubt, gelötet, lackiert, genäht, überzogen, verziert, verchromt und auch mal vergoldet. Wenn die guten Stücke seinen Laden verlassen, sind sie für de Günther „Kunstwerke“.
Inzwischen ist die Deginder Cycle Manufaktur eine bekannte Marke. Seine Räder zieren Designbücher, sie stehen zu Werbezwecken auf Messen und vor Designergeschäften.
Aber unabhängig davon, für wen de Günther ein Rad fertigt: Entscheidend für ihn ist, dass seine Räder zu ihren Besitzern passen und sie glücklich machen. Jeden Tag, bei jeder Fahrt immer wieder ein kleines bisschen aufs Neue.